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Bilanz des Hauptzollamts Lörrach

Zoll ist in der Ortenau auch als Inkassobüro unterwegs

Den Zoll bringen die meisten Menschen mit Kontrollen an Grenzen und Flughäfen in Verbindung. Doch das Hauptzollamt Lörrach, dessen Bezirk bis an die nördliche Grenze des Ortenaukreises reicht, leistet noch viel mehr - auch online..

Mann und Hund kontrollieren ein Auto
Kontrolle: Der Zoll ist, auch mit speziell ausgebildeten Hunden, den Schmugglern auf der Spur. Dabei geht es auch immer wieder um Drogen. Foto: Hauptzollamt Lörrach

Es ist verlockend: Klamotten von angesagten Edelmarken zum supergünstigen Preis. Auch im Ortenaukreis kann da der ein oder andere nicht widerstehen und ordert im Onlinehandel. Doch das Schnäppchen kann sehr schnell für viel Frust sorgen, spätesten dann, wenn der Zoll die Fälschungen aus dem Verkehr zieht. Ware weg, Geld weg. Spätestens seit den neuen Vorschriften für den elektronischen Handel (E-Commerce), mit denen neben einer neuen Transparenz für die Kunden vor allem die Aufhebung der Mehrwertsteuerbefreiung einhergeht, hat sich das Thema von den Schnäppchen noch weiter relativiert.

Die Markenpiraterie hat, so verdeutlicht es Antje Bendel, Pressesprecherin des Hauptzollamts Lörrach im Gespräch mit der Redaktion, Gewicht im Onlinehandel: „Es gibt viele Produktfälschungen.“ Dazu sei beim Thema Mehrwertsteuer „viel Schindluder“ getrieben worden. Insofern sei die Novelle der Gesetzgebung der EU zum 1. Juli 2021 notwendig gewesen.

Wer den Zoll mit Warenströmen und Staatsgrenzen in Verbindung bringt, liegt richtig. Aber die Lörracher, die für einen knapp 5.000 Quadratkilometer großen Bezirk vom Hochrhein bis an die nördliche Grenze des Ortenaukreises zuständig sind, leisten noch viel mehr.

11.000 Abfindungsbrenner im Bezirk des Hauptzollamts Lörrach

Ein wichtiges Aufgabengebiet sind die Abfindungsbrenner. Rund 26.000 gibt es bundesweit, rund 11.000 finden sich im Zuständigkeitsbereich des Hauptzollamts Lörrach, erläutert Pressesprecherin Bendel, und natürlich sind davon sehr viele im mittelbadischen Obstparadies, im Rench-, Acher-, Sasbach- und Laufbachtal beheimatet. Zum Vergleich: Im Bezirk des benachbarten Hauptzollamts Ulm (Donau) existieren 4.000 Abfindungsbrennereien.

Mehr als 13.000 Prüfungs- und Steueraufsichtsmaßnahmen standen im Jahr 2021 bei der zuständigen Abteilung, die ihren Sitz in Freiburg hat, im Kalender. „Rund 1,5 Millionen Euro an Einnahmen konnten so nach- und rückgefordert werden; 396.000 Euro mussten erstattet werden“, wartet das Hauptzollamt mit Zahlen auf.

Die im Bezirk des Hauptzollamts Lörrach anfallende Alkohol- und Biersteuer wird allerdings beim Hauptzollamt Stuttgart verbucht, schlägt sich also nicht in den Einnahmen des Hauptzollamts Lörrach nieder. Die Finanzstatistik beeindruckt dennoch. 2,97 Milliarden Euro hat die Behörde im Jahr 2021 einnehmen können. „57 Millionen Euro (47 Millionen 2020) belaufen sich auf Zölle, die direkt dem EU-Haushalt zufließen, 282 Millionen Euro resultieren aus Verbrauchsteuern samt Energie- und Stromsteuer“, wird Amtsleiter Matthias Heuser in einer Pressemitteilung zitiert. Das sind 21 Millionen Euro mehr als 2020. Dazu kommen 2,6 Milliarden Euro an Einfuhrumsatzsteuer, in der Summe 493.000 Euro mehr als im Vorjahr.

Warenverkehr steigt deutlich

Wurden 2020 noch 5,3 Millionen Warenpositionen zum freien Verkehr in die EU aus der Schweiz oder über die Schweiz abgefertigt, belief sich die Zahl 2021 auf 5,6 Millionen Positionen. Zur Ausfuhr wurden sogar 27,3 Millionen Positionen abgefertigt, 2020 waren es rund 19 Millionen weniger. In Appenweier unterhält die Behörde eines von drei Binnenzollämtern des Bezirks. Der Zoll hat Schnittstellen mit allen Bereichen der Gesellschaft. Wer zum Beispiel bei einem Onlinehändler ein Pflegeprodukt bestellt, kann durchaus mit dieser Behörde in Berührung kommen. Denn die kümmert sich, so Antje Bendel, auch um den Artenschutz. Pech also für den Käufer, wenn die in der Kosmetik enthaltene Aloe auf der Liste steht.

Obwohl die Zollformalitäten für Postsendungen überwiegend durch den Beförderer erledigt werden, mussten mehr als 3.400 unter gefälschtem Markennamen eingeführte Gegenstände sichergestellt werden. 90 Sendungen enthielten Produkte, die den Sicherheitsbestimmungen der EU nicht entsprachen. 13 Verstöße gegen artenschutzrechtliche Bestimmungen und 152 Auffälligkeiten beim Import von gefälschten oder in Deutschland nicht zugelassenen Arzneimitteln gingen in die Zoll-Statistik ein.

Mit den Kontrollen von Reisenden bekämpft der Zoll mit Unterstützung von Diensthunden Schmuggler, die mit Rauschgift ebenso unterwegs sind wie mit Waffen, Geld oder Dopingmitteln. 85.000 Personenkontrollen gab es 2021, 971 der Kontrollierten waren zur Fahndung ausgeschrieben. In 152 Fällen erfolgte die Festnahme. Auszug aus der Bilanz: Gut 21.000 Schmuggelzigaretten wurden sichergestellt sowie mehr als 20 Kilogramm Haschisch. In 23 Fällen hatten Reisende mehr als 10.000 Euro Bargeld dabei. Das ist meldepflichtig. Hier summiert sich der Betrag auf 850.000 Euro.

Nicht zuletzt geht der Zoll gegen Schwarzarbeit vor und versteht sich als Inkassobüro des Bundes, wie es die Pressesprecherin humorvoll ausdrückt. Die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) hat auch einen Standort in Offenburg. Der ermittelte Schaden, der überwiegend die Sozialkassen und Leistungserbringer betrifft, belief sich auf rund 10,5 Millionen Euro. Wie wichtig diese Tätigkeit ist, unterstreicht die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, die am Mittwoch in einer Pressemitteilung forderte, dass der Zoll noch viel stärker gegen Lohnprellerei und unterschrittene Mindestlöhne vorgehen müsse.

Als Geldeintreiber wird der Lörracher Zoll bis nach Karlsruhe und Rheinland-Pfalz aktiv. Es geht um ausbleibende Kraftfahrzeugsteuer ebenso wie um Krankenversicherungsbeiträge. 278.000 Vollstreckungsvorgänge waren 2021 zu bearbeiten, 72.000 mehr als im Vorjahr. Das eingesammelte Geld beläuft sich auf 87 Millionen Euro, davon rund 27 Millionen Euro für die Zollverwaltung selbst.

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