„Was wir hier machen, hat einen speziellen Grund. Wir zeigen: So etwas brauchen wir nicht noch einmal“, sagt Boris Traub vor dem Westwallbunker an der Kehlerstraße in Rastatt. In einer Erdmulde liegend, beherbergt das Betonbauwerk zwischen meterdicken Mauern und zentnerschweren Stahltüren eines der wenigen offiziellen Bunkermuseen.
Nur vier davon gibt es zwischen der Schweizer Grenze und Karlsruhe. Beim Besuch der mit Hunderten Kubikmetern Beton und Stahl errichteten Anlage erhalten Interessierte Einblick in ein dunkles Kapitel deutscher Geschichte während des Zweiten Weltkriegs.
„Uns geht es darum, zu erinnern, zu mahnen. Wir setzen uns mit einem Teil unserer Geschichte auseinander, der sich nicht wiederholen darf“, betont der 59-Jährige. Auch der 71-jährige Karl Schweizer sowie der 28 Jahre alte Maximilian Wawrzinek und das mit 18 Jahren jüngste Vereinsmitglied Dominik Schnurr engagieren sich regelmäßig.
Schweizer stellt klar: „Wir befassen uns mit einem Erbe, mit dem wir uns nicht identifizieren, das für die Auseinandersetzung mit der Geschichte aber wichtig ist.“
An diesem „Lernort direkt vor der eigenen Haustür“ werde Geschichte lebendig. Das Interesse zu fördern und Denkanstöße zu geben, sei das Ziel ihrer Arbeit.
Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten die Franzosen den Westwall übernommen. Als die französischen Armee 1999 Rastatt verließ, wurde der Historische Verein auf den Bunker aufmerksam und begann ihn zu restaurieren. 2003 wurde er zum Denkmal erklärt.
Seit 2006 Tausende Arbeitsstunden und Euro in das Bunkermuseum Rastatt investiert
2006 übernahm der aktuell 180 Mitglieder zählende Historische Verein das Bauwerk und stellte es im Juli 2009 erstmals der Öffentlichkeit vor. Um dessen Erhalt kümmert sich ein sechs- bis achtköpfiges Teams, das im Bunker „fast permanent am Arbeiten“ ist.
„Denn es gibt immer was zu tun. Wir haben schon Tausende Arbeitsstunden und Euro investiert“, berichtet Traub bei seiner Führung durch ein Bauwerk, von denen es allein zwischen den Riedstadtteilen Plittersdorf und Wintersdorf einmal 150 gegeben hat.
„Dieser hier ist einer der Letzten noch intakten.“ Die ausgeklügelte, 1938/39 gebaute Anlage sei zwar vergleichsweise klein, aber die meistgebaute ihrer Zeit. Ein „Regelbau 10“, errichtet in Systembauweise, der einzige noch erhaltene in Baden-Württemberg. „Das müssen Sie sich wie schlüsselfertiges Bauen in 3.471-facher Ausfertigung vorstellen“, erzählt Traub.
Um in den Bunker zu gelangen, muss man sich tief ducken. Barrierefrei zugänglich ist die Anlage nicht. Sie diente einst 15 Soldaten als befestigter Schutzraum bei Granatfeuer. Auf „etwa 17 Quadratmetern“ mussten sie versuchen, zu überleben. Der Bunker war „komplett gasdicht“ und an den Eingängen durch Stahltüren mit Gasschleusen gesichert.
Befestigter und gasdichter Schutzraum im Westwall-Bunker für 15 Soldaten
„Wenn es nicht nötig war, biwakierten die Soldaten wegen der Enge hier drin lieber draußen im Freien“, erzählt Traub im Bunker-„Bauch“. Dort befindet sich ein originalgetreu eingerichteter Gruppenraum mit Holztisch, hölzernen Klappstühlen, Bollerofen, Betten, Schränken, Toilette, Festungstelefon und Original-Landschaftsgemälden an der Wand.
War ein Verlassen über die beiden Eingangstüren nicht mehr möglich, stand der Besatzung ein Notausgang zur Verfügung. Über Filteranlagen wurde die Luftversorgung aufrechterhalten.
Zur Verteidigung hatten die Soldaten im Mannschaftsraum ein Maschinengewehr hinter einer Schießscharte. Ein zweites befand sich einem separaten Kampfraum. „Eingesetzt wurde ein MG 34 auf Lafette mit bis zu 1.200 Schuss pro Minute“, berichtet Dominik Schnurr.
Zum Rastatter Bunkermuseum, das erst ab März 2022 wieder für die Öffentlichkeit zugänglich ist, gehört auch der Außenbereich, auf dem eine stählerne Splitterschutzzelle und eine 113 Kilogramm schwere amerikanische Fliegerbombe zu bestaunen sind. Als Ausstellungsraum für diverse Exponate (oftmals gespendete Fundstücke aus Kellern und Speichern) dient zudem das frühere Wachhaus der Kaserne.