Schüler und Schulen vor Amokgefahr und Gewalt schützen: Der Ortenaukreis will ein Konzept für Sprachalarmierung und Sichtschutz entwickeln, spezielle Türknaufe nachrüsten und weitere kreiseigene Schulgebäude mit einem einheitlichen Orientierungssystem (EOS) ausstatten.
Dem stimmte der Kultur- und Bildungsausschuss des Kreistags vergangenen Donnerstag zu. Für Sicherheitsmaßnahmen an Schulen stehen im Doppelhaushalt 2019/20 laut Verwaltung rund 1,5 Millionen Euro bereit.
Der Amoklauf von Winnenden im Jahr 2009 wird den meisten noch gut im Gedächtnis sein. Damals tötete ein früherer Schüler der dortigen Realschule 15 Menschen. „Sicherheit an Schulen ist ein wichtiges Dauerthema“, sagte Bernhard Kohler, Leiter des Amts für Schule und Kultur im Landratsamt vor dem Ausschuss.
Einheitliches Orientierungssystem
Neben Prävention und Schulorganisation gebe es auch bautechnische Möglichkeiten, ungestörtes und angstfreies Lernen für alle zu schaffen.
Nach Beratung durch die Polizei will der Kreis nun verschiedene Aspekte weiter vorantreiben und Gebäude technisch nachrüsten. Ein einheitliches Orientierungssystem zum Beispiel könne im Notfall die Arbeit von Polizei und Rettungskräften erleichtern. Das EOS beinhalte die farbliche und numerische Kennzeichnung alle Gebäudeteile und Räume.
Eingänge, Flure und Treppenhäuser sollen darüber hinaus mit Lagehinweisen ausgestattet werden, damit ihr Standort exakt bestimmt werden kann. An einigen kreiseigenen Schulen gibt es das EOS bereits, für die Ausrüstung weiterer rechnet die Verwaltung mit voraussichtlich rund 50.000 Euro.
Hohe Priorität haben so genannte Anti-Amok-Knaufzylinder
Hohe Priorität habe auch das Nachrüsten so genannter Anti-Amok-Knaufzylinder, die es allen Personen im Raum ermöglicht, bei Gefahr die Tür auch ohne Schüssel von innen zu verschließen. So könne verhindert werden, dass ein Täter in das Klassenzimmer eindringt.
Von außen können berechtigte Personen die Knauffunktion jederzeit aufheben. Hierfür sind laut Kreisverwaltung Kosten in Höhe von rund 84.000 Euro für die Beruflichen Schulen und die Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren zu erwarten.
Bei der Alarmierung im Amok-Notfall rät die Polizei zu Klartext-Durchsagen in Verbindung mit Verhaltensregeln. Rein akustische Signale würden die Gefahr bergen, dass Schüler aus dem Klassenzimmer stürmen und Ziel des Täters werden. Mehr Sicherheit verspreche auch ein Sichtschutz an Aufenthalts- und Klassenzimmern, damit mögliche Täter nicht erkennen, ob sich dort jemand aufhält.
Aufwand für Sprachalarmierung auf rund 2,5 Millionen Euro geschätzt
In welcher Form Sprachalarmierung und Sichtschutz installiert werden können, sei jedoch für jede Schule individuell einzeln zu betrachten, da die vorhandene Haustechnik nicht überall einheitlich ist. Bis zur nächsten Sitzung des Kultur- und Bildungsausschusses im März 2021 will die Kreisverwaltung hierzu ein Konzept vorlegen und mögliche Kosten erarbeiten. Aktuell werde der Aufwand für die Sprachalarmierung auf rund 2,5 Millionen Euro geschätzt, für den Sichtschutz rechnet man mir rund 950.000 Euro.
„Als Schulträger sind wir gefordert“, sagte Hans-Jürgen Decker (CDU). Es sei jedoch ein gesellschaftliches Armutszeugnis, dass die Gewalt überhaupt existiert. „Das stimmt sehr nachdenklich“, sagte er. Warum es erst jetzt ein Konzept gibt, wollte Willi Keller (SPD) wissen. „Was ist mit Prävention? Man muss Gewalt doch verhindern“, sagte er.
Das Thema sei auch schon in der Vergangenheit im KBA gewesen, erklärte Bernhard Kohler. Es gebe viele Angebote zur Prävention. „Dies ist aber eher Aufgabe der Schule als des Trägers“, meinte er. Heinz Rith (CDU) schlug vor, einen Überblick über Campus-Anlagen zu erstellen und bei den Schulen abzufragen, inwieweit sie bestimmte Dinge schon umsetzen.