Skip to main content

Nahwärmenutzung verpflichtend

Anwohner in Rastatter Joffre-Areal ärgern sich über hohe Heizkosten

Die Hausbesitzer im Rastatter Joffre-Areal sind vertraglich verpflichtet, Nahwärme von den Stadtwerken zu beziehen. Der Wärmelieferungsvertrag hat eine Laufzeit von 15 Jahren. Die Kosten belaufen sich auf das Dreifache gegenüber einer Gasheizung, rechnen Anwohner vor.

None
Ärgernis Nahwärme: Cedric König an der Übergabestation im Keller seines Einfamilienhauses auf dem Joffre-Areal. Foto: Georg Keller Foto: None

Udo König ist seit vielen Jahrzehnten Kunde der Stadtwerke. Bei der Planung seines neuen Einfamilienhauses in der Johann-Peter-Frank-Straße dachte sich der Rastatter deshalb auch nichts weiter, als ihm die Nutzung von Nahwärme vorgeschrieben wurde. Auch nicht, als ihm ein Stadtwerke-Mitarbeiter lediglich mündlich eine Kostenschätzung nennen konnte. Das dicke Ende kam hinterher.

Im Frühjahr 2017 bezog er das Eigenheim: Mittlerweile haben sich die Kosten für Heizung und Warmwasser in dem Zwei-Personen-Haushalt auf etwa 160 Euro monatlich eingependelt. „Wir zahlen fast das Dreifache für eine vergleichbare Wohnfläche“, rechnet König vor.

Nahwärmenutzung vertraglich festgeschrieben

In seinem früheren Haus an der Leopoldsfeste zahlte der Benz-Mitarbeiter monatlich lediglich 50 bis 60 Euro für die Gasheizung. Trotz mehr Mitbewohnern durch die Patchwork-Familie mit Kindern und deren Partnern.

Am geänderten Heizverhalten kann es nicht liegen, auch Sohn Cedric, der unmittelbar nebenan gebaut hat, sowie Nachbarn bestätigen die hohen Heizkosten. Trotz modernem KfW70-Standard für ein Niedrigenergiehaus.

Rund 15 Hausbesitzer auf dem Joffre-Areal haben sich deshalb zu einer Anwohnergemeinschaft zusammengefunden, um Bewegung in die Angelegenheit zu bringen. Ihre Kritik: Die Stadtwerke sind Monopolist.

Anwohnergemeinschaft will Änderung

Die Nutzung von Nahwärme ist im Kaufvertrag festgeschrieben, selbst bei einem Verkauf des Gebäudes. „Es ist als Last im Grundbuch eingetragen“, erklärt Cedric König. Der Wärmelieferungsvertrag selbst hat eine Laufzeit von 15 Jahren.

Aber auch danach: Von wem sollen die Joffre-Bewohner die Wärme beziehen, wenn nicht von den Stadtwerken?

Das gesamte Joffre-Areal wird zentral von einer Heizzentrale mit Wärme versorgt. So elegant die Lösung ist, hat sie auch einige gravierende Nachteile: Der Verbraucher hat keine Wechselmöglichkeiten zu einem anderen Fernwärmeversorger. Auch der Wechsel zu einem anderen Energieträger etwa durch den nachträglichen Einbau einer Gasheizung ist nur mit hohem finanziellen Aufwand möglich. Geld, dass vielen Häuslebauern nicht zur Verfügung steht, weil erst mal die eigenen vier Wände abbezahlt werden müssen.

Das Bundeskartellamt spricht in diesem Zusammenhang von „gefangenen Kunden“ und bescheinigt den Betreibern von Fernwärmenetzen in vielen Fällen eine nicht regulierte Monopolstellung.

Bundeskartellamt spricht von "gefangenen Kunden"

Ein Anbieterwechsel wie bei Strom und Gas ist nicht ohne weiteres möglich. „Der Grundpreis für die Fernwärme ist zu hoch, zumal wir keine Wahlmöglichkeit haben“, bekräftigt Udo König.

Bitter stößt den Bewohnern der Johann-Peter-Frank-Straße auch auf, dass sie keine Solarthermie auf ihren Hausdächern installieren dürfen. „Andere wasserführende Wärmequellen sind stets unzulässig“, zitiert Cedric König den entsprechenden Passus im Vertrag.

Dabei wären die Dachflächen aufgrund der Sonneneinstrahlung bestens geeignet für eine Solarnutzung. Im Kaufvertrag für das schlüsselfertig erstellte Einfamilienhaus war diese Option auch vorgesehen, musste jedoch herausgestrichen werden. Stattdessen mussten ein Wärmetauscher und ein Boiler an de Übergabestation im Keller installiert werden.

"Finanzieren das Blockheizkraftwerk mit"

Die Vermutung von Cedric König: „Wir finanzieren das Blockheizkraftwerk mit.“ Möglicherweise wurde die Anlage auch zu groß dimensioniert für die Zahl der angeschossenen Haushalte. Dies dürfe jedoch nicht auf die bislang vergleichsweise wenigen Bewohner des Joffre-Areals umgelegt werden: „Es wird auf unseren Rücken ausgetragen“, kritisiert Christine Kerstädt, die Lebensgefährtin von Udo König.

Die Anwohner haben reagiert: „Wir überweisen nur unter Vorbehalt“. Auch wurden bereits die Fraktionen von SPD und Freien Wähler im Stadtrat eingeschaltet.

„Jetzt müssen die Stadtwerke die Kuh vom Eis bringen“, spielt Udo König den Ball weiter. Eine Anfrage dieser Redaktion an die Stadtwerke blieb bis Montagabend unbeantwortet.

nach oben Zurück zum Seitenanfang