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Spezial

Misshandelte Bären finden im Alternativen Wolf- und Bärenpark Schwarzwald ein Zuhause

Wie geht es eigentlich Jurka, der Mutter des getöteten Bären Bruno? Im im Alternativen Wolf- und Bärenpark Schwarzwald zeigt sie sich als Ausbruchsspezialistin - und das auf intelligente Weise. An Winterruhe ist bei diesen Temperaturen derzeit eh nicht zu denken.

Jurka reißt Äste ab, um sie auf den Stromzaun zu werfen.
Jurka reißt Äste ab, um sie auf den Stromzaun zu werfen. Foto: Stiftung für Bären

Wie geht es eigentlich Jurka, der Mutter des getöteten Bären Bruno? Im im Alternativen Wolf- und Bärenpark Schwarzwald zeigt sie sich als Ausbruchsspezialistin – und das auf intelligente Weise. An Winterruhe ist bei diesen Temperaturen derzeit eh nicht zu denken.

Ein bisschen unruhig ist sie schon, obwohl eigentlich Bärenhöhlenzeit wäre – genauer gesagt die Winterruhe. Doch es ist ihr jetzt einfach noch zu warm. Jurka ist in ihrem Revier unterwegs, klettert durchaus auch mal auf den ein oder anderen Baum und besorgt sich kleine Äste. „Damit plant sie Ausbruchsversuche, die natürlich nie klappen“, sagt Bernd Nonnenmacher schmunzelnd.

Er ist Geschäftsführer der Bärenpark Worbis gGmbH, Betreiberin des Wolf- und Bärenpark Schwarzwald. Nonnenmacher zählt Jurka nicht zuletzt wegen der durchdachten Ausbruchsversuche zu den sehr intelligenten Bären. Diese Cleverness wurde ihr und ihrem Sohn Bruno letztendlich auch zum Verhängnis.

Der Alternative Wolf- und Bärenpark Schwarzwald liegt bei Bad Rippoldsau-Schapbach im Schwarzwald zwischen Freudenstadt und Offenburg. Der im Jahr 2010 eröffnete Park ist der zweite seiner Art in Deutschland. Auf 10 Hektar Fläche leben neun Braunbären, darunter Jurka, die Mutter des 2006 erschossenen Bärs Bruno, und mehrere Wölfe.

Bärin Jurka - Wolf- und Bärenpark Schwarzwald
Bärin Jurka - Wolf- und Bärenpark Schwarzwald Foto: Stuftung für Bären

Wir erinnern uns: Bruno, Jurkas erster Sohn, war von der Bayerischen Staatsregierung als so genannter Problembär, als Bedrohung für Menschen eingestuft worden, da er auch Haus- und Nutztiere schlug, bisweilen in der Nähe von Siedlungen.

Der gerade mal zweijährige Braunbär war aus Italien nach Norden gewandert und lebte eine Weile im österreichisch-bayerischen Grenzgebiet. Letztendlich wurde er zum Abschuss freigegeben. Zuvor war seine Wanderung und die politische Diskussion über das weitere Vorgehen ein internationales Medienereignis. Selbst die New York Times hatte berichtet.

Keine Angst vor Menschen

Brunos Wissen, dass es in der Nähe von Menschen Futter gibt, und seine fehlende Angst vor Menschen waren ihm zum Verhängnis geworden. Aber genau das hatte ihm Jurka beigebracht. Und damit steht das Schicksal Jurkas und ihrer Kinder für einen wichtigen Aspekt der Arbeit Nonnenmachers: Der Information und Sensibilisierung von Menschen gegenüber Wildtieren.

Jurkas Leben zeigt exemplarisch was passiert, wenn wir Wildtiere nicht einfach Wildtiere sein lassen.
Bernd Nonnenmacher über Bärin Jurka

„Jurkas Leben zeigt exemplarisch was passiert, wenn wir Wildtiere nicht einfach Wildtiere sein lassen“, sagt Bernd Nonnenmacher. Jurka wurde in ihrer alten Heimat, im norditalienischen Trentino, von Hoteliers angefüttert, „damit Touristen süße Bärchen gucken können“, erklärt Nonnenmacher. Da Bären sehr intelligent sind und bei der Nahrungssuche effizient arbeiten, hat sie das Wissen der einfachen Nahrungsbeschaffung auch ihren Nachkommen vermittelt. Jurka musste deshalb eingefangen werden. Sie wurde im Trentino in einem kleinen Klostergartengehege eingesperrt – „ist dort wegen ihres Freiheitsdrangs und des viel zu kleinen Areals aber komplett durchgedreht. 2010 haben wir sie hier in Schapbach als ersten Bären aufgenommen“.

Bären-Welpen als Selfiezutat

Jurka, mittlerweile etwa 22 Jahre alt, ist körperlich fit, klettert auf Bäume und rennt durch ihren Wald – nicht vergleichbar mit Zirkusbären, die das nicht kennen.

Doch Jurka leidet. Denn ihr großer Freiheitsdrang ist geblieben. „Als ehemaliges Wildtier weiß sie noch genau, was für ein Leben und welche Freiheit hinter dem Zaun ist – und da will sie hin“, erklärt Nonnenmacher und fordert auf: Menschen müssen sich überlegen, welche Tragweite ihr Verhalten wie das Anfüttern von Wildtieren haben kann – oder eben auch die Suche nach dem perfekten Selfie, wie die Geschichte der albanischen Jungbären zeigt, deren Mutter 2016 gewildert wurde, um an die Welpen zu kommen.

Die Bärenwelpen wurden über die Strandpromenade gezogen. Gegen Geld gab es die Möglichkeit, ein Selfie zu machen.
Die Bärenwelpen wurden über die Strandpromenade gezogen. Gegen Geld gab es die Möglichkeit, ein Selfie zu machen. Foto: Stiftung für Bären

Die kleinen Bären, Arthos und Arian,  wurden fortan als so genannte Selfie-Bären missbraucht, das bedeutet, die Besitzer von zwei dieser Bären sind mit ihnen am Strand spazieren gegangen und haben Touristen gegen Geld das ultimative Selfie mit Wildtierzutat machen lassen. Der dritte im Bunde, Agonis,  lag angekettet in einem Biergarten – ebenfalls zur Belustigung der Touristen. Damit waren alle drei menschlichen Umgang gewohnt.

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selfie terrasse Foto: None

„Wir müssen den Menschen einfach klar machen, dass sie solche Gelegenheiten nicht nutzen dürfen. Wenn keine Nachfrage mehr ist, gibt es auch kein Angebot – also kein Tierleid“, betont Nonnenmacher. Diese drei Bären aus Albanien leben mittlerweile ebenfalls im Schapbacher Bärenpark.

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Welpen im Park Foto: Stiftung für Bären

Und was hat es mit den kleinen Ästen auf sich, die sich Jurka auf den Bäumen besorgt? Die schmeißt sie auf den elektrischen Vorzaun; sie hat in Freiheit bei Schafzäunen gelernt, dass man auf diese Weise den Strom unterbrechen kann, erzählt Nonnenmacher.

Sogar ganze Knöterichstauden hat sie ausgegraben, und so lange auf den Stromzaun geworfen, bis dieser komplett umwickelt war. „Wie gesagt, sie will in die Welt hinter den Zaun. Menschen haben durch ihr unbedachtes Verhalten verursacht, dass das nie mehr möglich ist. Jurka leidet“.

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