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Tipps von der Trekkingexpertin

Untertauchen im Schwarzwald ist schwer: „Die nächste Siedlung ist nie weit weg”

Fast eine Woche lang hat die Polizei im Schwarzwald nach einem Flüchtigen gesucht. Verstecken im Wald ist laut Trekking-Expertin Lilli Wahli vom Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord aber gar nicht so leicht.

Lilli Wahli Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord Trekking Projektmanagerin
Outdoorspezialistin beim Naturpark Schwarzwal Lilli Wahli. Foto: Jochen Denker

Der Schwarzwald ist nicht die Rocky Mountains und wer zum Wandern dort unterwegs ist, erlebt selten das Gefühl absoluter Einsamkeit. Trotzdem hat die Polizei mehrere Tagen lang nach einem bei Oppenau verschwundenen und vermutlich im Schwarzwald untergetauchten Mann gesucht.

Aber ist es wirklich so leicht, sich in einem deutschen Mittelgebirge zu verstecken? Und was bedeutet diese tagelange Suche für einen Wanderer, der sich vielleicht unabsichtlich verläuft?

Die Sportwissenschaftlerin Lilli Wahli kennt die Wanderwege im Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord wie ihre Westentasche. Sie arbeitet beim Verein Naturpark und leitet dort das Trekking Projekt. Die 28-Jährige hat schon viele Wander- und etliche Radtouren begleitet. Ihre Kenntnisse in Erster Hilfe hat die junge Frau dabei zum Glück noch nie gebraucht. Aber für den Fall der Fälle wäre sie gerüstet.

Wie gut könnte man sich im Schwarzwald verstecken? Gibt es wirklich noch Stellen, die so abgeschieden sind, dass man einen Menschen nicht finden kann?
Lilli Wahli

Der Schwarzwald ist nicht nur Deutschlands höchstes, sondern auch größtes Mittelgebirge – mit einem hohen Waldanteil vor allem im nördlichen und mittleren Schwarzwald. Hier gibt es Gemeinden mit knapp 90 Prozent Waldfläche. Allein durch die Größe und die landschaftliche Beschaffenheit des Gebiets gibt es natürlich Orte, wo man einen Wanderer nur schwer finden würde. Trotzdem ist die nächste Straße, der nächste Forstweg, die nächste Siedlung nie weit weg. Querwaldein sollte aber niemand so einfach laufen, aus Naturschutz- und auch aus Gründen der eigenen Sicherheit.

Nehmen wir an, ein Wanderer würde aus irgendeinem Grund in eine Notsituation geraten. Das Handy funktioniert nicht – was tun?
Lilli Wahli

Das ist eine wichtige Frage, die sich jeder Wanderer stellen sollte. Was tue ich, wenn ich mitten im Wald Hilfe brauche? Ganz klar gilt hier: Gute Vorbereitung ist das A und O. Das Handy oder Smartphone sollte aufgeladen sein, und man sollte wissen, dass man im Schwarzwald nicht immer Empfang hat. Ist dies der Fall, hilft es meistens, sich eine höhere Position zu suchen. Außerdem gibt es im gesamten Schwarzwald Rettungspunkte – zum Beispiel die rund 15.000 Wegweiser des Schwarzwaldvereins. Inzwischen gibt es auch spezielle Apps, die zeigen, wo Rettungspunkte vorhanden sind. Funktioniert das Mobiltelefon gar nicht, sollte man andere Wanderer ansprechen. In jedem Fall muss zuhause immer jemand wissen, dass man eine Tour geplant hatte und welche Route man einschlagen wollte.

Wenn die Wasservorräte zur Neige gehen. Wo würde man Wasser finden?
Lilli Wahli

Die Bäche führen kein Trinkwasser und sind in den Sommermonaten sogar oft ausgetrocknet. Auch die Quellen werden nicht regelmäßig auf ihre Trinkwasserqualität überprüft. Vorsichtshalber sollte man das Wasser abkochen. Wer regelmäßig zu Mehrtagestouren in der Natur unterwegs ist, deckt sich mit Tabletten zur Wasseraufbereitung oder sogar mit einem portablen Wasserfilter ein.

Was könnte man essen?
Lilli Wahli

Das kommt darauf an, wie gut man sich auskennt. Es gibt viele essbare Wildkräuter und Blüten, im Herbst dann Pilze. Aber man sollte sich sehr gut auskennen und vorsichtig sein, denn Verwechslungen können schlimme Folgen haben. Zur Zeit wachsen gerade Heidelbeeren, auch das Obst auf den Streuobstwiesen wird langsam reif. Ein paar Tage hält man so durch, aber dann knurrt der Magen.

Was sollte ich als Wanderer für den Fall der Fälle immer im Rucksack haben?
Lilli Wahli

Eine Expeditionsausrüstung ist im Schwarzwald wohl überflüssig, aber ein paar Dinge sollte man dennoch immer dabei haben: Mobiltelefon, Taschenmesser, Wanderkarte, Ausweis, persönliche Medikamente, ein kleines Erste-Hilfe-Set, eine Zeckenzange, Verpflegung und Wasser. Festes Schuhwerk und passende Kleidung gehören zu einer guten Vorbereitung dazu. Das ist nicht immer selbstverständlich. Auch auf dem Karlsruher Grat sind mir schon Wanderer in Flip-Flops begegnet.

Und wer plötzlich ohne Rucksack da steht ...
Lilli Wahli

Der sollte Wanderkarte, Taschenmesser, Ausweis und Mobiltelefon immer in der Hosentasche bei sich haben.

Die Nacht kommt und in der Dunkelheit wird es unheimlich. Haben Sie einen Tipp?
Lilli Wahli

Man sollte auf jeden Fall ruhig bleiben und erst einmal seine Situation analysieren. Finde ich meinen Standpunkt auf der Wanderkarte? Wo ist der nächste Hauptweg oder ein markanter Punkt? Angst ist immer ein schlechter Ratgeber.



Zur Person

Die 28-Jährige Karlsruherin Lilli Wahli hat in Karlsruhe und Köln Sport studiert. Seit 2017 ist sie beim Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord vor allem für sporttouristische Angebote zuständig. Sie hat das Projekt Trekking Schwarzwald begleitet und kennt sich im Wald bestens aus.



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