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Statische Mängel

Sanierung kostet zwei Millionen Euro: Neue Holzbalken sollen Sicherheit der Alten Kirche in Bietigheim erhöhen

Eingerüstet präsentiert sich derzeit die Alte Kirche in Bietigheim. Der Dachstuhl wird umfassend saniert. Zudem sollen die festgestellten statischen Mängel beseitigt werden. Die Kosten belaufen sich auf rund zwei Millionen Euro.

Kran, Kirche, Bäume
Baustelle: Wegen der Dachsanierung ist die Alte Kirche derzeit eingerüstet. Foto: Stefan Maue

Der Schwerlastkran ragt weit über das Kirchendach hinaus. Immer wieder bringt er eine Ladung frisch zurecht gesägter hölzerner Balken nach oben. Dort, in luftiger Höhe gibt es gleichsam einen Austausch: Die neuen Balken, bestehend aus Nadelholz, das aus dem Schwarzwald stammt, werden abgeladen – die maroden, zerfaserten und von Feuchtigkeit durchzogenen alten Bestandteile des Gebälks hievt der Kran nach unten.

Dort allerdings erhalten sie nur vorübergehend ihren Platz „Später kommen sie wieder hinauf“, sagt Architekt Andreas Fritz. Das vorübergehende Entfernen der alten Hölzer soll mehr Platz bieten für die Arbeiten auf dem Dach der alten Bietigheimer Kirche – dessen Sanierung momentan eines der größten Bauprojekte in Bietigheim ist. Fritz ist mit dem Projekt beauftragt – ein ausgewiesener Experte auf dem Gebiet der Kirchensanierungen, und noch dazu ortsansässig.

Bei der zweiten großen Kirche in der Gemeinde, Heilig Kreuz, hat die seit vier Jahren laufende Restaurierung mittlerweile ihre finale Phase erreicht: „Wir sind hier im letzten Quartal der Sanierung“, sagt Fritz, der auch dort Regie führt. Nach dem Abschluss der Turmsanierung wird hier momentan noch an den Seitenschiffen gearbeitet.

Enge Abstimmung mit dem Denkmalamt

Dachbalken, Mann
Maßarbeit in luftiger Höhe: Im Dachstuhl der Alten Kirche werden neue Balken angeliefert. Sie sollen die alten, marode gewordenen Hölzer ersetzen. Foto: Stefan Maue

Dafür, dass nun die Alte Kirche am Friedhof ertüchtigt werden muss, sorgte vor allem der Sturm im August 2019: „Es war der Tag nach dem Volksfest. Alle Bietigheimer erinnern sich daran“, sagt Bürgermeister Constantin Braun (CDU). Damals war in der Region eine Vielzahl an Dächern abgedeckt worden, ein Teil des Daches eben auch auf der Alten Kirche.

Bei einer näheren Kontrolle des schwer zugänglichen Dachstuhls seien dann erhebliche statische Mängel festgestellt worden, die erkennen ließen, dass Gefahr im Verzug war. Daraufhin fiel die Entscheidung, die gesamte Grundkonstruktion zu sanieren. Dies geschehe in enger Abstimmung mit dem Denkmalamt, denn „die Kirche ist ein sehr hoch angesehenes Kulturdenkmal in der Gemeinde“, betont Braun. Das Kirchenschiff wurde um das Jahr 1750 im Barockstil erbaut.

Die Kirche ist ein hoch angesehenes Kulturgut in der Gemeinde.
Constantin Braun, Bürgermeister

Weil das Gebäude unter Denkmalschutz steht, müsse eben auch darauf geachtet werden, einen Teil der alten Substanz, also der noch gut erhaltenen Dachbalken, gemäß den Vorgaben wieder in den Dachstuhl einzubauen. Nur die Schadhölzer würden ausgetauscht. Im dritten oder vierten Quartal, so schätzt Fritz, soll dann auch mit der Ertüchtigung des Kirchturmes begonnen werden, der einst um das Jahr 1150 errichtet wurde. „Er zählt zu den ältesten Kirchtürmen entlang der Rheinschiene“, sagt Braun.

Nach Ertüchtigung der Decke, die noch mit einer Unterdecke sowie einem neuen Anstrich versehen wird und einer Sicherung der statischen Grundkonstruktion könne der Innenraum der Kirche wieder geöffnet werden, erklärt Fritz. Auf dem Programm steht im Zuge der Sanierung später auch noch ein neuer Anstrich der Außenfassade und der Einbau einer neuen Heizung. Mitte bis Ende des zweiten Quartals, so schätzt Fritz, sollte es soweit sein, dass dann etwa wieder Trauer- oder Hochzeitsfeiern in der Alten Kirche abgehalten werden könnten. Wann sämtliche Arbeiten abgeschlossen sind, lasse sich momentan aber noch nicht genau sagen.

Wenn man ein Teil wegnimmt, fällt alles zusammen.
Andreas Fritz, Architekt

Vor Wind und Wetter schützt die Spezialisten, die in luftiger Höhe äußerst sorgsam mit den Bauteilen umgehen müssen, ein spezielles Schutzdach. Ein Ballast von 16 Tonnen in Wasserfässern diene zur Sicherung des Gerüstes. Ein komplett neuer Dachstuhl sei finanziell nicht günstiger als die akribische Ertüchtigung der barocken Dachstuhl-Konstruktion, zumal dann auch eine ganz neue Statik entwickelt werden müsse, wie Fritz betont. Er vergleicht die Probleme auf dem Dach mit einem Mikadospiel: „Wenn man ein Teil wegnimmt, fällt alles zusammen“.

Für die nächsten 100 Jahre soll es keinen Handlungsbedarf mehr geben

Der sanierte Dachstuhl soll am Ende mit neuen Biberschwanzziegeln wieder eingedeckt werden, sagt Fritz. Rund zwei Millionen Euro verschlingen die Sanierungsarbeiten in der Alten Kirche. Darin enthalten sind Zuschüsse aus dem Landessanierungsprogramm Alter Ortskern und aus dem Ausgleichstock des Landes.

„Zudem hoffen wir, 50.000 bis 80.000 Euro von der Deutschen Denkmalstiftung zu bekommen“, erklärt Braun. Die umfangreichen Arbeiten an der Alten Kirche sollen, so der Bürgermeister, auf jeden Fall die Zukunft des Kulturdenkmals dauerhaft sichern: „Wir gehen davon aus, dass wir nach dieser substanziellen Sanierung 100 Jahre lang hier nichts mehr machen müssen“.

Die letzte größere bauliche Veränderung in dem Gotteshaus erfolgte im Übrigen im Jahr 1999, als der Taufstein in den Chorraum versetzt und die neu aufgestellte Orgel eingeweiht wurde. Der damalige Pfarrer Karl Sum hatte seinerzeit in seiner Festpredigt die Alte Kirche als „Schmuckstück“ bezeichnet, „auf das man stolz sein darf.“

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