Das war das BNN-Forum zur OB-Wahl in Rastatt
Nachdem der amtierende OB Hans Jürgen Pütsch (CDU) erklärt hatte, nicht mehr für eine dritte Amtszeit anzutreten, hatte sich ein illustres Bewerberfeld für die Große Kreisstadt gefunden: Brigitta Lenhard (CDU), Thomas Hentschel (Grüne), Monika Müller (SPD), Volker Kek (AfD) und Michael Gaska (parteilos). Ein „respektables Kandidatenfeld ohne Juxkandidat“, stellt Holger Siebnich eingangs fest.
Wie „verkaufen“ sich die zwei Kandidatinnen und drei Kandidaten, welche Vorstellungen haben sie, wie reagieren sie auf kritische Fragen und andere Meinungen? Das interessierte am Mittwochabend rund 900 Besucher der Badner Halle. Egbert Mauderer stellt fest: „Kommunalpolitik ist doch nicht langweilig, sonst wären nicht so viele gekommen.“
Einigkeit: In der Rastatter Innenstadt muss dringend etwas passieren
Das zeigt sich schnell auch in den teils kontroversen Diskussionsrunden. Beim Thema Attraktivität der Innenstadt und Leerstände ist man sich mit unterschiedlichen Ansätzen weitgehend einig, dass dringend etwas passieren muss.
Thomas Hentschel (58) sieht einen Ansatz in besseren Querkontakten zwischen Stadt und Eigentümern. Er will zudem Rahmenbedingungen schaffen, damit in Rastatt gerne investiert wird – und bei der Belebung des Marktplatzes auch an alte Ideen anknüpfen.

Monika Müller (49) räumt ein, dass sie „kein Patentrezept“ hat, aber einige Ideen. Und macht deutlich, dass der Einzelhandel nicht mehr so werden wird wie vor 30 Jahren, weil sich das Kaufverhalten verändert hat.
Man könne weitere Events anbieten und auch mal etwas ausprobieren. Ein Tagespflegeangebot für Kinder in für den Einzelhandel nicht mehr attraktiven Leerständen könnte zur Belebung der Innenstadt beitragen. Das habe sie bereits in Pforzheim erfolgreich umgesetzt. „Ich habe es selbst als Radfahrerin erlebt, dass ich plötzlich irgendwo nicht mehr weiterkam.“

Brigitta Lenhard (59) will dafür sorgen, dass es auch für Menschen aus dem Umland wieder attraktiv wird, in die Stadt zu gehen. Ihre Ideen: Pavillons, die von Vereinen bespielt werden, Sitzgruppen mit Verpflegungsangebot wie in München oder eine Belebung des Murgvorlands. Wichtig findet sie attraktivere Gebühren in den Tiefgaragen und eine Öffnung der Parkgarage beim Kulturforum.
Die Innenstadtentwicklung muss Chefsache werden.Michael Gaska
OB-Kandidat
Für Michael Gaska (36) muss die Innenstadtentwicklung Chefsache und systematisch angegangen werden. Dazu gehört für ihn auch ein Wohnraumangebot, damit Familien in Rastatt bleiben sowie „bessere Jobs und nicht solche, die die Kaufkraft auf unterem Niveau lassen“.
Für einen vitalen Einzelhandel müsse auch die Stadt Flächen anmieten, um sie weiterzuvermieten und Events müssten mit den Öffnungszeiten von Handel und Gastronomie koordiniert werden.
Volker Kek (69) meint, dass das Thema von der falschen Seite gedacht wird, indem man Autos verbannen will. „Das ist der falsche Weg, denn wir müssen schauen, dass es für Ältere leicht ist, in die Stadt zu kommen.“ Dazu könnte er sich auch einen Shuttleservice vorstellen, antwortet er später auf eine der von Co-Moderator Thomas Riedinger vorgetragenen Leserfragen.
Um die „gefühlte Sicherheit“ im Gegensatz zur Polizeistatistik ging es im folgenden Themenblock. Hier plädiert Volker Kek als einziger klar für eine Videoüberwachung an neuralgischen Punkten, um bei Straftaten auch eine Beweisführung zu ermöglichen. Als er anfügt, er kenne das aus seiner Tätigkeit in China, gibt es Geraune im Saal. Eine Null-Toleranz-Strategie müsse erkennbar sein.

Monika Müller würde eine Videoüberwachung vorsichtig mit den Bürgern diskutieren wollen. Sie sieht die Beleuchtung als einen Ansatz und berichtet vom erfolgreichen „Haus des Jugendrechts“ in Pforzheim mit dem Ziel, jugendliche Straftäter schnell belangen zu können als Zeichen, dass das nicht geduldet wird.
Michael Gaska will den Kommunalen Ordnungsdienst ausbauen, Angebote für die Jugend schaffen und diese dabei in die Verantwortung einbinden. „Die Calisthenics-Anlage in Rastatt ist immer sauber, weil die Nutzer sich dafür verantwortlich fühlen“, nennt er ein Beispiel.
Brigitta Lenhard betont, dass die Statistik eine Videoüberwachung nicht hergibt, das subjektive Empfinden jedoch ein anderes sei. Der Ordnungsdienst müsste auch zu Zeiten unterwegs sein, in denen die Stadt unbelebter ist, fordert sie ebenso wie bessere Beleuchtung und verstärkte Zusammenarbeit mit der Polizei in Sachen Jugendkriminalität.
Sie betont: „Unsere Stadt hat ihre Schwächen; aber sie ist viel schöner, als wir das jetzt hier sehen.“ Für Streetworker plädiert Thomas Hentschel, der wiederum eine Verbindung zum Thema attraktive Innenstadt sieht: „Wenn abends in der Stadt viele Leute sind, fühlt man sich da auch wohl“.

