Dass die Winzer in den Rebzeilen der hiesigen Weinbergen „Venus-Fallen“ in Form von kleinen braunen Ampullen oder Stäbchen aufhängen, hat ausnahmsweise nichts mit Corona zu tun. Wohl aber mit einem der größten Rebschädlinge aus der Familie der Traubenwickler, der als Einbindiger oder Bekreuzter Traubenwickler in den Rebbergen umher schwirrt und während der Vegetationsphasen der Trauben große Schäden anrichten kann.
Dagegen wehren sich die Winzer von Sasbachwalden, Waldulm, Kappelrodeck und Oberkirch mit einem biotechnischen und umweltfreundlichen Trick.
In den Ampullen und Stäbchen befindet der künstlich hergestellte Sexuallockstoff des Weibchens, der die biologische Duftsprache nach dem Prinzip Anlocken und Auffinden imitiert und für eine gehörige Verwirrung sorgt, um die Paarung und damit die Vermehrung des Schädlings zu verhindern.
Alde Gott Genossenschaft war Pheromon-Vorreiter
„Wir waren eine der ersten Winzergenossenschaften, die mit Pheromon gegen den Traubenwickler arbeiteten“, so Hubert Vierthaler, Vorstandsvorsitzender der Alde Gott Winzer Schwarzwald EG. Die ersten Versuche gehen weit in die 90er Jahre zurück.
Seit Jahren arbeiten auch die Winzer von Kappelrodeck und Oberkirch erfolgreich mit dem Duft, so Franz Männle, Vorstandsvorsitzender der Oberkircher Winzer. Denn das Pheromon hat aus der Sicht der Winzer und deren Kunden einen hohen ökologischen Wert für den naturnahen Weinbau.
Ohne das Pheromon müsste gegen den hartnäckigen Rebschädling und dessen Nachkommen mit Pflanzenschutzmitteln vorgegangen werden.
Klimawandel bringt neue Wein-Schädlinge aus südlichen Lagen nach Baden
Hatten die Winzer anfangs nur den Einbindigen Traubenwickler im Visier, so ist seit einigen Jahren in bestimmten Lagen auch dessen Verwandten namens Bekreuzter Traubenwickler, der früher nur im sonnigen und warmen Süden sein Unwesen trieb.
Aufgrund des Klimawandels wird nach Auskunft von Hubert Vierthaler auch der Bekreuzte Traubenwickler im Weinparadies Baden heimisch, so dass die Winzer reagieren müssen. Das Land Baden-Württemberg fördert finanziell die Ausbringung von Pheromonen, um Pflanzenschutzmittel zu reduzieren beziehungsweise ganz zu vermeiden.
So funktionieren Duft-Fallen gegen Traubenwickler im Weinberg
Die „Venus-Falle“ funktioniert simpel. Der in den Ampullen befindliche Duftstoff imitiert den Geruch eines Weibchens und verwirrt damit die Männchen. Sie können so die Weibchen nicht mehr finden und sich nicht mit ihnen paaren.
Nach dem Ausbringen des Pheromons legt sich eine Duftglocke über die Weinberge. Wenn dann in den lauen Frühlingstagen „Herr Traubenwickler“ voller Tatendrang auf die Suche nach dem Weibchen macht, weht ihm von allen Seiten des Weinbergs der Lockstoff entgegen.
Er fliegt hierhin und dorthin, sucht nach dem Weibchen und muss bei seinen Irrflügen erleben, wie sein ansonsten exakter Duftkompass versagt. Die biotechnische Venus-Falle hat zugeschnappt, die Paarung wurde verhindert und es kommt zu keinen weiteren Generationen.
Denn die gefräßige Nachkommenschaft ist der Grund, weshalb die Winzer dem Traubenwickler so energisch zu Leibe rücken. Die erste Generation eines Jahres sind die Heuwürmer, die an den Rebblüten reichlich Nahrung finden, und später als Motten ihre Eier an den jungen Trauben ablegen.
Aus diesen schlüpft die zweite Generation, die Sauerwürmer, die an den Traubenbeeren knabbern und so Pilzen und Bakterien ein ideales Schlupfloch eröffnen. Wenn sich dazu eine feuchte Witterung einstellt, kann es schnell zu Sauerfäule und somit zu beträchtlichen Ernteverlusten führen. Folgen darauf sehr warme Monate, kann es sein, dass die dritte Generation namens Süßwurm schlüpft und den Trauben zusetzt.