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Ausbau in Oberkirch

Nicht nur Lob für Vorhaben: Hebammenversorgung im Ortenaukreis wird neu organisiert

Der Ortenaukreis will auf den Fachkräftemangel bei Hebammen reagieren. Doch im Sozialausschuss des Kreistags gibt es nicht nur lobende Worte für das Vorhaben.

Mit einem Maßband misst eine Hebamme in ihrer Praxis den Symphysen-Fundus-Abstand bei einer schwangeren Frau. Symphysen-Fundus-Abstand bezeichnet die Länge zwischen Schambein und dem höchsten Punkt der Gebärmutter. (zu dpa «Studie: Corona geht mit etwas erhöhtem Risiko von Totgeburten einher») +++ dpa-Bildfunk +++
Die Versorgung vor und nach der Geburt soll als wesentlicher Baustein im Zentrum für Gesundheit Oberkirch integriert und der dort bereits bestehende Hebammenstützpunkt weiterentwickelt werden. Foto: Annette Riedl/dpa

Zunehmender Fachkräftemangel trifft auf steigende Geburtenzahlen: Um hier gegenzusteuern, haben Landratsamt und die Stadt Oberkirch Handlungsempfehlungen für eine moderne, ambulante Versorgung rund um Schwangerschaft und Geburt in der Region Oberkirch und dem Renchtal entwickelt.

Eine Idee ist eine Hebammen-Koordinierungsstelle, um die Versorgung bedarfsgerecht zu gestalten, sagte Evelyn Bressau, Leiterin des Kreisgesundheitsamtes, bei der Präsentation im Sozialausschuss des Kreistags. Noch ist unklar, wer auch finanziell für die Umsetzung sorgt. Folgen sollen nun Gespräche mit Entscheidern auf Landesebene.

Mehr Arbeit und steigende Belastung von Hebammen auch im Ortenaukreis

Mehr Arbeit und die steigende Belastung von Hebammen führen nicht nur in der Ortenau dazu, dass junge Familie es immer schwerer haben, eine Vor- und Nachsorge rund um die Geburt eines Kindes zu finden. Auch andere Landkreise seien dabei, die aktuelle Situation zu untersuchen. „Der Fachkräftemangel wird sich noch verschärfen“, schätzte Bressau.

Die Bestandsanalyse in der Ortenau über die vergangenen zwei Jahre habe ergeben, dass Faktoren wie Stress, zu gering empfundene Entlohnung, Zeitdruck oder zu hohe Betriebskosten den frühzeitigen Berufsausstieg von Hebammen fördern.

Außerdem sei die Datenlage zur Vor- und Nachsorge rund um die Geburt unklar und erschwere nicht nur das Finden einer Hebamme, sondern auch die Planung der Versorgung und ein vernetztes Arbeiten. Es fehlt an Austausch und Begegnung der beteiligten Berufsgruppen, so Bressau.

Die vom Land mit knapp 88.000 Euro geförderte Empfehlung schlägt deshalb unter anderem Netzwerktreffen und Qualitätszirkel, professionelle Mediation und Weiterbildungsmaßnahmen vor. Eine neutrale Koordinierungsstelle soll als Vermittler und Ansprechpartner für die bedarfsgerechte Versorgung zuständig sein und helfen, Hebammen-Nachwuchs zu fördern und neu zu gewinnen. Schwer zu erreichende Frauen und Familien sollen über ehrenamtliche Dolmetscher, Lotsen oder Multiplikatorenschulungen in den Fokus rücken.

Hebammenstützpunkt im Zentrum für Gesundheit in Oberkirch soll ausgebaut werden

Die Versorgung vor und nach der Geburt soll als wesentlicher Baustein im Zentrum für Gesundheit Oberkirch integriert und der dort bereits bestehende Hebammenstützpunkt weiterentwickelt werden. Darüber hinaus sehen die Handlungsempfehlungen die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und die Förderung von Neu- und Wiedereinstieg von Hebammen vor. Das Konzept soll später als „Blaupause“ auf das ganze Kreisgebiet übertragen werden, erklärte Bressau.

Ein wichtiges Thema – darin waren sich die Ausschussmitglieder einig. „Aber wie gehen wir jetzt damit um?“, fragte Landrat Frank Scherer in die Runde. „Ist der Kreis wieder das Auffangbecken?“ Heike Dorow (Die Grünen) bezeichnete das Konzept als Zukunftsmusik. „Dafür bräuchte es sehr viele kompetente Männer und Frauen. Wer soll das in der Komplexität bezahlen?“, meinte sie.

Hans-Peter Kopp (SPD) schlug vor, ein Pilotprojekt daraus zu machen. Der Ausschuss einigte sich darauf, die begleitende Evaluierung bis Ende des Jahres abzuwarten und dann weiter zu beraten. „In der Zwischenzeit können wir mit dem Land ins Gespräch gehen und überlegen, wie man das eine oder andere umsetzen könnte“, meinte Scherer.

„Es muss sich etwas ändern“, betonte Guido Schöneboom (SPD). Mit den Handlungsempfehlungen hätte man nun eine hochwertige Vorlage. Lukas Oßwald (Die Linke) verwies auf die generell schlechten Arbeitsbedingungen der Hebammen. „Solange sich daran nichts ändert, wird sich die Situation auch nicht verändern“, sagte er.

Ludwig Kornmeier (Die Grünen) appellierte an die Möglichkeiten, die der Kreis unabhängig von allem habe: „Am Ortenau-Klinikum werden Hebammen ausgebildet. Dort haben wir es selbst in der Hand, Dinge zu verbessern und voranzutreiben.“

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