Bislang verbrennt der Papierhersteller Koehler in seinem Heizkraftwerk im Kehler Hafen belastetes Altholz und erzeugt so für die Produktion auf dem benachbarten Firmengelände Strom und Prozesswärme. Künftig soll sich der Verbrennungsmix ändern: Die zu Koehler gehörende BEB Bio Energie Baden plant, die Altholzmenge von aktuell 132.000 Tonnen jährlich zu reduzieren. Stattdessen sollen 30.000 Tonnen Klärschlämme sowie Papier- und Faserschlämme verfeuert werden.
Derzeit kommen die beiden Sorten Abfallschlämme in einem Heizkraftwerk (HKW) am Produktionsstandort von Koehler in Oberkirch zum Einsatz. Weil die Anlage dort zur Verringerung des CO2-Ausstoßes von Steinkohle auf Biomasse umgestellt wird, ist der bisherige Betrieb nicht mehr möglich.
Koehler will mit den anfallenden Papierschlämmen deshalb auf das HKW in Kehl ausweichen. Kritik an den Plänen kommt aus der Kehler Bürgerschaft sowie von Umweltverbänden. Das Regierungspräsidium Freiburg (RP) lud als Genehmigungsbehörde deshalb zur Aussprache bei einem öffentlichen Erörterungstermin.
Steigt jetzt die Schadstoffbelastung in Kehl?
Für „erhebliche Bedenken“ sorgt unter anderem, dass sich durch den Einsatz von mehr Brennmaterial der Schadstoffausstoß und damit die Belastung für die Bevölkerung erhöhen könnte. Diesen Punkt hebt insbesondere der frühere Kehler Grünen-Gemeinderat Gerd Baumer hervor. Der Hintergrund: Weil ein Teil des Altholzes durch Schlämme ersetzt wird, diese jedoch einen geringeren Heizwert als Holz besitzen, wird insgesamt mehr Abfall verbrannt.
Aber auch die anderen Einwänder, die Bürgerinitiative Umweltschutz (BI) und der BUND Ortenau, befürchten eine höhere Gesamtleistung der Anlage und damit mehr Schadstoffbelastung. Dass Klär- und Papierschlämme ersatzweise für weniger Altholz zur Energiegewinnung eingesetzt werden, war aus den Antragsunterlagen wohl nicht deutlich geworden.
Die Vertreterinnen von Koehler verwiesen in diesem Zusammenhang auf ein Gutachten, aus dem sich keine höhere Belastung ergebe. Aus Sicht von Jörg Tischmann vom RP könnte die Veränderung des Abfall-Mixes in Kehl sogar günstiger sein: Belastetes Altholz werde reduziert und durch weniger gefährliche Abfälle ersetzt. Till Nürrenbach, der im Auftrag von Koehler ein Gutachten erstellt hat, argumentierte: „Auch wenn sich die Fracht erhöht, muss die Anlage die Grenzwerte einhalten und diese sind gesetzlich vorgegeben.“
In einem weiteren Schwerpunkt befasste sich die Aussprache mit Befürchtungen, die verfeuerten Papierabfälle könnten sogenannte PFAS, fluorierte Kohlenwasserstoffverbindungen enthalten, die in der Industrie zur Imprägnierung von Oberflächen eingesetzt werden und den menschlichen Organismus schädigen können.
BI und BUND bemängelten, dass sich Koehler mit diesem Thema in den Antragsunterlagen nicht auseinandergesetzt habe. Birgit Hagebölling, die technische Geschäftsführerin von Koehler Renewable Energy, versicherte allerdings, dass Koehler keine PFAS in der Produktion einsetze. Auch ein Vertreter des Regierungspräsidiums betonte, dass das Papierspektrum des Unternehmens einen Bedarf an solchen Chemikalien nicht nahelege.
Nach der Aussprache wird sich Koehler im Genehmigungsantrag allerdings nun ausdrücklich auf Schlämme aus den eigenen Werken in Oberkirch und Kehl sowie der Firma Lenk in Kappelrodeck beschränken und so die Zusammensetzung sicherstellen.
Sind die Vorbehalte am Ende ausgeräumt? In einigen Punkten liefert Koehler Daten nach. Die Kritiker erhalten vom RP im Gegenzug Gelegenheit, nochmals Stellung zu beziehen. Klaus Freudenberger von der BI lobte nach fünf Stunden Diskussion ein gutes Ergebnis. Klaus Günter Steinhäuser, Sprecher des BUND-Arbeitskreises „Umweltchemikalien, Toxikologie“ aus Berlin sprach von einem fairen Austausch.