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Neues Ziel

Für den Ortenaukreis eine kleine Revolution: Im Nahverkehr soll bald Stundentakt herrschen

Kreisräte des Ortenaukreises setzen sich beim ÖPNV ein neues, großes Ziel: Zwischen 5 und 24 Uhr soll überall Stundentakt herrschen

RE 2 mit roten Doppelstockwagen im Bahnhof Achern
Der Ortenaukreis strebt beim ÖPNV für Bus und Bahn zwischen 5 und 24 Uhr einen Stundentakt an. Foto: Jörg Seiler

Auch wenn der Ortenaukreis beim Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) gegenwärtig schon viel Geld zuschießen muss: Es wird bald noch viel mehr sein. Der Grund: Im ganzen Kreisgebiet wird im Nahverkehr für Bus und Bahn für die Zeit zwischen 5 und 24 Uhr der Stundentakt angestrebt.

Einstimmig segnete der zuständige Ausschuss für Umwelt und Technik am Dienstag die von der Verwaltung und der Nahverkehrskommission empfohlene Variante „1 Plus“ ab. Das mit deren Umsetzung entstehende Defizit, das aus Kreismitteln zu decken sein wird, soll laut Verwaltungsvorlage zwischen 16,7 und 41,7 Millionen Euro liegen.

Bereits diese Summe ist enorm, die anderen Varianten wären noch um einiges teurer gewesen. Die „2“ – ganztägiger Stundentakt mit halbstündlicher Verdichtung auf den Hauptachsen – und die Variante „3“ – ganztägiger Halbstundentakt – wären laut dem Fachbüro Nahverkehrsberatung Südwest Kosten deutlich teurer.

9,1 Millionen Euro jährlich

Letztlich entschieden sich die Räte für „1 Plus“, den Stundentakt, erweitert um ein „Verschlechterungsverbot“ bei den bestehenden Takten: Linien, die bereits in besserer Frequenz bedient werden, sollen in der bewährten Form bestehen blieben.

Bereits heute bringt der Ortenaukreis für den ÖPNV viel Geld auf. Das jährliche Defizit beläuft sich auf 9,1 Millionen Euro. So erbringt der Kreis jährlich 6,2 Millionen Zuschuss zum Verbundtarif (TGO) und weitere 4,6 Millionen für die 2021 beschlossene Tarifreform.

Außerdem erhalten die Verkehrsunternehmen einen Ausgleich für die Rabattierung von Zeitkarten im „Ausbildungsverkehr“ in Höhe von jährlich 3,5 Millionen Euro, und es werden für diverse Angebotsverbesserungen, etwa die Nationalparkbusse, rund zwei Millionen Euro aufgewendet. Im Gegenzug erhält der Ortenaukreis vom Land nach dem ÖPNV-Gesetz einen Zuschuss in Höhe von 7,2 Millionen Euro.

In der Sache waren sich alle Räte einig: Der neue Takt ist für den Ortenaukreis eine gute Sache. Manche brachen schier in Euphorie aus. CDU-Sprecher Stefan Hattenbach, Bürgermeister in Kappelrodeck, betonte: „Wir heben damit den ÖPNV im Ortenaukreis in eine absolut neue Dimension.“

Es sei wichtig, dieses Niveau zumindest zu beschließen, auch wenn manche Fragen noch unbeantwortet bleiben müssen, etwa jene: Wo bekomme man überhaupt die benötigten Busfahrer her?

Diese Sorge trieb vor allem Kreisrat Lukas Oßwald (LiLO) und Landrat Frank Scherer (parteilos) um. Dieser kritisierte den Umstand, dass von Busfahrern Deutsch-Sprachkenntnisse auf B-2-Niveau gefordert werde: „Solange das so ist, könnte die Umsetzung schwierig werden.

Viele aus dem Ausland stammenden Menschen besäßen einen Busführerschein oder wären imstande, ihn rasch zu machen – oft scheitere die gute Absicht aber am Sprachniveau.

Wir wollen ja schließlich, dass mehr Leute mit Bus oder Bahn fahren.
Matthias Gutbrod
Kreisrat

Auch Matthias Gutbrod (Freie Wähler) begrüßte das deutlich ausgeweitete ÖPNV-Angebot: „Wir wollen ja schließlich, dass mehr Leute mit Bus oder Bahn fahren.“

Er verhehlte aber auch nicht, dass das Angebot vorläufig nur eine „Absichtserklärung“ sei: „Wir dürfen den Leuten nicht weismachen, morgen haben wir den Stundentakt.“ Wichtig sei aber vor allem mal, so Grüne-Kreisrat Hans-Jörg Hosch, „dass der erste Schritt gemacht wird“.

Von einer „kleinen Revolution“ sprach gar SPD-Sprecher Kai-Achim Klare, für viele Gemeinden, die bislang nur ein- oder zweimal am Tag angefahren werden, sei das Angebot „ein echter Quantenschritt“.

Von einem „Meilenstein“ sprach Carsten Erhardt (FDP). Der kommende Stundentakt bedeute für seine Gemeinde, Nordrach, eine Verfünffachung des Angebots. Ähnlich AfD-Mann Sven Rothmann.

Und wie das Ganze finanzieren? Der Landrat machte Alternativvorschläge: eine Erhöhung der Kreisumlage, eine zweckgebundene Abgabe oder ein Kombi-Modell. So oder so: „Letztlich zahlt’s der Bürger.“ Die Verwaltung ist nun gehalten, das „1 Plus“-Modell weiter voranzubringen.  

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