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Schwere Vorwürfe

Pflegepersonal am Ortenau-Klinikum spricht von psychischem Druck und Einschüchterung

Bespitzelung, Einschüchterung, psychischer Druck: Organisiert von der Linken Liste Ortenau haben sich Klinik-Mitarbeiter aus Lahr und Offenburg den Frust von der Seele geredet. Was sagt die Klinik-Leitung?

Zwei Pflegerinnen gehen i an dem Schriftzug «Intensiv» vorbei.
Neue Rechtsform für das Ortenau Klinikum: 5900 Mitarbeiter hängen am größten Arbeitgeber im Kreis. Er wird künftig aktiv erklären müssen, warum er was macht. Foto: Felix Kästle/dpa

Neun Mitarbeiter des Ortenau-Klinikums haben sich den Frust über ihre Arbeitsbedingungen von der Seele geredet. Das Treffen organisierte die Linke Liste Ortenau. Die Mitarbeiter waren junge und ältere Krankenpfleger aus Lahr und Offenburg.

Sie arbeiten in der Stations-, und Intensivpflege sowie im Bereich Psychosomatik. Auch eine Schreibkraft war mit dabei. Die Arbeitsatmosphäre ist nach Angaben der Mitarbeiter von psychischem Druck und Einschüchterung geprägt. Der Arbeitsalltag sei wenig planbar, Zeitdruck ein ständiger Begleiter. Dazu komme ein von der Leitungsebene unterstütztes, unsolidarischem Verhalten unter den Kollegen. Aus diesen Gründen wollen alle anonym bleiben.

Den zum Teil hoch emotional vorgetragenen Vorwürfen stellt sich die Führungsriege des Klinikums Ortenau mit Nachdruck entgegen. In einem langen Pressegespräch nahmen Geschäftsführer Christian Keller, der medizinische Direktor Peter Kraemer, der leitende Pflegedirektor Rick Pieger und Personalchef Constantin Schmidt Stellung.

Grundtenor: Natürlich gebe es berechtigte Kritik, aber eben auch Wege, die im Unternehmen vorzubringen, und zwar, ohne dass deswegen Repressalien zu befürchten wären. Und ja, im letzten Jahr sei die Belastung für alle hoch gewesen und nicht alles so gelaufen, wie es sollte. Den Generalvorwurf, dass das Ortenau Klinikum nur noch dem Ziel der Gewinnmaximierung verschrieben sei, wiesen sie entschieden zurück.

Trotz Personalknappheit weiterer Personalabbau?

Die Mitarbeiter werfen der Leitung Fehlplanung beim Personal vor. Obwohl die Arbeit kaum zu schaffen sei, solle weiter Personal abgebaut werden. Personalknappheit gebe es, durchaus auch kurzfristig, gibt die Klinikleitung zu, man versuche das aber durch gegenseitige Unterstützung der Stationen aufzufangen.

Zudem haben die Pflegedienstleitungen und die Personalabteilung nach Angaben der Mitarbeiter kein Interesse daran, Personal weiterzubilden. Das Klinikum sei aus einem Online-Lernportal, das von Ärzten wie Pflegepersonal zur Weiterbildung genutzt wurde, aus Geldgründen ausgestiegen. Dagegen verweist die Leitung auf eine eigene Weiterbildungsakademie und auf zusätzliche Angebote der „Thieme Nursing Education“, auf die die Mitarbeitenden zugriff hätten.

Pflegekräfte würden zudem so „flexibel“ eingesetzt, dass sie fachfremd und ohne Einarbeitung tage- oder wochenweise in andere Abteilungen arbeiten müssten, klagen die Mitarbeiter. Es gebe zu dem zu wenige Pflegeanleiter und keine zeitliche oder finanzielle Vergütung für diese Sonderaufgabe. Die Klinikleitung verweist darauf, dass die im Zuge der generalisierten Pflegeausbildung standardisierte Quote von Pflegeanleitern auf jeden Fall erfüllt sei und das Klinikum die Kosten übernehme.

Pfleger sprechen von Überwachung und Bespitzelung

Schlechte Stimmung in den Teams sei von oben gewollt, damit sich kein Gemeinschaftsgefühl bilde, meinen die Mitarbeiter. Jeder arbeite nur vor sich hin. Der gemeinschaftliche Impuls zum Pandemie-Beginn sei rasch verfolgen. Es gebe ein System der Überwachung, gegenseitiges Bespitzeln und Verpetzen sei üblich, die Klinikleitung überwache die privaten Social-Media-Aktivitäten ihrer Mitarbeiter. Für Überwachung hätte niemand Zeit, betonen die Klinikvertreter, aber es könne sein, dass eine Stationsleitung einen Mitarbeiter auf öffentliche Äußerungen anspreche.

Wegen Abteilungs-Schließunügen und der Verschiebung nicht akuter OPs wegen der Corona-Pandemie seien viele Mitarbeiter im vergangenen Frühjahr nach Hause geschickt worden. Dies sei Bereitschaftszeit gewesen, viele hätten eine hohe Anzahl an Minusstunden aufgebaut. Das Versprechen der Klinikleitung, dieses Problem pragmatisch zu lösen, sei nicht eingelöst worden. Personalchef Schmidt hält das Problem für so gut wie gelöst, dennoch rechnet er mit Klagen Einzelner gegen das Prozedere.

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