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Gedenkfeier

Andrang bei Allerheiligen-Andacht am Ukrainer-Denkmal in Rastatt

Rund 60 Menschen besuchen Gedenkfeier des Deutsch-Ukrainischen Vereins auf dem Stadtfriedhof und Gräber in Niederbühl.

Großer Andrang: Rund 60 Menschen besuchten an Allerheiligen die Gedenkfeier beim Ukrainer-Denkmal auf dem Stadtfriedhof. Dazu eingeladen hatte nach alter Tradition der Deutsch-Ukrainische Verein in Karlsruhe.
Großer Andrang: Rund 60 Menschen besuchten an Allerheiligen die Gedenkfeier beim Ukrainer-Denkmal auf dem Stadtfriedhof. Dazu eingeladen hatte nach alter Tradition der Deutsch-Ukrainische Verein in Karlsruhe. Foto: Ralf Joachim Kraft

Nur eine kleine Gedenkfeier beim 1918 errichteten Ukrainer-Denkmal war für den Feiertag geplant. So ist das seit bald 30 Jahren Tradition. Aber am Ende war es dann doch eine recht große Versammlung. Denn es kamen deutlich mehr Teilnehmer auf den Rastatter Stadtfriedhof als erwartet.

Rund 60 Menschen, darunter viele Flüchtlinge aus der Ukraine, waren an Allerheiligen einer Einladung des in Karlsruhe ansässigen Deutsch-Ukrainischen Vereins gefolgt. Im Anschluss an die rund einstündige Andacht besuchten die meisten noch den kleinen Friedhof in Niederbühl.

„Besorgt und mit einem Gefühl der Ohnmacht“ schauen viele Ukrainer auf die Ereignisse in ihrem Land. So etwa der 82-jährige Wasili Blaschtschak, der seit fast 45 Jahren in Steinmauern lebt und sehr viel über das Ukrainer-Denkmal zu berichten weiß. Er hat für die Presse einen ganzen Ordner mit Schriftstücken im Gepäck.

Flucht vor dem russischen Angriffskrieg

Oder auch ganz junge Leute wie die 35-jährige Olena Pischeiko. Sie floh vor sieben Monaten mit ihrem Mann und ihrer kleinen Tochter vor dem russischen Angriffskrieg nach Deutschland und lebt heute in Bühl. Sie sagt: „Geschichte wiederholt sich. Daher ist es wichtig, sie zu kennen und an sie zu erinnern. Nur so lässt sich verstehen, wie sich alles entwickelt hat.“ Der Blick in die Vergangenheit helfe beim Verstehen der Gegenwart.

Nicht nur für Olena Pischeiko – auch für viele andere ist das Ukrainer-Denkmal an diesem Tag „ein wichtiger Ort, an dem wir unseren Gefühlen, unserer Trauer und dem Schmerz, aber auch unserer Hoffnung auf Frieden Ausdruck geben können“.

Genauso sieht das auch Oleksandra Holyaka. Die Diplomingenieurin ist Mitglied des Deutsch-Ukrainischen Vereins und lebt seit 15 Jahren in Bühl. Sie betont: „Angesichts der aktuellen Geschehnisse in unserem Land ist dieses Denkmal für die Ukrainer in unserer Region bedeutender denn je.“

Denn es werde nicht nur der ukrainischen Kriegsgefangenen des Ersten Weltkriegs in Rastatt gedacht, „wir erinnern hier zugleich an alle, die für die Freiheit und Unabhängigkeit der Ukraine gekämpft haben.“

Denkmal wurde 1918 eingeweiht

In seiner auf Ukrainisch gehaltenen Andacht ging Pfarrer Petro Svydrun auch etwa näher auf die Geschichte des Denkmals ein und beleuchtete die historischen Bezüge. Entworfen hat das Ehrenmal der bekannte ukrainische Bildhauer Mychaylo Paraschtschuk, der seinerzeit Insasse im Ukrainer-Lager im Rastatter Münchfeld war. Unter seiner Leitung wurde das Denkmal errichtet und am 20. Oktober 1918 eingeweiht.

Der Künstler war in der „Union für die Befreiung der Ukraine“ aktiv und organsierte damals Bildhauer- und Töpferkurse für die Ukrainer, die in der russischen Armee dienten und dann im Rastatter Kriegsgefangenenlager interniert waren. „Zeitweise waren dort zwischen 1915 und 1918 bis zu 20.000 ukrainische Kriegsgefangene untergebracht“, weiß Wasili Blaschtschak zu berichten.

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Dass sie im Lager eine gewisse Sonderstellung hatten und dort nationale Kulturarbeit betreiben konnten, führt die bei der Andacht ebenfalls anwesende Vorsitzende des Historischen Vereins Rastatt, Irmgard Stamm, darauf zurück, „dass sie als Speerspitze gegen den Bolschewismus angesehen wurden.“

Etwa 400 Kriegsgefangene starben dort im genannten Zeitraum. Aber viele derjenigen, die das Lager lebend verließen, kämpften ab Kriegsende für eine freie ukrainische Republik.

Im Anschluss an die Gedenkfeier besuchten die Teilnehmer den kleinen Friedhof in Niederbühl, wo die im Ersten Weltkrieg verstorbenen ukrainischen Kriegsgefangenen begraben sind. Auch hier erinnert ein Gedenkstein an die ukrainischen Opfer des Ersten Weltkriegs.

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