Die Kreuzung Ötigheimer Weg/Richard-Strauss-Straße in Rastatt liegt quasi wie ein Präsentierteller neben dem Haus von Eike Karl Graßhof. Der promovierte Mediziner lebt seit 13 Jahren mit seiner Familie in dem Eckhaus. „Fast täglich bekommen wir hier Beinahe-Unfälle mit“, schreibt der besorgte Arzt in einer Mail an unsere Redaktion.
Graßhof hat sogar schon zwei Crashs unfreiwillig dokumentiert. Die Überwachungskamera an der Haustür erfasst nämlich im Hintergrund auch die Kreuzung. Erst vor einigen Tagen hat sich an dem Knotenpunkt vor Graßhofs Haustür „erneut ein potenziell lebensbedrohlicher Unfall“ ereignet, berichtet der Mediziner.
Der Fahrer eines Audi Q7 kollidierte mit einem Fahrradfahrer. „Vor einigen Monaten hatte sich an gleicher Stelle in ähnlicher Fahrsituation eine Mercedes A-Klasse nach einem Unfall überschlagen“, sieht Graßhof Handlungsbedarf. „Es handelt sich um eine völlig ungesicherte und sehr gefährliche Kreuzung, welche unbedingt wenigstens mittels Fahrbahnmarkierungen (Haltestreifen) versehen werden sollte“, lautet sein Vorschlag.
Stadt Rastatt: Rechts-vor-links wird missachtet
Sowohl beim Polizeipräsidium Offenburg als auch bei der Rastatter Stadtverwaltung kommt man zu einer anderen Einschätzung. Laut Polizei haben sich in den vergangenen drei Jahren lediglich zwei Unfälle an dieser Kreuzung ereignet. Allerdings ist das die Zahl der offiziellen Statistik. Der jüngste Unfall am 8. September zum Beispiel wurde gar nicht aktenkundig, weil die Beteiligten offenbar nicht die Polizei eingeschaltet hatten.
Eigentlich sollten die in diesem Bereich geltenden Verkehrsregeln Unfällen vorbeugen. Es gilt Tempo 30 und eine Rechts-vor-links-Regelung. Dennoch lauert Gefahr, meint Eike Karl Graßhof. Der Ötigheimer Weg sei breit, das verführe zu hohem Tempo. Und: „Die Leute denken, sie haben Vorfahrt.“ Die Missachtung der Rechts-vor-links-Regelung ist laut Stadtverwaltung entsprechend die Ursache der Unfälle.
Graßhof nennt noch ein weiteres Risiko: Der Ötigheimer Weg ist ein rege genutzter Schulweg. Die Hans-Thoma-Schule und die Josef-Durler-Schule liegen an der Straße; das Tulla-Gymnasium steht um die Ecke. Gerade morgens und mittags sei deshalb starkes Verkehrsaufkommen zu beobachten, berichtet der Anwohner.
Trotzdem: Das Ordnungsamt hat den Bereich nicht intensiv auf dem Schirm. Nach Auskunft der Pressestelle wurde zuletzt im Mai vergangenen Jahres dort geblitzt. Innerhalb einer Woche zählte man 2.002 Fahrzeuge. 37 Fahrer waren zu schnell unterwegs. Der größte „Sünder“ lag 26 bis 30 Stundenkilometer über dem Tempo-30-Limit; die Beanstandungsquote somit bei zwei Prozent.
Ich weiß nicht, wo das Problem sein soll.Eike Karl Graßhof
Anwohner
Und weil der Knotenpunkt Ötigheimer Weg/Richard-Strauss-Straße nach Einschätzung der Stadtverwaltung auch gut einsehbar sei, hält die Straßenverkehrsbehörde weder Markierungen noch sonstige (bauliche) Maßnahmen für erforderlich.
Dass nicht mal Haltebalken auf die Straße gemalt werden können, stößt bei Anwohner Graßhof auf Unverständnis: „Ich weiß nicht, wo das Problem sein soll.“