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Aussagen widersprechen sich

Inzest-Prozess in der Ortenau zieht sich: Vater soll 16-jährige Tochter vergewaltigt haben

Dass ein Vater einer südlichen Kreisgemeinde der Ortenau mit seiner 16-jährigen Tochter geschlafen hat, scheint klar. Aber war es eine Vergewaltigung oder stimmt die Tochter dem Beischlaf zu?

Der Eingang des Amts- und Landgerichts.
Vorwurf der Vergewaltigung: Im Fortsetzungsprozess um einen Inzest vor der Großen Strafkammer des Landgerichtes Offenburg steht Aussage gegen Aussage. Foto: Steffen Schmidt/dpa

In der Fortsetzung um einen Inzest in einer südlichen Kreisgemeinde geht es in die nächste Runde. Der Prozess entwickelt sich zunehmend zu einem „Mammutverfahren“.

Die Große Strafkammer des Landgerichtes Offenburg hat in einer aufwendigen Beweisaufnahme der Frage nachzugehen, inwieweit der Vorwurf einer Vergewaltigung zutrifft, wie es die Geschädigte und leibliche Tochter des Angeklagten behauptet, oder ob es sich um Beischlaf mit einem leiblichen Abkömmling handelt, wie es der 38-jährige Handwerksmeister und Familienvater gesteht.

Neben den Aussagen mehrerer Zeugen sollen die Gutachten eines Psychiaters und einer Psychologin Licht in das Dunkel bringen.

Vater hat Sorgerecht für die Tochter

Der Angeklagte, der geschieden ist, dem aber das Sorgerecht für seine 16-jährige Tochter übertragen wurde, soll an zwei aufeinanderfolgenden Tagen in Alkohollaune Geschlechtsverkehr unter Zwang ausgeübt zu haben.

Zeugen berichteten, dass sich die beiden zunehmend nähergekommen seien und gelegentlich „Liebeleien“ untereinander ausgetauscht hätten, bis es im Oktober 2018 zum Intimverkehr gekommen sei.

Während der Vorfall in der ersten Nacht innerhalb der mehrköpfigen Familie des Angeklagten sich unbemerkt abgespielt hatte und die Geschädigte auch keinerlei Anzeichen eines Übergriffes erkennen ließ, eskalierte der Fall nach der zweiten Tatnacht.

Der frühere Freund der Geschädigten, mit der er ein Kind hat, sprach von einem normalen Vater-Tochter-Verhältnis zum damaligen Zeitpunkt. Die Mutter des Freundes, ebenfalls Zeugin, berichtete, dass sie als erste nach der Tatnacht von der Geschädigten über den Vorfall informiert wurde, diese aber nicht von einer Vergewaltigung sprach.

Mutter brachte den Fall zur Anklage

Das Wort „Vergewaltigung“ wurde im Nachgang bei der Anzeige durch die leibliche Mutter erstmals ausgesprochen. Diese brachte den Vorfall, zusammen mit ihrem Mann, zur Anzeige.

Der Verteidiger des Angeklagten, Dubravko Mandic, sieht den Tatvorwurf der Vergewaltigung unter keinen Umständen gegeben. Er spricht zwar von moralisch verwerflichem Beischlaf mit einem leiblichen Abkömmling, nicht aber von einer Vergewaltigung.

Der Strafrahmen bei einem Beischlaf liege bei einer Haftstrafe bis zu drei Jahren, mildernd auch als Bewährungsstrafe möglich, oder bei einer Geldstrafe. Bei einer Vergewaltigung liege das Strafmaß zwischen mindestens zwei bis 15 Jahren Haft.

Der Verteidiger brachte eine Borderline Störung der Geschädigten als Auslöser der spontanen Anzeige ins Spiel. Kann nun eine solche emotional instabile Persönlichkeitsstörung vorgelegen haben, und Auslöser einer falschen Verdächtigung zu einer Vergewaltigung des leiblichen Vaters an seiner 16-jährigen Tochter gewesen sein?

Hatte die Tochter psychische Probleme?

Dieser Frage ging Frank Stefan Müller, Facharzt für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie, in seinem Gutachten nach. Er kam zum Ergebnis, dass bei der Geschädigten zum Tatzeitpunkt keine Persönlichkeits- oder Borderline Störung vorlag, auch keine „schizophrene Psychose“, sondern mehr, dass die Heranwachsende mit „pubertären Abgrenzungskonflikten“ behaftet gewesen sei.

Als plausiblen Beweis führte er die Rückführung zu einer Normalisierung im Status Quo an. Bei einer Borderline Störung wäre das ohne Therapie nicht eingetreten. Die Geschädigte litt unter mehreren psychisch bedingten Erscheinungen, sowohl vor wie auch nach den Vorfällen.

Der Facharzt spricht von dem Verdacht einer posttraumatischen Störung mit Schlafproblemen, Angstzuständen, Alkohol- und Drogenkonsum und Integrationsproblemen. In das Bild passe auch der Hang zu selbstverletzendem Verhalten nach den Vorfällen der Geschädigten.

Verteidiger Mandic widersprach und erkannte aus dem Gutachten einige Zusammenhänge in ihrem Verhalten, die auf eine Bordeline Störung hindeuten.

Glaubwürdigkeit der Tochter wird geprüft

Auch gebe es erhebliche Widersprüche in den Angaben der Geschädigten beim Psychiater, zu denen vor den polizeilichen Vernehmungen und denen vor Gericht, so der Anwalt. Während sie im Vorfeld selbst schon von Sympathien gegenüber ihrem Vater berichtete, sprach sie beim Psychiater von „einem ekeligen und ungepflegten Eindruck“, ihres „Erzeugers“, wie sie ihn nannte.

Im weiteren Verfahren wird nun das Gutachten der Psychologin zur Glaubwürdigkeit der Aussagen des Mädchens gehört. Ein Urteil wird nicht vor Juni 2021 erwartet.

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