Ein spielender Junge wurde von einem Hund gebissen, der an ein Klettergerüst angebunden war. Die Tierrechtsorganisation Peta meldete sich daraufhin zu Wort und verlangte die Einführung einer verpflichtenden theoretischen und praktischen Prüfung.
Aus Sicht des Verbandes für das deutsche Hundewesen (VDH) ist das zu kurz gedacht. „Sachkunde ist wichtig, aber entscheidend ist auch die kontrollierte Aufzucht von Welpen“, sagte Verbandssprecher Udo Kopernik auf Nachfrage.
Meist liegt das Problem am anderen Ende der Leine.Jana Hoger, Tierrechtsorganisation Peta
Immer wieder kommt es zu Beißvorfällen, manche enden sogar tödlich. Nicht so in Offenburg, aber der sechsjährige Junge wurde laut einem Polizeibericht so schwer gebissen, dass er medizinische Behandlung benötigte. „Meist liegt das Problem nicht beim Hund, sondern am anderen Ende der Leine“, wird Jana Hoger, Fachreferentin für tierische Mitbewohner bei Peta, in einer aktuellen Pressemitteilung zitiert.
Viele Halter würden Verhalten, Signale und Körpersprache ihres Vierbeiners nicht richtig deuten können. Somit sei die wahre Ursache für Beißattacken bei ihnen zu suchen – nicht beim Tier. „Jeder Hund, der falsch gehalten oder behandelt wird, kann zu einer Gefahr für Mensch und Tier werden.“
Oft liegt das Problem in der Zucht
Der VDH geht davon aus, dass jeder Beißvorfall eine Vorgeschichte hat. „Es kann am Hund oder am Halter liegen“, sagt Verbandssprecher Udo Kopernik. Die meisten Vorfälle würden sich im häuslichen Umfeld ereignen, oft seien die Hunde aber vorher schon auffällig.
Der Grund hierfür liege meist in ihrer Herkunft aus mangelnder oder nicht geprüfter Zucht. „Oder die Tiere kommen aus ausländischen Quellen oder privatem Handel. Das kann zum Problem werden“, so Kopernik. Hier müsse zuerst angesetzt werden. Wenn solche Welpen erwachsen werden, sind viele Halter trotz Sachkunde überfordert. Bei Tieren aus kontrollierter Zucht sei das Risiko auffälligen Verhaltens geringer, zudem würden registrierte Züchter beim Verkauf verstärkt darauf achten, ob Halter und Tier zusammen passen.
„Jeder sollte vor der Anschaffung eines Hundes den Umgang mit dem Tier erlernen und sich damit auseinandersetzen, ob er für die Hundehaltung geeignet ist“, sagt Kopernik. Ob das Einführen einer für alle verpflichtenden Prüfung in Form eines „Hundeführerscheins“ Beißvorfälle verhindern kann, sei fraglich. „Ich glaube, der Einfluss ist gering, wenn man nicht auch die Probleme an der Basis aus der Welt schafft.“
Hundeführerschein könnte vor unüberlegten Tierkäufen schützen
Peta ist davon überzeugt, dass ein „Hundeführerschein“ sicherstellen kann, dass die Halter sachkundig mit dem Tier umgehen und seine Signale richtig deuten können. Der „Hundeführerschein“ sehe vor, dass Halter vor dem Kauf einen Theoriekurs absolvieren, in dem sie Fachwissen über tiergerechte Haltung, Kommunikation und Bedürfnisse des Hundes erwerben. Anschließend folge für Halter und Hund ein gemeinsames obligatorisches Praxisseminar.
Solche Kurse würden von Tierärzten, Tierschutzorganisationen, Zuchtvereinen oder Hundeschulen angeboten. „Das kann einen positiven Beitrag leisten“, meint auch Yannik Hilger vom Polizeipräsidium Offenburg. Beißvorfälle kämen regelmäßig vor, ihre genaue Anzahl werde statistisch allerdings nicht erfasst.
Als erstes Bundesland habe Niedersachsen einen Sachkundenachweis für Hundehalter beschlossen – seit Juli 2013 ist der allgemeine Hundeführerschein verpflichtend. Wer in Berlin seit dem 1. Januar 2017 einen Hund neu aufnimmt, ist ebenfalls aufgefordert, sich die notwendige Sachkunde anzueignen. „Ein verpflichtender Hundeführerschein kann auch von allzu spontanen Käufen abhalten“, heißt es von Peta weiter. Jedes Jahr würden rund 80.000 Hunde in deutschen Tierheimen landen, darunter viele unüberlegte „Anschaffungen“.