So kann man um das neu gebaute Nest in den alten Kastanienbäumen des neu sanierten Gasthauses Sternen in Freistetts Hauptstraße schon mehrere Tage heftige Kampfszenen zwischen bis zu vier Störchen beobachten: Ein Storchenpaar hat hier ein neues Nest gebaut und wollte bereits mit der Paarung beginnen, da landeten plötzlich Fremdstörche auf dem Dach des Wohnhauses.
Sie umkreisten das Nest zunächst im gebührenden Abstand und attackierten dann die Horstbesitzer. Diese versuchten zunächst die Eindringlinge durch bloße Drohgebärden zu vertreiben. Sie klapperten erregt mit den Schnäbeln, warfen ihre Köpfe in den Nacken und pumpten kräftig mit den Flügeln.
Doch dann kam es zum regelrechten Nahkampf. Die Streithähne stemmten sich gegeneinander und hackten mit zunehmender Aggression aufeinander ein.
Die Kämpfe sind richtig hart und haben häufiger auch ein tödliches Ende.Gerald Mercier, Storchenvater beim Kehler Naturschutzbund
„Das sieht nicht nur gefährlich aus“, erklärte der Storchenvater des Kehler Naturschutzbunds, Gerald Mercier, der auch die zahlreichen Rheinauer Horste betreut. „Die Kämpfe sind richtig hart und haben häufiger auch ein tödliches Ende.“
Störche brechen sich durch die unnachgiebigen Zusammenstöße ihre Flügel, sterben an den spitzen Schnabelhieben oder klatschen durch die immer unkontrollierten Angriffe gegen Wände.
„Meist sind das drei bis vierjährige Weibchen, die sich im Kämpfen üben wollen, aber auch horstlose Paare“, so Mercier. „So zog vergangenes Jahr das Honauer Storchenpaar nach Leutesheim und eroberte dort ein bereits bewohntes Nest.“ Weil die Honauer Kirche renoviert wurde, wurde ihnen zwar ein Ersatznest auf dem Rathaus gerichtet, doch das wurde von ihnen nicht angenommen.
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Fremde Jungstörche werden mit einem Schnabelhieb getötet
„Meist halten sich die Storchenpaare 20 bis 30 Jahre die Treue und beziehen immer wieder gemeinsam dasselbe Nest“, erzählte Mercier. „Kommt es aber zum Nestkampf, bekommt die Gewinnerin das Nest. Wenn sie noch keinen Partner hat, bekommt sie das Männchen als Zugabe dazu.“ Vorhandene Jungtiere werden mit einem Schnabelhieb getötet und Eier aus dem Nest geschubst.
Wie die Verhältnisse in Freistett sind, weiß Mercier derzeit noch nicht. Noch ist er Ort für Ort damit beschäftigt, die bewohnten Nester aufzunehmen, mit einem Fernrohr die Nummern der Störche zu erfassen und mit alten Listen abzugleichen.
„In Freistett wurde nicht nur der für den gefallenen Schornstein im Boschareal neu gestellte Horstbaum angenommen, sondern auch im Kastaniengarten ein neues Nest angelegt – eigentlich ein recht unattraktiver Platz da viel zu niedrig“, weiß er. „Nester werden normal in einer Höhe von zehn bis zwölf Metern angelegt, damit die Störche nicht nur einen guten Überblick haben, sondern sich auch aus dem Nest durch den Luftauftrieb tragen lassen können.“
Im Hanauerland gibt es so viele Störche wie noch nie zuvor
Vor rund 30 Jahren waren die Störche im Hanauerland fast ausgestorben. 1981 gab es nur noch in Willstätt ein Brutpaar. Man startete Hilfsprogramme. Heute gibt es so viele Störche wie nie zuvor.
„Im ehemaligen Landkreis Kehl sind es mehr als 50 Horste, alleine in Rheinau sind es zwölf Horste. Das alte Brauereigelände in Legelshurst teilen sich inzwischen mehrere Storchenpaare“, freut sich der Storchenvater, der die Horste säubert und die Jungstörche beringt.
„Jährlich kommen zehn bis 15 Prozent mehr hinzu. Anscheinend gibt es rund herum genug Futter für neue Storchenpaare.“ Doch er bemerkt auch seit einigen Jahren, dass es immer weniger Junge pro Nest gibt.