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Interview

Oberbürgermeister von Lahr zieht nach einem Jahr im Amt Bilanz: „Vernunft und Pragmatismus haben hier gesiegt“

Lahr Oberbürgermeister Markus Ibert ist seit einem Jahr im Amt. Im Interview blickt er auf die mitunter sehr herausfordernde Zeit zurück.

Markus Ibert, Oberbürgermeister der Stadt Lahr
Markus Ibert ist seit einem Jahr Oberbürgermeister der Stadt Lahr Foto: Michael Bode, Stadt Lahr

Ein Jahr ist der Lahrer Oberbürgermeister Markus Ibert im Amt. Es war eine herausfordernde Zeit – nicht nur die Corona-Pandemie setzt die Kommunen unter Druck, auch die Klinikreform ist in diesem Jahr in eine entscheidende Phase eingetreten. Ibert zieht Bilanz dieser ersten zwölf Monate im Gespräch mit ABB-Redakteur Frank Löhnig.

ABB Achern
Landesgartenschau 2018 Lahr Vor Öffnung
Wo geht’s lang? Eine Abrechnung der Landesgartenschau in Lahr will Ibert noch im November vor dem Gemeinderat vorstellen - in jedem Fall habe sie einen großen Mehrwert für die Stadt erzielt, so der OB. Foto: Frank Löhnig

Eigentlich hatte die Klinikreform für das Lahrer Krankenhaus nur eine bescheidene Sanierung vorgesehen – und den zweiten Platz nach dem Haus der Maximalversorgung in Offenburg. Inzwischen hat der Kreis mehrfach nachgelegt und gibt in Lahr mehr Geld aus als für den Neubau in Achern. Ist Lahr der heimliche Gewinner der Agenda 2030?
Markus Ibert

Auch das Klinikum Lahr ist als Haus der Maximalversorgung geplant. Darauf hat Lahr immer Wert gelegt, und das hat auch der Kreistag beschlossen. Wie an den anderen Standorten auch ist die Investition in ein Haus nicht nur für den Standort, sondern für die Region, also für die Krankenhauslandschaft im Kreis insgesamt zu sehen. Es gab auch die Debatte über einen Neubau, was wir aber einsehen mussten, dass dies neben den Neubauten in Offenburg und Achern nicht zu stemmen ist. Dass trotzdem 194 Millionen Euro am vorhandenen Standort in Lahr investiert werden sollen, zeigt, dass auch Bauen im Bestand seinen Preis hat; aber es dient dem gesamten Klinikstandort Ortenau und vor allem den Patienten. Für den stets konstruktiven Umgang mit diesem sehr komplexen Thema danke ich Landrat Scherer und dem Kreistag, insbesondere den Lahrer Kreisräten.

Haben Sie da viel Druck machen müssen?
Ibert

Es gab klare Wünsche aus Lahr und entsprechende Abstimmungsgespräche. Letztlich muss man sagen, Vernunft und Pragmatismus haben hier gesiegt. Das war auch ein wichtiges Signal an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unserem Krankenhaus. Es geht verlässlich weiter.

Die Anwohner dürften weniger erfreut sein – die Zufahrt zum Klinikum geht durch Wohngebiete, und da man im laufenden Betrieb baut, wird es wohl ein Jahrzehnt dauern, bis alles fertig ist. Erwarten Sie da Ärger in der Stadt?
Ibert

Natürlich ist das eine Belastung für die Menschen im Umfeld des Krankenhauses, ebenso wie für Mitarbeiter und Patienten. Damit dies vernünftig bewältigt werden kann, gibt es eine Baukommission, in der auch Kreisräte sitzen und ich als Oberbürgermeister selbstverständlich auch. Derzeit bereiten wir mit dem Landratsamt und dem Klinikum zusätzlich eine Koordinierungsgruppe vor, darin sollen auch Anwohner mitsprechen können.

Trotz dieser Aufwertung löst die Agenda 2030 im Süden des Kreises nicht nur Freude aus – die Tage des Ettenheimer Krankenhauses sind gezählt. Haben die Menschen sich damit arrangiert?
Ibert

Eine Schließung des Ettenheimer Krankenhauses hat nichts mit den Investitionen in Lahr zu tun. Mit meinem Amtskollegen Bruno Metz bin ich natürlich im Gespräch, unser gemeinsames Anliegen ist die medizinische Versorgung der südlichen Ortenau. Dabei hilft natürlich wesentlich, dass der Kreis 100 Millionen Euro für die Entwicklung der drei aufzugebenden Standorte bereithält. Für die Versorgung von Ettenheim trägt aber auch ein modernes Klinikum Lahr bei – es gehört eben beides zusammen.

