Die Digitalisierung, so eine Lehre aus dem Corona-Lockdown, könnte viele Dinge einfacher machen. Doch die erwartete Initialzündung für die seit Jahren andauernden Bemühungen um eine elektronische Kfz-Zulassung hat das Virus nicht gebracht. Die Probleme sind weiter ungelöst.
Das tut weh: Nach den Rekordzahlen der vergangenen Monate sieht man sich in den Zulassungsstellen im Ortenaukreis weiter unter Druck, den sie durch verlängerte Öffnungszeiten und eine möglichst dicht getaktete Terminvergabe zu mindern sucht.
Per Internet aber geht praktisch nichts – selbst da, wo es technisch, allen Fährnissen zum Trotz, inzwischen möglich wäre. „Die Leute springen nicht an auf das Thema, und die Ursachen dafür sind vielfältig“, sagt Franz Benz, Leiter der Zulassungsstelle im Offenburger Landratsamt.
Stotternder Praxistest
In Zahlen heißt dies: Vier elektronische Stilllegungen von Fahrzeugen im März, sieben im April, fünf im August. Die anderen Monate haben kaum andere Ergebnisse gebracht – trotz Corona. Homöopathische Werte angesichts vierstelliger Zahlen jeden Monat.
Unsere IT-Abteilung kann nicht nachvollziehen, wo die Probleme liegen, weil sie nicht mit dem Kunden am Rechner sitzt.Franz Benz, Leiter der Zulassungsstelle im Offenburger Landratsamt
Für die Bürger wie auch für die Behörden ist die elektronische Zulassung von Fahrzeugen – anders als die vergleichsweise einfache Außerbetriebsetzung – ein Buch mit vielen Siegeln. Für das Landratsamt bedeute dies, den Kunden direkten Zugriff auf einen Verwaltungsvorgang zu gestatten. „Das“, so Benz, „gibt es sonst nirgendwo anders“. Für den Kunden aber ist der Weg weit und steinig. Er muss einen elektronisch lesbaren Ausweis samt Lesegerät haben, idealerweise ein Neufahrzeug mit entsprechenden Papieren – und Zeit.
Die Technik nämlich scheint noch so ihre Tücken zu haben. Nach Jahren der Vorbereitung stottert das System im Praxistest: „Es haben immer wieder Kunden angerufen und gesagt, dass es nicht geht. Dann reden wir mit unserer IT-Abteilung, die nicht nachvollziehen kann, wo die Probleme liegen, weil sie nicht mit dem Kunden am Rechner sitzt“. Frust ist programmiert. Doch vor allem bei der Zulassung kommen auch noch Hürden hinzu, die sich die Behörden selbst geschaffen haben. So geht seit Jahrzehnten kein Kraftfahrzeug mehr in den Verkehr, wenn der Eigner nicht zuvor ein Mandat für die Abbuchung der Kfz-Steuern erteilt hat. „Mal stimmt die Nummer des Versicherungsvertrags nicht, mal die IBAN. Das ist dann tödlich, wenn wir sagen müssen, wir machen alles per Post“, sagt Benz.
Datenschutz hat für Kunden Vor- und Nachteile
Eigentlich könnte das Landratsamt die IBAN des Kunden speichern, dann müsste er sie nicht jedes Mal aufs Neue ausfüllen, auch bei Wiederzulassungen beispielsweise von Wohnmobilen oder Motorrädern im Frühjahr. Darf es aber nicht, der Datenschutz. „Die wird in kurzer Zeit gelöscht, wir dürfen sie nicht weiterverwenden“, sagt Benz.
Das geht jetzt seit Jahren so, es türmen sich Probleme über Probleme auf. Und doch: „Online ist der richtige Weg“, betont Benz, der in diesem Frühsommer trotz Pandemie wie berichtet Rekordwerte bei den Neuzulassungen vermelden konnte. Doch noch längst sind nicht alle Probleme aus dem Weg geräumt: Jeder Extrawunsch bringt das System wieder an seine Grenzen, beispielsweise, wenn jemand sein Kennzeichen für das nächste Fahrzeug gerne behalten möchte. Offline eine Leichtigkeit, online eine gewaltige Sache: „Da wird es,“, so sagt Benz, „verdammt schwierig“.
Mit Extrawünschen wird es verdammt schwierig.Franz Benz, Leiter der Zulassungsstelle im Offenburger Landratsamt
Solange die Fahrzeuge noch mit Brief, Kennzeichen, Plakette und Fahrzeugschein ausgewiesen werden, sie dies „ein gewisser Hemmschuh“ für ein wirklich funktionierendes elektronisches System, sagt Benz. Doch eine übereilte Umstellung auf Online-Services könne auch ihren Preis haben wie in Frankreich, wo eigentlich alles nur noch per Internet geht: „Dort wartet man vier oder fünf Monate auf die Zulassung“.