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Dehoga-Kreisvorsitzender kritisiert Umsetzung der Corona-Vorgaben

Hätten bessere Kontrollen den Lockdown der Ortenauer Gastwirtschaft verhindert?

Hat sich die Gastronomie den neuerlichen Corona-Lockdown selbst zuzuschreiben? Diese Erklärung wäre zu einfach, doch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband kritisiert, dass die Behörden nicht eingriffen, wenn Hygienevorgaben lax gehandhabt wurden.

Ein Mann zapft ein Bier.
Stillstand in der Gastronomie: Zahlen jetzt alle Wirte die Zeche für einige Schwarze Schafe, die sich über die Corona-Regeln hinweggesetzt haben? Dehoga-Kreischef Dominic Müller jedenfalls ist frustriert. Foto: Daniel Bockwoldt / dpa

Der am Montag beginnende zweite Corona-Lockdown trifft – wieder einmal – die Gaststätten besonders hart. Haben sie sich das angesichts zahlreicher Verstöße selbst zuzuschreiben? Ein bisschen vielleicht, sagt der Offenburger Kreisvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbands, Dominic Müller. Auch wenn sich die große Mehrzahl der Wirte vorbildlich verhalten habe.

„Einige Kollegen haben uns sicher einen Bärendienst erwiesen, und sich selbst in letzter Konsequenz auch“, sagt Müller, Inhaber des Hotels Ritter in Durbach. Vor allem aber stört sich Müller daran, dass die Behörden nicht richtig hingeschaut haben, wenn gegen die Corona-Vorgaben verstoßen wurde: „Die Dinge müssen überprüft werden und zwar zur Not auch mal samstagnachts in den Etablissements, die im Verdacht stehen, dass sie die Vorgaben nicht wirklich ernst nehmen“. Das aber habe er vermisst.

Kommunen sehr zurückhaltend

Tatsächlich hatte bereits Ende August eine Umfrage dieser Zeitung bei Kommunen den Verdacht genährt, dass hier nicht sonderlich beherzt durchgegriffen wurde. „Grobe und dauerhafte Verstöße sind uns nicht bekannt“, hieß es zum Beispiel aus dem Offenburger Rathaus, aus Achern und Oberkirch kam das Signal, dass man vor allem berate und weniger bestrafe.

Aussagen, die in auffälligem Kontrast zu den Nachrichten aus Kehl standen, wo man mehrfach und nachdrücklich bei Verstößen gegen die Corona-Verordnung eingeschritten war – und dies auch umgehend öffentlich gemacht hatte. Doch auch die Polizei hielt sich weitgehend raus, zuständig seien die Kommunalen Ordnungsämter, hieß es.

Wirte fühlen sich für blöd verkauft

Acht Woche später die Quittung. „Wenn nichts über Kontrollen in den Medien erscheint, dann wird man halt immer lockerer“, beschreibt Ritter-Chef Müller die Haltung in einzelnen Häusern. In einzelnen wohlgemerkt, das Gros der Unternehmen habe sich sehr wohl an die Vorgaben gehalten und sich teilweise geradezu vorbildlich verhalten. Übrigens nicht nur führende Häuser. „Ich habe auch schon in einem Döner-Imbiss in dieser Hinsicht ganz hervorragende Erfahrungen gemacht“, sagt Müller.

Das sei aber leider nicht überall eingefordert worden: „Mancher Kollege hat richtig viel Geld in die Hand genommen, um zum Beispiel eine neue Lüftung einzubauen. Der fühlte sich dann natürlich für blöd verkauft, wenn es einem anderen Wirt völlig egal war und niemand das geahndet hat“.

Wirtschaftskontrolldienst schaut weg

Auch er selbst habe solche Erfahrungen gemacht: „Wir hatten den Wirtschaftskontrolldienst im Hause, der hat sich angeschaut, was er sich sonst auch anschaut. Unser Hygienekonzept aber hat ihn nicht interessiert“. Die Wirte selbst würden so in eine schwierige Position gedrängt, weil sie sich im Zweifel zum Denunziantentum aufgerufen sähen. Das aber gehe gar nicht: „Wir sind Gastronomen und keine Hilfssheriffs“.

Unklar ist, wie es in der Gastronomie weitergeht, auch nach dem vierwöchigen Lockdown. Die meisten Betriebe hätten im dem sehr guten Sommer ein wenig Speck ansetzen können, „doch das hat nicht ausgereicht, die Schließmonate aus dem Frühjahr auszugleichen“. Und nicht alle hätten profitiert – „wer keine Terrasse hatte, der hat in die Röhre geguckt“.

Auf Darlehen folgen Tilgungsraten

Manche Wirte hätten Darlehen aufgenommen, „doch wenn die dann die Tilgungsraten vor Auge haben, wird das eine oder andere Unternehmen definitiv in die Knie gehen“. Einige Kollegen seien wohl auch mit der Situation schlicht überfordert, „die haben noch nie eine betriebswirtschaftliche Analyse gemacht“.

Mittelfristig aber sieht Müller durchaus positive Perspektiven, er erwartet, dass sich in den kommenden Jahren der Inlandstourismus weiter verstärkt, so dass die Gastronomie profitiert, zumindest für einige Zeit.

Silvesterfeiern fallen wohl aus

Kurzfristig aber sind die Aussichten durchwachsen, letztlich bleibt das Prinzip Hoffnung – zum Beispiel, dass der Lockdown der Gastronomie nicht zu lange dauert, und dass man vielleicht noch das Weihnachtsgeschäft mitnehmen kann. Die üblichen Silvesterfeiern aber könne man in diesem Jahr „erst einmal ad acta legen“.

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