Von Patricia Klatt
„Es war ein arbeitsintensives und sehr erfolgreiches Jahr 2017, das hinter uns liegt.“ Mit diesen Worten begrüßten Ulrich Schumann und Andreas Adam, die beiden Vorsitzenden der Bürgerinitiative Sauberes Trinkwasser für Kuppenheim (BSTK) , die zahlreichen Mitglieder und Interessierten, zu denen auch der grüne Landtagsabgeordnete Thomas Hentschel gehörte, bei ihrem ersten Treffen in diesem Jahr am vergangenen Freitag in Kuppenheim.
Bürgerinitiative bekam mittelbadischen Naturschutzpreis
PFC-freies Trinkwasser in der Region, dafür hat sich die BSTK nicht nur im vergangenen Jahr stark gemacht und dafür habe man im März den mittelbadischen Naturschutzpreis des NABU-Kreisverbandes bekommen, so Adam in einem kurzen Rückblick. Die unterschiedlichen Herangehensweisen der Stadtwerke Baden-Baden und des Wasserversorgers Vorderes Murgtal, das PFC aus dem Trinkwasser herauszufiltern, seien weitere wichtige Punkte für die BSTK gewesen.
Blutuntersuchungen werden als Erfolg gesehen
Als den vielleicht wichtigsten Erfolg der Bürgerinitiative im vergangenen Jahr sind die Untersuchungen auf PFOA im Blut zu werten, die Sozialminister Manne Lucha Ende März angeordnet hatte, und die ohne den Einsatz der BSTK wohl nicht zustande gekommen wären. Dieses Monitoring werde unter strenger Berücksichtigung des Datenschutzes wohl nun Ende Februar starten, so Adam. Die nach dem Zufallsprinzip ausgewählten Personen werden in Kürze angeschrieben. Adam appellierte an alle Betroffenen, auch an diesen Untersuchungen teilzunehmen, „wir haben drei Jahre um dieses Monitoring gekämpft“.
Betroffene aus Bayern berichten über ihren Umgang mit PFC-Problem
Dass PFC in Umwelt und Blut kein spezielles mittelbadisches Problem ist, sondern beispielsweise auch der Landkreis Altötting betroffen ist, konnten die Zuhörer dann aus erster Hand erfahren. Elisabeth und Hartmut Thalhammer waren eigens für diesen Abend aus Oberbayern angereist, um über das dortige massive PFC-Problem zu berichten. Auch in Bayern werden den betroffenen Bürgern Blutuntersuchungen auf PFOA angeboten. 840 Bürger aus den fünf betroffenen Gebieten können ihr Blut untersuchen lassen, anders als bei uns kann man sich für die Teilnahme bewerben. Thalhammer beklagte die mangelnde Information der Öffentlichkeit („Das ist bei uns kein Gemeinderat, sondern ein Geheimrat“) und wies darauf hin, dass nach neuen Untersuchungen die PFOA-Belastungen im Wasser noch bis 2050 ansteigen werden, „wir haben damit ein Generationenproblem“, so Thalhammer.
Der Gendorf Chemiepark ist der größte Chemiepark Bayerns, in dem sich verschiedene Firmen angesiedelt haben. Dazu gehört auch die Firma Dyneon, eine Tochtergesellschaft der 3M, einem der weltweit führenden Hersteller von Fluorpolymeren und Spezial-Additiven.
Rückstände von PFOA kamen über Abwässer und Luftemissionen in den Boden, ins Grund- und Trinkwasser und damit auch in das Blut der Bevölkerung. Die PFOA-belasteten Brunnen werden bis Mitte 2018 mit Aktivkohlefiltern ausgerüstet und das betroffene Unternehmen hat zugesagt, dafür 3,0 Millionen Euro zu investieren. Freiwillige Blutuntersuchungen der Bevölkerung sind angelaufen, bislang gibt es bereits knapp 300 Anmeldungen.
Das bayerische Landesamt für Gesundheit sieht kein erhöhtes Risiko für Hoden- beziehungsweise Nierenkrebs in der Region, Wirkungen auf den Fettstoffwechsel und die Schilddrüsenhormone könnten aber nicht ausgeschlossen werden.
BSTK reicht Klageerzwingungsverfahren ein
„Der weitere wichtige Punkt für die BSTK ist die juristische Aufarbeitung des hiesigen PFC-Skandals, um die Schuldigen doch noch zur Verantwortung ziehen zu können“, erläuterte Ulrich Schumann den eingeschlagenen Weg. „Die Anzeigen von acht Mitgliedern der BSTK sind zurückgewiesen worden und die Beschwerde gegen die Einstellung ebenfalls, dabei sehen wir erhebliche Ermittlungsfehler und es wurde zu keinem Zeitpunkt gegen die beteiligten Papierfirmen ermittelt, obwohl es unseres Erachtens genug Ansatzpunkte dafür gegeben hätte“, ärgerte sich Schumann. Deswegen habe man sich nun entschieden, einen Antrag auf ein Klageerzwingungsverfahren beim Oberlandesgericht Karlsruhe einzureichen.
Es gibt keinen Austausch auf Behördenebene
Schumann betonte im Anschluss, wie wichtig die Vernetzung über die Region hinaus sei. „Die Verursacher der PFC-Verseuchung in Bayern sind zwar andere als bei uns, aber die Auswirkungen sind dieselben und man muss ganz grundsätzlich über den Umgang mit Umweltproblemen diskutieren.“ Ein Austausch auf Behördenebene findet bislang nicht statt, wie das Sozialministerium auf Anfrage der Badischen Neuesten Nachrichten bestätigt.