Bei der Corona-Pandemie geht es natürlich ums Geld und um die Wirtschaft, es geht aber auch darum, wie die Kommunen die Beschränkungen durchsetzen. Wird es in Lahr konsequente Kontrollen geben?
Ibert

Ich halte es für richtig, dass wir im Interesse der Bürger einheitliche Regeln haben. Die Einschränkungen sind alles Dinge, die ich mir natürlich nicht wünsche und die ich als Herausforderung für uns alle empfinde. Doch ich stehe hinter den Regeln, und unser kommunaler Ordnungsdienst schaut mit hohem Einsatz, dass die Maskenpflicht eingehalten wird. Wir werden im Rahmen unserer Möglichkeiten kontrollieren, so dass sich da keine verbotene Szene entwickelt. Die Einzelhändler und Gaststättenbetreiber sind sehr gebeutelt, zeigen aber viel Verständnis für die notwendigen Einschränkungen. Zu ihrer Unterstützung haben wir das Handlungspaket Innenstadt auf den Weg gebracht.

Die Integration der Aussiedler war jahrelang eines der zentralen Themen in Lahr, vor allem der Eindruck, dass sich da eine Parallelgesellschaft gebildet hat. Was kann man da tun?
Ibert

Die Aussiedler sind ein Teil von Lahr. Wir haben eine Stadt mit unterschiedlichen Herkünften und Biografien. Ich sehe, dass ein hohes Maß an Integration stattgefunden hat, es gibt aber auch ein hohes Maß an Eigenständigkeit. Integration heißt ja nicht, dass man sich den Lebensweisen der anderen anpassen muss und schon gar nicht seine eigenen Lebensgewohnheiten aufgeben muss, vielmehr dass sich alle an die gleichen Spielregeln halten und man respektvoll miteinander umgeht. Das halte ich insgesamt in Lahr für sehr gelungen.

Welche Perspektive gibt es für den Flugplatz, ein noch immer unvollendetes Projekt?
Ibert

Der Flughafen ist unter Dampf, auch wenn wegen Corona gerade weniger geflogen wird als üblicherweise. Es hat sich gezeigt, dass der Flughafen eine gute Möglichkeit ist, Firmen in der Region einen Mehrwert zu bieten. Denken Sie etwa an Volocopter, die den Flughafen Lahr zu Testzwecken für den Bereich urbane Mobilität nutzen. Wir haben viele Ansiedlungen auf dem Gelände erreichen können, auch wenn es durch Corona nun ganz aktuell etwas ruhiger geworden ist.

Die wichtigste war sicherlich Zalando. Welche Folgen hat es für die Stadt, wenn sich ein solch großer Betrieb ansiedelt?
Ibert

Wir sind damit in vielfacher Hinsicht sehr glücklich. Viele Lahrer, Menschen aus dem Umland und aus dem Elsass haben da einen Job gefunden, auch viele Neubürger und Menschen mit Migrationshintergrund. Dass es nun letztlich einen gewissen Konkurrenzkampf um die Arbeitskräfte gibt, muss ja nicht zum Nachteil der Arbeitnehmer in der Region sein.

Ihr Vorgänger hat sich mit der Gartenschau aus dem Amt verabschiedet. Ist das Konzept aufgegangen? Das Gelände liegt ja schon ein ganzes Stück vor der Stadt.
Ibert

Vor der Innenstadt, ja, aber nicht im Niemandsland – direkt neben dem Gelände wohnen viele Lahrerinnen und Lahrer. Die Einrichtungen im Bürgerpark werden alle sehr gut angenommen, und auch der Seepark ist ein Erfolgsmodell – obwohl die Angelegenheit mit dem undichten See noch ihrer Klärung harrt. Gerade läuft das gerichtliche Beweissicherungsverfahren. Das Ergebnis erwarte ich in Kürze. Am 16. November werde ich die Abrechnung der Gartenschau vor dem Gemeinderat vorstellen. Sie enthält keine großen Überraschungen. In jedem Fall hat die Landesgartenschau an sich einen enormen Mehrwert für die Stadt erzielt, die geschaffene Infrastruktur ist eine echte Bereicherung. Lahr ist eindeutig als Gewinner aus dem Projekt Landesgartenschau hervorgegangen.

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