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Plötzlich sind Grenzen wieder wichtig

Jobsuche in Kehl mitten im Corona-Lockdown: Eine Grenzpendlerin berichtet

Neustart in eine fremden Land mitten im Corona-Lockdown: Die Österreicherin Marlene Ofner hat sich gleich einmal mit der geschlossenen Grenze zwischen Kehl und Straßburg arrangieren müssen. Doch die wirklichen Probleme liegen woanders.

Frau vor Tramwagen in Kehl
Neuanfang mitten im Lockdown: Marlene Ofner wohnt in Straßburg und arbeitet in Kehl. Mit dem Hin und Her an der Grenze hat sie sich arrangiert - auch wenn ihr nicht jede Regelung nachvollziehbar erscheint. Foto: Annette Lipowsky, Stadt Kehl

In Europa sind Grenzen unwichtig geworden. Bis Corona kam. Als Marlene Ofner von Österreich nach Straßburg gezogen ist, um in Deutschland zu arbeiten, da war das wie ein ganz normaler Lebenslauf im geeinten Europa. Kaum jemand ahnte, wie tief die Pandemie und die ihr folgenden Einschränkungen in unser Leben schneiden würde.

Ofner hat es gleich erfahren – auf die harte Tour. Einem Tag vor ihrem Vorstellungsgespräch bei der Stadt Kehl hat das Robert-Koch-Institut die Region Grand Est als Risikogebiet eingestuft. Das Gespräch, der Start im neuen Beruf, eigentlich alle Planungen, lagen erst einmal auf Eis.

„Das ist schon sehr unangenehm, wenn man in einem fremden Land zieht und sich gerade auf Jobsuche begibt. Das gibt dann natürlich auch finanzielle Unsicherheiten“. Drei Monate später hat die Sozialarbeiterin und studierte Soziologin es doch geschafft. Sie arbeitet als Integrationsmanagerin mit einer 75-Prozent–Stelle bei der Stadt Kehl. Und mit der Pandemie hat sie sich arrangiert, so gut es eben geht.

Der Lockdown im Frühjahr hatte die Verbindungen über die Grenze hinweg, berufliche, wirtschaftliche und persönliche – radikal abgeschnitten. Die ungute Erinnerung daran kommt nun wieder hoch, je länger die Debatte um Frankreich als Hochinzidenzgebiet und um die neuen, ansteckenderen, Virusvarianten dauert. Dabei hatte man sich an der Grenze mittlerweile mit der Situation arrangiert. Auch wenn nicht alles wirklich in Ordnung ist.

Man hat sich an der Grenze arrangiert

Ofner wohnt am Parc Etoile, wenn das Wetter passt, kommt sie mit dem Fahrrad nach Kehl, sonst mit der Tram. Und da fährt die Sorge schon mit. „Ja und Nein“ sagt sie auf die Frage, ob sie Angst vor Corona habe. Wenn die Tram voll ist, und das ist im Berufsverkehr durchaus zu erwarten, dann fühle sie sich schon unsicher. Abstand halten wie im Job zu den Kollegen, das geht dann nicht. Ein Risiko vor allem morgens, wenn alle gleichzeitig zur Arbeit wollen.

Man hat sich an der Grenze mit Corona arrangiert, mit den Ausgangsbeschränkungen in Frankreich zum Beispiel. Ofner hat eine Bescheinigung ihres Arbeitgebers dabei, „aber ich wurde noch nie kontrolliert“. Einkaufen geht so natürlich nicht, mit dem Rad oder der Tram, das wird dann aufs Wochenende geschoben, wie bei vielen anderen Franzosen auch. Und dann treffen sich alle im Supermarkt. Nicht nur die Österreicherin fragt sich, ob das dann wirklich dem Infektionsschutz dient: „Ich gehe nur in die kleinen Märkte, die großen sind mir zu voll“, sagt Ofner.

Besuche bei der Familie sind schwierig

So gut der kleine Grenzverkehr hier mittlerweile klappt, das Leben bleibt schwierig im einst grenzenlosen Europa, zum Beispiel, wenn sie Freunde und Familie in Oberösterreich besuchen will. „Ich war erst einmal wieder zuhause, denn ich muss drei Länder mit unterschiedlichen Bestimmungen, Einstufungen und Quarantänemaßnahmen unter einen Hut bringen“. Das sei, sagt Ofner, die in der Europastadt Straßburg wohnt, „auf europäischer Ebene doch schon sehr unübersichtlich“.

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