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Banken kennen die Finanzlage

Nicht alle Unternehmen in der Ortenau leiden unter dem Corona-Lockdown

Nicht allen geht es schlecht. Die Banken kennen die Konten der Unternehmen. Und sie sind zumindest gedämpft optimistisch, was die Zeit nach der Pandemie angeht.

Ein Arbeiter steht auf einer Baustelle
Die Bauwirtschaft brummt weiterhin: Hier gilt kein Lockdown, gebaut wird an allen Ecken und Enden der Ortenau. Die Betroffenheit durch Corona sei sehr unterschiedlich, heißt es aus den Banken in der Ortenau. Foto: Arne Immanuel/dpa

Spätestens beim zweiten Lockdown werde es kritisch, hatten Experten vorausgesagt. Viele Unternehmen, die das Corona-Frühjahr noch wegsteckten, seien dann am Ende ihrer Möglichkeiten.

Wie geht es den Unternehmen in der Region tatsächlich? Wir haben bei den Banken nachgefragt, die den Finger am Puls der Betriebe haben. Die Antworten fallen bisweilen überraschend optimistisch aus.

Nur in einem sind sich die Spitzenbanker aus der Region einig: Wie gut die Betriebe durch die Krise kommen, hängt stark von der Branche ab. Und: Die Menschen halten gerade ihr Geld zusammen.

Industrie als Stütze

Die Industrie laufe unverändert gut und sei eine wichtige Stütze der Konjunktur. „Wir haben keine Alarmmeldungen. Das Kurzarbeitergeld und die staatlichen Maßnahmen greifen“, sagt Markus Dauber, Co-Vorstandsvorsitzender der Volksbank in Offenburg, die sich seit der Fusion mit der Volksbank Schwarzwald-Baar-Hegau „Volksbank eG“ nennt. In vielen Bereichen seien die Gelder vom Staat „alternativlos und existenzerhaltend“.

Kritisch werde es in der Dienstleistungsbranche, jetzt gehe es darum, die Liquiditätshilfen schnell auszuzahlen. Reisebranche und Hotellerie seien „natürlich auf null“, so Dauber. Er hofft und erwartet, dass es nach dem Lockdown zu einem „Sprung-Wachstum“ kommt. Die Menschen würden sehr viel weniger Geld ausgeben, so dass es nach dem Lockdown zu Nachholeffekten kommen könne.

Auch hier werde es aber auf die Branche ankommen: „Sie können ja nicht an einem Abend zweimal Essen gehen“. Weil viele Läden geschlossen seien, sei der Konsum deutlich eingebrochen. „Das merken wir an unseren Transaktionen“, sagt Dauber, die seien im Dezember um rund ein Drittel zurückgegangen.

Ein Teil des Geschäfts habe sich in den eCommerce verlagert, aber das gleiche es bei weitem nicht aus.

Pandemie nicht einzige Ursache

Verhalten optimistisch ist man in der Vorstandsetage der Sparkasse Offenburg/Ortenau. „Viele sind im vergangenen März davon ausgegangen, dass uns der Himmel auf den Kopf fällt“, sagt Jürgen Riexinger, Mitglied des Vorstands. Wenn man jetzt auf die Situation bei der Kreditberichtigung blicke, „sehen wir praktisch nichts“.

Möglicherweise werde dies aber im laufenden und im kommenden Jahr nicht so bleiben. Denn die öffentlichen Hilfen und Kredite würden ein wenig verdecken, was an Problemen entstanden ist: „Man darf nicht erwarten, dass nach dem Lockdown Friede, Freude, Eierkuchen herrscht“, sagt Riexinger. Es werde durchaus Veränderungen geben, aber nicht in dem Maße, wie zunächst befürchtet.

Ob allerdings jede Umwälzung pandemiebedingt ist, das steht auf einem anderen Blatt. Gerade in Branchen, in denen es Probleme gebe, Nachfolger zu finden, könne Corona Anlass dafür sein, das Geschäft zu beenden.

Keine Prognose will Riexinger für den Einzelhandel geben. Es sei sehr schwierig, abzuschätzen, ob die teilweise ins Internet abgewanderten Käufer den Weg zurück finden zum Fachgeschäft um die Ecke: „Es bedarf großer Kraftanstrengungen, die Kunden zurück zu bekommen“.

Konsum ist eingebrochen

„Was den Unternehmen fehlt, ist eine Perspektive, es ist eine gewisse Orientierungslosigkeit da“, sagt Claus Preiß, Vorstandschef der Volksbank in Bühl. Das liege natürlich auch daran, dass die Pandemie unberechenbar ist. Dennoch sei es dringend erforderlich, den Betrieben konkrete Aussichten zu geben.

Auch bei der Volksbank in Bühl gilt: Die Situation ist besser als erwartet, der Ausblick aber eingetrübt. „Man weiß nicht, inwieweit das geänderte Insolvenzrecht dazu beiträgt, dass Entwicklungen hinausgezögert werden.“

Der Konsum jedenfalls habe deutlich abgenommen, man sehe das allein schon an den Posten, die noch an den Geldautomaten gebucht werden. Wofür aber sollte man auch Geld ziehen – „das sieht man doch am eigenen Verhalten, man kann noch Lebensmittel kaufen, dann aber ist schon rum“.

Eine wichtige Rolle bei der weiteren Entwicklung wird daher den Verbrauchern zufallen – die aber als Arbeitnehmer zum Teil erhebliche Einbußen erleiden.

Viele Unternehmen würden inzwischen keinen Aufschlag zum Kurzarbeitergeld mehr zahlen, je nach Branche fallen auch die Trinkgelder weg. „Wenn man da alleinerziehende Mutter ist, hat man größte Probleme, die Ausgaben zu bestreiten.“ Er kenne zwei Söhne aus einer nicht so gut situierten Familie, die nun nicht mehr wissen, wie sie ihr Studium bezahlen sollen – Nebenjobs wie beispielsweise in der Gastronomie gebe es ja gerade nicht.

Lasten werden verlagert

„Wir erleben die ganze Bandbreite. Es gibt Unternehmen zum Beispiel in der Baubranche, die haben kaum Sorgen. Und es gibt viele, bei denen sieht es nicht gut aus“, sagt Wolfgang Huber, Vorstandsmitglied bei der Sparkasse Hanauerland.

Was den Betrieben sehr zu schaffen mache, sei die Unsicherheit – „keiner weiß, wie er disponieren soll, soll er die Lager vollpacken und riskieren, darauf sitzenzubleiben“.

Die Hilfe der Politik sei in vielen Branchen überlebensnotwendig, doch sie haben einen Haken: „Die Lasten werden damit einfach in die Zukunft getragen“. Das könne viele Betriebe auf mittlere Sicht davon abhalten, zu investieren – Gift für die Konjunktur. Die Einschätzung, wie es nach dem Lockdown weitergeht, fällt verhalten aus.

Die Menschen seien vorsichtiger geworden, hielten ihre Ersparnisse eher zusammen, vielen sei die Sorge anzumerken, ob ihr Arbeitsplatz auf Dauer sicher ist.

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