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Suche nach Yves Rausch

Kein Tag wie jeder andere: Oppenau im Zeichen der Großfahndung

Mit gigantischem Aufwand fahndet die Polizei in Oppenau nach einem 31 Jahre alten Mann. Er hat vermutlich vier Polizei-Dienstwaffen bei sich - und gilt angesichts mehrerer Vorstrafen als ausgesprochen gefährlich. Möglicherweise hat er sich im dichten Wald des oberen Renchtals verschanzt.

Ein Hubschrauber der Polizei landet nahe der Gemeinde Oppenau auf einem Sportplatz, welcher der Polizei als Sammelpunkt dient.
Ein Hubschrauber der Polizei landet nahe der Gemeinde Oppenau auf einem Sportplatz, welcher der Polizei als Sammelpunkt dient. Foto: Philipp von Ditfurth/dpa

Was bringt einen 31 Jahre alten Mann dazu, sich zunächst ordnungsgemäß bei seiner Heimatgemeinde abzumelden – und dann wenige Kilometer vom Rathaus entfernt im Wald zu hausen? Eine aus einer ganzen Reihe von Fragen in einer konfusen Geschichte, die dem malerischen Oppenau einen der größten Polizeieinsätze in der Geschichte des Ortenaukreises beschert.

Eine andere: Wie schafft es derselbe Mann, vier Polizisten ihre Dienstwaffen wegzunehmen und anschließend wieder spurlos zu verschwinden? Antworten gibt es wohl erst, wenn er gefasst ist.

Szenen fast wie aus „Rambo”

Die Polizei betreibt einen gigantischen Aufwand, um Yves Rauscher festzunehmen. Mehrere hundert Beamte suchen mittlerweile nach ihm, drei Hubschrauber kreisen seit Sonntag über Oppenau und der Kalikutt, wo am Montagnachmittag Zeugen etwas Verdächtiges gesehen haben. Ein vierter Heli steht bereit, um Verletzte schnell ins Klinikums zu fliegen.

Ein Großaufgebot der Polizei sucht den bewaffneten Mann.
Ein Großaufgebot der Polizei sucht den bewaffneten Mann. Foto: Philipp von Ditfurth/dpa

Szenen wie von einem Kriegsschauplatz. Sie erinnern an einen Klassiker der Kinounterhaltung aus den frühen 80ern: Rambo. Die Geschichte vom ehemaligen Elitekämpfer, der sich im Wald verschanzt. „Seit Sonntagmorgen sagt das bei uns jeder“, bemerkt Yannik Hilger, einer der Sprecher des Polizeipräsidiums Offenburg.

Doch in Oppenau ist nichts wie Kino an diesem Montag: Der Polizei ist es todernst, sie warnt die Menschen, nicht aus dem Haus zu gehen. Niemand kann abschätzen, wie gefährlich der Gesuchte ist. Die Beamten sind auf Eigensicherung bedacht, kein Beamter geht ohne kugelsichere Weste - auch der Pressesprecher nicht.

Bei Oppenau bietet der Schwarzwald viele Verstecke

Zehn Kilometer hinter Oberkirch wird das Renchtal enger, dichte Wälder klammern sich bei Oppenau an steile Bergflanken, das dunkle Grün satter Natur ist überall. Wer den Blick über die Hänge schweifen lässt, der weiß: Wer sich hier versteckt, der wird nicht so schnell gefunden.

Die Polizei ist mit einem Riesenaufgebot angerückt um das Gegenteil zu beweisen: „Mehrere hundert Beamte“ seien inzwischen vor Ort, sagt Hilger, darunter auch Spezialkräfte des Sondereinsatzkommandos, so unauffällig, dass nun wirklich keiner sie übersehen kann, wenn sie in ihren dunkelbraunen VW-Transportern durch die weiß-blaue Armada von Polizei-Dienstfahrzeugen pflügen, die sich knapp hinter Ramsbach auf dem Oppenauer Sportplatz aufgereiht haben.

In zwei Stunden sind sie von hier in Allerheiligen
Uwe Gaiser, Bürgermeister von Oppenau

Die Beamten werden regelmäßig ausgetauscht, der Einsatz ist anstrengend an den steilen Hängen rund um Oppenau. Den ganzen Montag über rollen immer weitere Fahrzeuge mit Polizisten aus ganz Baden-Württemberg an. Drei Helikopter sollen in dem unwegsamen Gelände helfen, Yves Rausch aufzustöbern.

Das Freibad ist dicht, die Leute sitzen im Café

Ob er überhaupt noch in der Gegend ist? Oder gar schon im Ausland? Letztlich müssen die Polizisten sich auf ihr Gefühl verlassen. Rausch könnte auch über alle Berge sein. „In zwei Stunden sind Sie von hier in Allerheiligen“, sagt Bürgermeister Uwe Gaiser und zeichnet mit dem Finger den Verlauf des Lierbachtals in die Luft. Botschaft: Ein versierter Wanderer kann hier leicht überall hin verschwinden.

Wer ist Yves Rausch? Diese Frage beschäftigt vor allem die Journalisten, die am Montag begierig nach jedem Informationshäppchen schnappen. Auch Gerüchte sind willkommen. Die Oppenauer haben aber andere Sorgen: „Schon wieder die Schule zu, jetzt war sie gerade einmal eine Woche offen“, sagt eine junge Frau im Blick auf den eben beendeten Corona-Lockdown. Auch die Dame, die am Freibad gerade den Aufkleber „heute geschlossen“ zurechtrückt, wirkt nicht eben glücklich. Ob es morgen wieder aufmacht? „Mal sehen“ lautet die gemurmelte Antwort. Oppenau lebt mit der Bedrohung, vor der die Polizei eindringlich gewarnt hat, doch man setzt sich dennoch ins Café.

Yves Rausch verletzte seine Ex per Armbrust

Der 31-Jährige Mann, der vier Polizisten entwaffnen konnte, ist keinesfalls harmlos, wie Recherchen dieser Zeitung ergeben haben. 2010 eine Jugendstrafe wegen gefährlicher Körperverletzung, damals noch in Pforzheim, 2017 und 2019 dann Geld- und Bewährungsstrafe wegen Waffenbesitzes vor dem Oberkircher Amtsgericht. Eine Karriere, die nun einen unrühmlichen Höhepunkt erreicht hat.

Vor allem die Tat 2010 war massiv, der Täter hatte eine Frau mit einer Armbrust lebensgefährlich verletzt, dann aber den Notarzt gerufen und ihr so wohl das Leben gerettet. Das sagt Bernhard Ebinger, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Pforzheim, ohne freilich den Namen des jetzt flüchtigen Mannes ausdrücklich zu bestätigen.

Die eindringliche Warnung der Polizei gilt weiter. Bis der Mann gefasst ist und die vier Dienstwaffen der überrumpelten Beamten wieder auftauchen.



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