Nachdem der Bund im Herbst seine Gigabit-Förderung für schnelles Internet überraschend vorzeitig eingestellt hatte, präsentierte das Bundesministerium für Digitales und Verkehr kürzlich ein Eckpunktepapier, um den Ausbau von Glasfasernetzen in unwirtschaftlichen Regionen mit neuen Investitionsmittel wieder zu fördern.
In Ottenhöfen stößt dieser Schlingerkurs auf großes Stirnrunzeln und sorgt trotz eines positiven Signals für das Mühlendorf für mehr Verdruss als Freude.
Bürgermeister Hans-Jürgen Decker (CDU) interpretierte die neu skizzierten Förderkriterien in der jüngsten Gemeinderatssitzung so, dass sich Ottenhöfen zu jenen Gemeinden in der Ortenau zählen dürfe, die in der neuen Förderphase vorne mit dabei sind: „Wir haben Glück.“
Allerdings werfe die Vorgabe eines erneuten Verfahrens zur Markterkundung die Gemeinde zeitlich weiter zurück. Die Verzögerung tangiert alle unterversorgten Siedlungsbereiche, die nicht in den Ortskernen von Ottenhöfen und Furschenbach liegen und für deren Glasfaser-Verkabelung eine Vereinbarung mit der Breitband Ortenau (BOKG) besteht – mit Ausnahme der Tallagen im Süden der Gemarkung.
In der Ottenhöfener Bevölkerung bestehe eine große Erwartungshaltung
Im südlichen Ottenhöfen der „Phase 1“ (Unterwasser, Blöchereck, Gottschläg, Winterbach, Heidenbach) sind die Strippenzieher der BOKG bereits aktiv geworden. Zufrieden ist man aber auch dort nicht. Zwei Jahre nach Vertragsabschluss bei Vodafone und trotz inzwischen verlegter Leerrohre gehe es nicht weiter, schilderte Jan Streibelt (FWG) seinen Frust.
In der Bevölkerung bestehe eine große Erwartungshaltung, doch nichts passiere: „Wir haben nur totes Plastik.“ Was für eine lebendige Leitung fehlt, ist eine Verbindung zum Backbone-Strang über den Berg ins Renchtal nach Lautenbach und das Einblasen der Glasfasern in die Kunststoffrohre. Nach Kenntnis des Bürgermeisters ist die Installation der benötigten POP-Technikzentrale am Hübschberg für April terminiert.
Das bringt uns eine Verzögerung von mindestens einem Jahr.Klaus Kordick, Hauptamtsleiter
Auch unten im Dorf klemmt’s in Sachen Breitband. In den am dichtesten besiedelten Zonen der „Phase 2“ ist das Unternehmen „Unsere Grüne Glasfaser“ (UGG) auf eigenes wirtschaftliches Risiko ohne staatliche Förderung unterwegs, um den Hauseigentümern die Vorteile eines Anschlusses ans Hochgeschwindigkeit-Internet schmackhaft zu machen.
Fatalerweise habe das Unternehmen als Grundlage zur Kunden-Akquise lückenhafte Datensätze eingekauft, wurde am Ratstisch berichtet. Um nachträglich auch die Bewohner an den bislang fehlenden Adressen werben zu können, hat die UGG die Zeichnungsfrist eines Vorteilangebots um zwei Monate bis zum 30. April verlängert.
Möglicherweise muss der Ortskern für Ausbau zweimal aufgerissen werden
Die Vollbremsung bei der Gigabit-Förderung im Oktober, die der Bund mit der Ausschöpfung der Fördermittel begründet hatte, bezeichnete Bürgermeister Decker als „Katastrophe“. Hauptamtsleiter Klaus Kordick führte aus: „Das bringt uns eine Verzögerung von mindestens einem Jahr.“
So sei beabsichtigt gewesen, die Förderanträge für den Ausbaubereich der Breitband Ortenau in „Phase 3“ vergangenen November oder Dezember zu stellen.
Eine Grafik des kommunalen Projektbetreibers, die Decker an die Wand warf, ließ erahnen, wann erst die Digitalisierung unter dem Handicap einer inzwischen schwerfälligen Förderkulisse dort vorankommen dürfte: frühestens 2024 oder 2025.
Unklar auch, ob aufgrund der zeitlichen Verschiebung manche Straße im Ortskern zweimal aufgerissen werden muss – zum Ersten für den Leitungsbau der UGG aus Ismaning, zum Zweiten für den der BOKG. Vorgesehen ist, dass die Bayern in ihrem Bereich Leerrohre für die Ortenauer mitverlegen. Bei einem Frühstart der BOKG-Teilmaßnahme könnte jedoch ein Verlust an Förderung drohen.