Die Lage ist derzeit sowieso nicht rosig für diejenigen Handwerker in der Region, die angesichts der Corona-Verordnung auf Null herunterfahren mussten oder zumindest kaum noch etwas dürfen.
Schleppende Auszahlung von Corona-Hilfen, teilweise fehlende Abstimmung zwischen Verordnungen und Förderprogrammen, dazu eine Berechnung auf Monatsbasis, die die sich oft täglich ändernde Gesamtsituation gar nicht abzubilden vermag, machen die Situation nicht einfacher. Es trifft etwa jeden dritten der gut 15.000 Betriebe im Zuständigkeitsbereich der Handwerkskammer Freiburg: Denn diese konnten bislang keine staatlichen Hilfen in Anspruch nehmen, obwohl sie dramatische Umsatzeinbußen verzeichnen.
Handwerkskammer ist alarmiert
Die Kammer ist deshalb alarmiert. „Viele Betriebe sind erst einmal durch das Raster gefallen. Die haben teilweise bis heute noch kein Geld“, sagt Handirk von Ungern-Sternberg.
Die Friseure und die Kosmetiker gehören zu den Sparten, die vom nunmehr zweiten Lockdown erneut hart betroffen seien, der Geschäftsbereichsleiter Beratungsdienste der Handwerkskammer Freiburg. Rein zahlenmäßig ausgedrückt sind es etwa 1.300 Friseure und 1.200 Kosmetiker, so die Statistik der Handwerkskammer.
Doch auch der Kraftfahrzeug-Handel sowie Gold- und Silberschmiede erleben momentan schwere Zeiten. Die Bandbreite der indirekt betroffenen Gewerke ist deutlich größer: So betrifft etwa die Schließung von Gaststätten und Hotels die Lebensmittelgewerke sowie die Textil- und Gebäudereiniger sehr stark. Vergleichbares gilt für alle Gewerke rund um Messen, Ausstellungen und Veranstaltungen. Ebenso betroffen sind handwerkliche Zulieferer, zum Beispiel in der Feinwerktechnik.
Viele Betriebe warten bis heute auf ihr GeldHandirk von Ungern-Sternberg, Leiter Beratungsdienste
Es ist inzwischen fast ein bisschen wie beim berühmten Rennen zwischen Hase und Igel. Und genau das macht auch den Betrieben zu schaffen. Kaum ist eine Corona-Verordnung da, folgt schon eine Veränderung. „Teilweise müssen sich unsere Berater jeden Morgen erst einmal zwei Stunden einlesen“, so von Ungern-Sternberg mit Blick auf den steten Wandel im Statuten-Dschungel.
Und wenn am Wochenende in Stuttgart einen Änderung beschlossen wird, „glühen die Drähte“, will heißen die Handwerksbetriebe melden sich mit drängendsten Fragen nach den neuesten Einschränkungen oder danach, was erlaubt ist. „Wir haben eine sehr starke Resonanz auf unser Beratungsangebot“, sagt von Ungern-Sternberg, die Kammer habe seit geraumer Zeit auch eine extra Hotline.
Kammerpräsident fordert Umstellung auf Wochenbilanz
Um Insolvenzen zu vermeiden, sei es daher unbedingt notwendig, dass diese Betriebe die Überbrückungshilfe III in Anspruch nehmen können. „Der Hinderungsgrund darf dabei nicht sein, dass die Berechnung der Hilfen nur auf Monatsbasis möglich ist. Das bildet nicht die Realität ab, unsere Betriebe berichten uns von teilweise wöchentlich starken Schwankungen. Daher fordern wir die Umstellung von einer monatlichen auf eine wöchentliche Betrachtungsweise“, wird Kammerpräsident , Johannes Ullrich in einer Pressemitteilung zitiert. Indes sieht von Ungern-Sternberg bei der Politik durchaus den Willen, bei erkannten Problemen nachzujustieren. Doch das mache es eben für die Berater nicht gerade einfach, immer auf dem aktuellen Stand zu sein.
Wie es weitergeht, wie viele Insolvenzen im Lauf der nächsten Zeit drohen, sei schwer zu sagen. Als es in den ersten Lockdown ging, kamen die Betriebe aus einer Hochkonjunktur-Zeit. „Da hatten viele Reserven.“ Das sehe jetzt anders aus. Dennoch sei es schwer abzuschätzen, wie das Pendel ausschlage.