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Breite Mehrheit im Kreistag

Neue Rechtsform für Ortenau Klinikum: Die Öffentlichkeit bleibt künftig außen vor

Der Ortenaukreis wird sich für die Reform des Klinikums auf Jahrzehnte hinaus verschulden. Doch was der Großbetrieb mit 6.500 Mitarbeitern macht, das wird künftig hinter verschlossenen Türen entschieden. Den Kreistag stört das kaum.

Ein Arzt geht zur Notaufnahme eines Krankenhauses.
Das Ortenau Klinikum wird von 2023 an als Gemeinnützige Anstalt des öffentlichen Rechts geführt. Viele Entscheidungen fallen dann nichtöffentlich. Foto: Andreas Arnold picture alliance/dpa

Der Ortenaukreis will seine Krankenhäuser bald als Gemeinnützige Anstalt des öffentlichen Rechts führen. Er verspricht sich dadurch schnellere Entscheidungen und weniger Öffentlichkeit. Denn während alle wichtigen Belange der Krankenhäuser mit ihren 6.500 Mitarbeitern bisher in Sitzungen des Klinikausschusses und des Kreistags breitgetreten wurden, hat künftig ein Verwaltungsrat das Sagen. Der tagt hinter verschlossenen Türen.

Der Klinikausschuss stimmte am Dienstag bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung zu. Im November soll der Kreistag einen Knopf dran machen, so dass die neue Rechtsform bereits zum 1. Januar 2023 wirksam wird. Danach wird der Kreistag nur noch die groben Linien vorgeben und bei der Aufnahme von Krediten mitreden. Was danach geschieht, das ist Sache von Vorstand und Verwaltungsrat des Klinikums.

Damit wird ein jahrzehntelanger Wunsch der Kreisverwaltung Wirklichkeit, die sich auch schon unter früheren Landräten daran gestört hatte, dass Interna des Großkonzerns Klinikum in der Öffentlichkeit diskutiert werden, während andere Häuser wie Privatunternehmen geführt werden.

Ein Versuch, das Klinikum in eine GmbH umzuwandeln, war in den 90er Jahren knapp gescheitert, seitdem galt eine Privatisierung des Krankenhausbetriebs lange als letzter Ausweg. Dem sei nun ein Riegel vorgeschoben, befand die AfD: Das sei, so Sprecher Günter Geng, „eine Entscheidung gegen die immer wieder aufkommenden Gerüchte über eine Privatisierung“.

Zwei Vertreter des Personalrats im Verwaltungsrat

Der mächtige Gesamtpersonalrat, der auch am Dienstag im Sitzungssaal vertreten war, hatte in den vergangenen Wochen noch einige seiner Vorstellungen im Vertragswerk lancieren können. So werden zwei Vertreter des Gremiums als „ständiger Gast“ im Verwaltungsrat mitreden – wenn auch ohne Stimmrecht.

Dass der Personalrat in der entgegen ersten Plänen nun doch fortgeführten Bau- und Finanzkommissionen zur Umsetzung der Agenda 2030 ebenfalls sitzen wird, gilt als ausgemacht: „Die Verwaltung ist da sehr offen“, so Landrat Frank Scherer, der das Thema noch vor der Sommerpause zum Abschluss bringen will.

Kaum Sorgen machen sich die Kreisräte um die fehlende Beteiligung der Öffentlichkeit bei den Entscheidungen. Lediglich aus der Grünen-Fraktion kam Kritik. „Der Wettbewerb wird sich verändern, wir brauchen Strukturen, die darauf schnell und zielgenau reagieren können“, zeigte sich Grünen-Sprecher Alfred Baum zwar mit der grundlegenden Linie einverstanden. Doch er betonte: „Transparenz ist uns ein wichtiges Anliegen.“ Man könne Mitarbeiter und Öffentlichkeit bei schwierigen Themen besser mitnehmen, wenn man die Gründe von Anfang an offenlegt.

Maren Seifert (Grüne) kündigte eine Enthaltung an, „weil wichtige Entscheidungen zur Agenda 2030 hinter verschlossenen Türen getroffen werden“. Dies treffe, so Landrat Frank Scherer, aber nicht zu. Grundlegende Weichenstellungen zur Klinikreform lägen nach wie vor beim Kreistag, nur eben nicht die operative Umsetzung.

Satzung für Ortenau Klinikum wurde an mehreren Stellen nachgeschärft

In den vergangenen Wochen hatte die Verwaltung eine „Anstaltssatzung“ ausgearbeitet, die auf zwölf Seiten die Zuständigkeiten regelt. Dabei wurde an mehreren Stellen nachgeschärft, zum Beispiel mit der Festlegung, dass der Kreistag entscheidet, wer Vorsitzender des Vorstands wird. Dieses Gremium setzt sich aus einem kaufmännischen, einem medizinischen und einem pflegerischen Mitglied zusammen.

Die Mitarbeiter haben keine Nachteile zu befürchten.
Frank Scherer, Landrat

Ein zentrales Thema war die Auswirkung der Reform auf das Personal. „Die Mitarbeiter haben keine Nachteile zu befürchten“, so der Landrat, im Gegenteil. Zum Paket wird vermutlich auch eine fünfjährige Kündigungsschutzklausel gelten.

Am Ende gab es vor allem Lob. „Es ist jetzt klargeworden, dass das anfangs von vielen skeptisch gesehene Vertragswerk vernünftig ist und uns weiterbringt“, sagt Jens-Uwe Folkens (SPD). Er muss es wissen, war er doch lange Chefarzt am Klinikum. Auch Eberhard von Hodenberg (FDP), bis zur Pensionierung leitender Arzt am Lahrer Herzzentrum, lobte den neuen Weg. Er erwarte „kürzere Wege, schnellere Entscheidungen“.

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