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Keine Präsenzpflicht

Beurlaubung vor Weihnachten: Schulleiter in Mittelbaden fürchten, dass das Angebot ausgenutzt wird

Das Land ermöglicht es allen Eltern, ihre Kinder früher aus dem Unterricht zu nehmen. Für die Schulen in Rastatt, Baden-Baden und Gaggenau erhöht sich der Aufwand deutlich.

Schüler im Klassenzimmer
Viele Lehrer und Schulleiter sehen Schüler, die vom Unterricht vor Ort freigestellt werden, im Nachteil. Auch in der letzten Woche vor den Ferien werden noch Arbeiten geschrieben. Foto: Aaron Straub

Jürgen Haller ist verärgert: „Ich habe schon gehört, dass viele Familien früher in den Urlaub fahren.“ Für den Schulleiter der Werner-von-Siemens Realschule in Kuppenheim ist der neue Beschluss des Landes Baden-Württemberg, wonach Schüler aus Gesundheitsgründen vom Präsenzunterricht vor Weihnachten befreit werden dürfen, nachvollziehbar. Er geht aber davon aus, dass manche Schüler nicht deswegen beurlaubt werden.

Für den Rektor und seine Schule bedeutet die Entscheidung des Kultusministeriums einen deutlich erhöhten Aufwand. Es sei einfacher, entweder den Präsenzunterricht für alle weiterzuführen oder wieder komplett auf Fernunterricht umzustellen. In der letzten Schulwoche stehen an der Kuppenheimer Realschule noch einige Klassenarbeiten an. „Wir haben einen zentralen Nachschreibetermin nach den Ferien eingerichtet“, sagt Haller. Dieser bleibe bestehen, auch wenn die betroffenen Schüler am selben Tag eine weitere Klassenarbeit schreiben müssen.

„Wir können das händeln“, sagt Stefan Beil. Der Schulleiter des Albert-Schweitzer-Gymnasiums in Gernsbach ist deutlich optimistischer, was die vorgezogenen Weihnachtsferien bei manchen Schülern angeht. Die Infrastruktur für den Fernunterricht sei nach den vergangenen Monaten gegeben. Mit einem Messenger, einem Lernmanagement-System und der Online-Plattform Moodle werde es deutlich einfacher, den abwesenden Schülern Aufgaben zu erteilen.

Das Arbeitsmaterial kann den Präsenzunterricht nicht ersetzen.
Bernhard Krabbe Schulleiter Goethe-Gymnasium

Beil sieht aber einen klaren Nachteil bei den Schülern, die sich freiwillig in Quarantäne begeben. Kurz vor den Weihnachtsferien würden viele Klassenarbeiten geschrieben. Dies erleichtere die Korrektur für die Lehrer. „Die abgemeldeten Schüler müssen im neuen Jahr mit einem deutlich erhöhten Arbeitsaufwand rechnen“, sagt Beil.

Aufgrund eines beweglichen Feiertages sind in Gaggenauer Schulen nur zwei Schultage von der Regelung betroffen. In der Merkurschule werden kommenden Montag aber trotzdem noch Klassenarbeiten geschrieben. „Kein Schüler darf pro Woche mehr als drei Klassenarbeiten schreiben“, begründet Konrektor Jan Stenger die Entscheidung. Dadurch müsse das Kollegium die Prüfungen so verteilen, dass auch die letzte Woche vor Weihnachten betroffen sein könnte.

Viele Klassenarbeiten müssen nachgeschrieben werden

Aus demselben Grund werden auch am Goethe-Gymnasium-Gaggenau kommenden Montag noch Klausuren stattfinden. In den beiden Kursstufen J1 und J2 ist sogar eine drei- beziehungsweise vierstündige Deutschklausur geplant. „Eine Verschiebung der Klassenarbeiten ist nur schwer möglich“, sagt der Schulleiter Bernhard Krabbe.

Am Goethe-Gymnasium gebe es maximal zwei bis drei Beurlaubungen pro Klasse. Krabbe sieht die abwesenden Schüler klar im Nachteil: „Das Arbeitsmaterial kann den Präsenzunterricht nicht ersetzen.“ Darüber hinaus erhöhe sich die Belastung der betroffenen Schüler im neuen Jahr durch zusätzliche Nachschreibetermine. Auch er bezweifelt, dass Schüler dem Präsenzunterricht ausschließlich aus gesundheitlichen Gründen fernbleiben: „Ob die Beurlaubung in Einzelfällen tatsächlich dem Schutz der Familienangehörigen dienlich sein wird, ist nicht sichergestellt.“

Nur wenige Schüler werden beurlaubt

Tobias Vorbach hält fest: „Wenn 60 Prozent der Schüler in dieser Zeit zu Hause bleiben, wird es schwierig.“ Für die letzten Tage vor Weihnachten rechnet der Schulleiter der Klosterschule am Heiligen Grab in Baden-Baden damit, dass die meisten Schüler im Präsenzunterricht bleiben. Dies könne sich aber auch noch kurzfristig ändern.

Die Schule wird für die betroffenen Tage keinen Fernunterricht anbieten. Wie nach einem Krankheitsfall müsse jeder abwesende Schüler die Aufgaben nachholen und gegebenenfalls auch Klassenarbeiten nachschreiben. „Wir werden die letzten Tage trotzdem mit größtmöglicher Normalität angehen“, sagt Vorbach. Auch Theaterbesuche sollen in der letzten Schulwoche des Jahres noch stattfinden.

„Wir müssen sicherstellen, dass die Kinder auch wirklich in der Schulzeit arbeiten“

Auch am Richard-Wagner Gymnasium in Baden-Baden bleiben nur wenige Schüler dem Präsenzunterricht fern. „Nur die besonders vorsichtigen Eltern nutzen dieses Angebot“, sagt der Schulleiter Matthias Schmauder. Bisher habe er nur zwölf Abmeldungen erhalten.

Schmauder kann die Sorge vieler Eltern vor allem in der Weihnachtszeit nachvollziehen und hält dem Fernunterricht für diese Zeit für eine sinnvolle Option. Dennoch müsse sich jedes Kind für diese Zeit selbst isolieren und die von der zuständigen Lehrkraft gestellten Aufgaben zeitnah erledigen. „Wir müssen sicherstellen, dass die Kinder auch wirklich in der Schulzeit arbeiten“, sagt Schmauder.

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