Hatte die Bombendrohung am Offenburger Bahnhof einen politisch-religiös motivierten Hintergrund oder hat da einfach ein Heranwachsender seinem Imponiergehabe freien Lauf gelassen? Am Tag zwei nach dem Großeinsatz der Polizei im beschaulichen Offenburg sitzt der Haupttatverdächtige nun in Untersuchungshaft.
Noch am Mittwoch, also wenige Stunden nach dem Großeinsatz der Polizei, wurde der 18-Jährige dem Haftrichter am Amtsgericht Karlsruhe vorgeführt. Laut Manuel Graulich, Pressesprecher der zuständigen Strafverfolgungsbehörde, erließ dieser dann den Haftbefehl.
Der 18-Jährige ist kein unbeschriebenes Blatt. In einer gemeinsamen Presseerklärung verweisen Staatsanwaltschaft Karlsruhe und Polizeipräsidium Offenburg auf einen Vorfall Anfang des Jahres. Am 14. Januar fiel der damals noch jugendliche Beschuldigte auf, weil die Polizei bei einer Kontrolle bei ihm eine „täuschend aussehende Schusswaffennachbildung“ fand.
Und schon damals entkam der junge Mann wohl gerade noch so dem Gefängnis. „Gegen den Beschuldigten, der sich seinerzeit als Sympathisant der Terrormiliz IS zu erkennen gab, wurde durch die Staatsanwaltschaft Karlsruhe in diesem Zusammenhang wegen des Vorwurfs des Vortäuschens einer Straftat Haftbefehl erwirkt, der jedoch gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt wurde“, heißt es in der Presseerklärung.
Nach Bombendrohung: keine Verbindungen zu Reichsbürgern
Damit erhellt sich zumindest einigermaßen der soziale Hintergrund des 18-Jährigen, den die Polizei nach der Bombendrohung über ein soziales Netzwerk gegen 20.50 Uhr in einem Regionalzug festnahm.
Und damit scheint auch eine Spekulation vom Tisch: Gehört er vielleicht zum Spektrum der Reichsbürger, Corona-Leugner oder zum Dunstkreis der extremistischen Gruppe, die – wie berichtet – die Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sowie einen Umsturz plante? Wie Manuel Graulich gegenüber der Redaktion erklärte, gebe es „keinerlei Verbindung“, zu diesen Gruppierungen.
Ob sich der 18-Jährige in einem psychischen Ausnahmezustand befunden hat, ist ebenfalls Gegenstand der Ermittlungen. Es ist der ganz normale Katalog an Fragen, die die Ermittlungsbehörden zu klären versuchen. Wie ausführlich berichtet, rief die vermeintliche Bombendrohung am späteren Abend des 19. April vor allem am Bahnhof Offenburg ein gewaltiges Aufgebot an Landes- und Bundespolizei auf den Plan.
Zur Unterstützung wurden, das erläuterte Ansgar Gernsbeck, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Offenburg, der Redaktion, sogar Polizeikräfte der Präsidien Freiburg und Konstanz hinzugezogen. Speziell ausgebildete Hunde halfen bei der Suche nach Sprengstoff. Derartige Substanzen wurden allerdings nicht gefunden.
Großeinsatz in Offenburg war gegen 0.30 Uhr beendet
Ein Augenzeuge schrieb auf Facebook, der Zug und der Bahnhof seien evakuiert worden. Sein Kommentar: „Ist alles vor Ort wie im Film.“ Der durch die Bombendrohung hervorgerufene Großeinsatz der Polizei in Offenburg hatte schwerwiegende Auswirkungen vor allem auf den Fernverkehr der Bahn im Rheintal. Für zwei Stunden war auch der Lahrer Bahnhof gesperrt.
Im Anfangsszenario ging die Polizei davon aus, dass der Anschlag auch dort hätte verübt werden können. Nach einer intensiven Erkundung des Bahnhofsgeländes gab es jedoch nach rund zwei Stunden wieder Entwarnung.
Der Zugverkehr rollte deshalb noch lange nicht. Erst gegen 0.30 Uhr war wieder ein regulärer Betrieb möglich. Wer zum Beispiel mit dem ICE 377 von Berlin Ostbahnhof nach Basel SBB wollte, brauchte Geduld. Der Zug stand fast eineinhalb Stunden im Karlsruher Hauptbahnhof.