
Eine 58-jährige Grundschullehrerin aus einem Offenburger Stadtteil muss sich vor dem Amtsgericht verantworten. Staatsanwalt Dominik Nassal wirft der Pädagogin in vier Anklagepunkten gefährliche Körperverletzung im Amt vor.
Die Pädagogin soll unter anderem ihre Schützlinge an den Ohren oder Haaren gezogen haben. Der erste Anklagepunkt liegt sieben Jahre zurück und betrifft einen damals siebenjährigen Jungen. Den soll die Beschuldigte mit einem Stift beworfen haben.
Auch eine leere PET-Flasche soll sie in Richtung des Jungen geworfen haben. Die drei weiteren Anklagepunkte betrafen Vorfälle mit Jungen, die sich vor allem in der Corona-Zeit ereignet haben sollen.
Ohrenzupfen als Kontaktaufnahme
Die Beschuldigte, selbst Mutter von drei erwachsenen Kindern, trug ein umfangreiches Statement vor. Bei den meisten Fällen handele es sich um Kinder, die in der Klasse wiederholt den Unterricht störten, sagte sie.
Es sei richtig, dass sie in bestimmten Situationen einen Störenfried „an den Ohren zupft“. Für sie sei dies eher „Kontaktaufnahme“ mit dem Kind und keinesfalls „eine Maßnahme, um ein Kind mit Schmerzen zu bestrafen“, so die Pädagogin.
Sie berühre mit den Fingern die Ohren und lasse schnell wieder davon ab. Unverständlich sie selber sei, dass es in zwei der vier Fälle ein klärendes Gespräch mit den Eltern gegeben habe. Die Anklage habe sie jedenfalls überrascht, sagte sie.
13 Zeugen vor dem Amtsgericht
Zum Prozess waren 13 Zeugen geladen, darunter die betroffenen Kinder und ihre Mütter. Die Aussagen der Kinder waren nicht öffentlich, „um ihnen die Angst vor viel Publikum in ihrer Anwesenheit zu nehmen“, wie es Richterin Melissa Adiyaman begründete. Von den Eltern wurde Anzeige erstattet.
Die Mütter trugen unterschiedliche Gründe dafür vor. In einem Fall störte es eine Mutter, dass während der Corona-Zeit ihr Kind körperlich angefasst wurde: „Ich lasse mein Kind nicht von fremden Leuten anfassen“. Eine weitere Mutter: „An den Ohren meiner Kinder hat niemand etwas verloren“.
Im Zeugenstand waren auch die Kolleginnen der Angeklagten. Die brachen eine Lanze für die Angeklagte. „Sie sei eine der Stützen unserer Schule, immer ansprechbar und sehr sozial. Sie legten vor Gericht Wert auf eine Rehabilitation.“ Aufgrund der umfangreichen Beweisaufnahme mit 13 Zeugen muss ein neuer Termin zur Fortsetzung anberaumt werden. Dann soll auch das Urteil fallen.