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Nach jahrelangen Misshandlungen

Dreieinhalb Jahre Haft: Frau aus der Ortenau wollte ihren Mann mit Bohrmaschine töten

Die 44-Jährige, die im April in Kehl ihren damaligen Lebensgefährten mit einem Akkubohrer an Stirn und Oberschenkel verletzt hat, muss für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis. Das Landgericht Offenburg hat sie am Montag wegen versuchten Mordes verurteilt.

Ein Richterhammer aus Holz liegt am 28.10.2014 im Landgericht Karlsruhe (Baden-Württemberg), vor der Fortsetzung eines Schadensersatz-Prozess im Skandal um Brustimplantate aus minderwertigem Silikon, auf der Richterbank. Der Prozess war fast zwei Jahre ausgesetzt. In dieser Zeit wurde unter anderem ein Gutachten eingeholt. Foto: Uli Deck/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++ | Verwendung weltweit
Mildernde Umstände beim Urteil: Über viele Jahre hinweg wurde die Angeklagte durch ihren 55-jährigen Lebensgefährten misshandelt. Foto: Uli Deck picture alliance / dpa

Das Gericht zeigte sich überzeugt, dass die Frau in Tötungsabsicht und heimtückisch gehandelt hat. Für ihre über viele Jahre durch den 55-Jährigen erlittene Pein erhielt sie mildernde Umstände.

Der Prozess hatte mit Handschellen begonnen – und ist mit ihnen auch zu Ende gegangen. Zudem wurde der Haftbefehl gegen die Angeklagte aufrecht erhalten – wegen Fluchtgefahr, wie der Vorsitzende Richter Stephan Hofsäß beim Urteilsspruch bekanntgab. Die Frau sei über Jahre von ihrem Partner schikaniert worden.

Das Gericht zeigte sich überzeugt, dass sie an jenem Apriltag in diesem Jahr den Entschluss gefasst hat, der Pein mit der Tötung des Mannes ein Ende zu setzen.

Das Vorhaben sei heimtückisch gewesen, weil sie sich den Umstand zunutze gemacht hatte, dass der Mann auf der Couch eingeschlafen war. Doch zur Vollendung der Tat sei es nicht gekommen, weil das Tatwerkzeug, eine Bohrmaschine, nicht in bestem Zustand gewesen und beim Ansetzen auf der Stirn abgerutscht sei. Der Attackierte sei zudem rasch aufgewacht.

Angeklagte bekannte sich gleich nach dem Angriff zur Tat

Gleich nach dem Bohrerangriff habe die Angeklagte sich gegenüber der Polizei und der Schwester des Opfers zu der Tat bekannt. „Wir haben keine Zweifel, dass sie in diesem Moment die Wahrheit gesagt hat“, so Hofsäß. Dass sie ihrem Peiniger nur habe drohen oder ihn habe erschrecken wollen, wie sie in der Hauptverhandlung sagte, „halten wir nur für wenig plausibel“.

Dass sie von der Polizei nicht gleich „qualifiziert belehrt worden“ sei, sei zwar ein Fehler gewesen, falle aber kaum ins Gewicht.

3,5 Jahre Haft für eine solche Tat, so Hofsäß, scheine auf den ersten Blick eine milde Strafe zu sein, doch dafür habe sie über Jahre hinweg viel ertragen müssen. Dies sei als mildernde Umstände zu werten.

Ein „Haustyrannen“-Urteil, wie es in halbwegs vergleichbaren Fällen schon vorkam, in denen ein Angeklagter angesichts der vielen Übergriffe sogar freigesprochen wurde, wäre allerdings nicht angemessen gewesen, so der Vorsitzende.

Auf eine Haftstrafe von dreieinhalb Jahre wegen versuchten Mordes hatte zuvor schon Erster Staatsanwalt Heiko Baumert plädiert. Allerdings räumte er ein, dass der Vorfall alles andere als einfach sei, weder hinsichtlich des Tatvorgangs noch hinsichtlich des Strafrahmens.

Das Opfer war beim Bohrerangriff „arg- und wehrlos“

Doch eines stehe für ihn fest: Die Angeklagte habe fest vorgehabt, ihren Lebensgefährten zu töten. Die Einlassungen der 44-jährigen vor Gericht seien „nicht plausibel“. Baumert wies besonders auf die Aussage der Schwester des Opfers hin, die erklärte, die Angeklagte habe sie nach der Tat angerufen und gesagt: „Es hat nicht geklappt.“

Überdies habe es ein Mordmerkmal gegeben. Das Opfer sei bei dem Bohrerangriff „arg- und wehrlos“ gewesen, die Angeklagte habe „die Situation ausgenutzt“. Gewiss spreche einiges aber auch für die Angeklagte: die Übergriffe, der Umstand, nicht einschlägig vorbestraft zu sein, und die vergleichsweise geringen Verletzungen: „Es ist zum Glück nicht sehr viel passiert.“

Zu bewerten sei auch der enorm hohe Alkoholwert, laut Rechtsmediziner „zwischen 1,44 und 2,52 Promille“. Doch der Alkohol habe ihre Steuerungsfähigkeit nicht maßgeblich eingeschränkt, zumal sie an dessen Konsum gewöhnt gewesen sei. So sah es auch Richter Hofsäß.

Verteidiger plädierte auf gefährliche Körperverletzung

Von einem „außergewöhnlichen Fall“ sprach Verteidiger Yorck Fratzky, „und ganz hell ist er an entscheidenden Stellen nicht geworden“. Warum etwa, habe die Schwester des Opfers zwar erwähnt, dass es zwischen ihrem Bruder und dessen Partnerin bisweilen zu Streit gekommen sei, warum aber habe sie nicht gesagt, dass er seine frühere Frau mit Hieben und Tritten so attackiert habe, dass sie daran gestorben sei?

Die Aussagen der Schwester seien mit Vorsicht zu genießen. Er, so der Verteidiger, könne kein Mordmerkmal erkennen: Das Opfer habe keinesfalls geschlafen, „höchstens vor sich hingedämmert“, Heimtücke sei also nicht nachweisbar. Der Verteidiger hatte auf gefährliche Körperverletzung plädiert.

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