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Neu in der Bundesarchiv-Erinnerungsstätte

Ausstellung blickt hinter die Kulissen der Rastatter Kriegsverbrecher-Prozesse

Die Bundesarchiv-Erinnerungsstätte im Rastatter Residenzschloss zeigt die neue Ausstellung „Die Rastatter Prozesse“. Auf 21 Bild- und Texttafeln werden die Rastatter Kriegsverbrecherprozesse näher erläutert.

Elisabeth Thalhofer und Andrej Bartuschka erläutern die Ausstellung.
NS-Verbrechen vor Gericht: Elisabeth Thalhofer und Andrej Bartuschka erläutern die neue Ausstellung in der Bundesarchiv-Ausstellung im Rastatter Residenzschloss. Foto: Hans Jürgen Collet

Über die Geschichte der Rastatter Prozesse ist bisher nur wenig bekannt. Bis ins Jahr 2016 lagen die Akten in den französischen Archiven unter Verschluss.

Die neue Ausstellung „Die Rastatter Prozesse – NS-Verbrecher vor Gericht“ in der Bundesarchiv-Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte im Residenzschloss Rastatt befasst sich mit dem Tribunal Général. Viele Fotos und Dokumente zeigen ein lebendiges Stück deutscher Nachkriegsgeschichte. Das Museum ist ab sofort wieder öffentlich zugänglich.

Auf 21 Bild- und Texttafeln wird die Geschichte der Rastatter Prozesse nachgezeichnet. „Wir haben uns bewusst für Tafeln entschieden“, sagt Elisabeth Thalhofer, Leiterin der Erinnerungsstätte. Das Thema sei als Wanderausstellung angelegt. Die Tafeln können laut Thalhofer kostenfrei als Poster-Set bestellt und beispielsweise in Schulen gezeigt werden.

Ausstellung zeigt Situation nach dem Krieg

„Wir haben die Ausstellung etwas weiter gefasst“, erklärt Andrej Bartschuka, der mit Thalhofer die Konzeption und Texte erarbeitete. So wird am Ausstellungsbeginn die Ausgangssituation nach dem Krieg näher erläutert und etwa der Frage nachgegangen, was die Alliierten nach dem Zusammenbruch des NS-Regimes vorhatten. Im Anschluss dazu zeigt eine weitere Tafel die Besatzungszonen. Es wird erklärt, warum gerade Rastatt zum Zentrum der Strafverfolgung wurde.

„Es ist einerseits ein geografischer Grund“, sagt Thalhofer. Rastatt liegt im Herzen der Besatzungszone. Andererseits habe auch die gesamte Logistik des Tribunals untergebracht werden müssen. „Das Residenzschloss ist riesig.“ Die gesamte Gerichtsverwaltung, Dolmetscher, Gerichtsräume und vieles mehr seien dort gut unterzubringen gewesen.

„Außerdem hat Rastatt auch viele Gefängnismöglichkeiten gehabt“, so Thalhofer. Etwa beim Natzweiler Prozess mussten 50 Leute vor Gericht. Rastatt hatte die notwendige Infrastruktur. Ein anderer, nicht zu vernachlässigender Grund sei die historische Bedeutung Rastatts. „Dort, wo sich 1849 die letzte Bastion der deutschen Revolution befand, wird das oberste Gericht der französischen Besatzungszone eingerichtet“, sagt Bartschuka. Die Alliierten wollten den Deutschen auch zeigen, wer sie sind.

Die bisherigen Rechtsnormen reichten dafür nicht aus.
Elisabeth Thalhofer, Leiterin Erinnerungsstätte

In der Ausstellung wird auch die Herausforderung der juristischen Aufarbeitung der Nazi-Verbrechen näher beleuchtet. „Die bisherigen Rechtsnormen reichten dafür nicht aus“, sagt Thalhofer. Die Strafverfolgung musste neue Wege finden, diesem bis dahin unvorstellbaren Unrecht mit den Mitteln des Völkerrechts zu begegnen.

Ähnliche Prozesse in amerikanischer und britischer Besatzungszone

„Die Rastatter Prozesse sind Nürnberg im Kleinen“, erläutert Thalhofer. Um die staatlich organisierten Verbrechen des Dritten Reiches ahnden zu können, schufen die Alliierten für Nürnberg einen neuen Straftatbestand: die Verbrechen gegen die Menschheit (crime against humanity).

Die alliierten Gerichte in den westlichen Besatzungszonen haben diesen Straftatbestand übernommen und danach Anklage erhoben. In der amerikanischen und britischen Besatzungszone habe es ähnliche Gerichte gegeben, die mit dem Tribunal Général vergleichbar seien. Dort wurden etwa die Dachauer Prozesse oder die Curiohaus-Prozesse in Hamburg geführt. „Auch über diese ist nicht mehr so viel bekannt“, sagt Bartuschka.

Eine andere Tafel widmet sich den Kontrahenten im Gerichtsaal. Der französische Staatsanwalt Paul-Julien Doll wird dort vorgestellt. Aber auch die deutsche Pflichtverteidigerin Helga Stödter, geborene Kloninger, wird gezeigt. „Sie war eine Überfliegerin“, meint Thalhofer. Die Alliierten waren auf unbelastete Juristen angewiesen. Die 24-Jährige Helga Stödter war damals noch Referendarin und verteidigte deutsche Kriegsverbrecher.

Drei Prozesse werden näher beleuchtet

Exemplarisch werden in der Ausstellung drei Prozesse näher beleuchtet. Dazu gehört etwa der Neue Bremm Prozess, der im Mai und Juni 1946 gegen das Personal des Gestapo-Lagers von Saarbrücken verhandelte. Als Teil der zahlreichen Natzweiler-Prozesse werden die Verhandlungen um das Außenlager Iffezheim-Sandweier vom Mai 1947 vorgestellt. Aber auch der Röchling-Prozess gegen den saarländischen Großindustriellen Hermann Röchling von Februar bis Juni 1948 wird auf den Tafeln näher erläutert.

www.bundesarchiv.de/erinnerungsstaette

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