Monika Müller äußert auf eine Leserfrage ein klares Bekenntnis zum Straßentheaterfestival tête-à-tête und wünscht sich weitere, ähnliche Events. Auch ist von ihr zu hören, dass ihre „Lehr- und Wanderjahre“ vorbei sind und sie im Fall ihrer Wahl in Rastatt bleiben will.
Michael Gaska wird nach Bürgerbeteiligung gefragt und sagt, er wünscht sich „mehr systematische und ergebnisoffene Bürgerbeteiligung“. Schon vor der ersten Idee müsste man die Bürger fragen, dann wiederholt in laufenden Prozessen.
Meine Tochter würde das Geschäft weiterführen.Brigitta Lenhard
OB-Kandidatin
Brigitta Lenhard wiederum wird nach einem möglichen Interessenkonflikt gefragt. Sie erklärt, ihre Tochter würde das Geschäft weiterführen und Immobilienbesitz sei ja für Amts- und Mandatsträger nicht verboten. „Es wäre schade, wenn einem die Kandidatur aufgrund dessen versagt würde“, sagt sie unter Beifall.
Unter den Anliegen der BNN-Leser bildete das Kombibad einen klaren Schwerpunkt. Den „Wahnsinn stoppen“ oder an den Plänen festhalten?, zitierte Thomas Riedinger aus den zuvor eingesandten Fragen. Es sei die einzige vernünftige Lösung, die Pläne umzusetzen, ohne eine weitere Schleife zu drehen, meinte Lenhard.
Hentschel stimmte zu, würde aber einen übergangsweise Alohra-Betrieb und einen Erhalt der Basgaststätte zumindest prüfen. Kek sagte, dass man nicht mehr zurück könne, auch wenn angesichts der vergangenen Zeit das Projekt nun das Doppelte koste. Müller verwies darauf, dass man für die Übergangszeit der Bauphase Schwimmcontainer aufstellen könne – und dass man Pläne nicht immer durchziehen müsse, wenn dies die Bevölkerung vielleicht gar nicht wünschte. Gaska meinte, in Rastatt selbst noch überhaupt keine positive Meinung zum Kombibad gehört zu haben. „Wir merken, es brodelt“, stellte Co-Moderator Riedinger fest.
Einfache Patentrezepte gibt es nicht.Monika Müller
OB-Kandidatin
Zum Thema Integration von Flüchtlingen meinte Gaska, dass man vor der Erstellung eines Beherbergungskonzepts mit den Bürgern und Anwohnern sprechen müsse. Was, aber, wenn alle potenziellen Nachbarn Nein sagen?, entgegnete Lenhard, die dafür plädierte, mehr leer stehende Wohnungen zu nutzen als wertvolle Flächen zu verbauen.
Hentschel lenkte zudem den Blick auf die überlastete Ausländerbehörde. Dass es Fälle drohender Abschiebungen von integrierten Menschen gibt, nur weil die Behörde nicht hinterherkommt, müsse abgestellt werden. „Einfache Patentrezepte gibt es nicht“, so Müller. Soziale Arbeit sei wichtig, meinte sie, während Kek schlicht sagte, dass das Maß an Flüchtlingen voll sei.
Wenig Anlass zu Kontroverse gab das Thema Mobilität in der Stadt. Zwar betonte Kek, dass er gegen Drangsalierungsstrategien oder Freiheitseinschränkungen sei, solche hat allerdings keiner der Kandidaten auf dem Plan. Lenhard, Müller und Hentschel betonten, dass es jede Art von Mobilität brauche. Müller zufolge könnten der Radverkehr und das Baustellenmanagement besser werden.
Hentschel brachte zudem einen On-demand-Verkehr ins Spiel, also einen Öffentlichen Nahverkehr auf Abruf. Lenhard würde sich wieder kleinere Busse mit engerer Taktung wünschen, Gaska nannte zudem Fuß- und Radwegverbindungen sowie Sprinterbusse von den Ortsteile in die Innenstadt.
38.000 Wahlberechtigte in Rastatt
Rund 38.000 wahlberechtigte Rastatterinnen und Rastatter sind aufgerufen, einen neuen OB zu wählen. Der erste Wahlgang findet am Sonntag, 24. September, statt. Erhält an diesem Tag keiner der fünf Kandidaten auf Anhieb die absolute Mehrheit, also mehr als 50 Prozent der abgegebenen Stimmen, kommt es zur Stichwahl.
Diese ist auf Sonntag, 15. Oktober, terminiert. Dazu treten dann nach den neuen Bestimmungen nur noch die beiden Bestplatzierten an. Wer dann die meisten Stimmen auf sich vereint, ist gewählt
Service
Weitere Berichterstattung zur OB-Wahl finden Sie auf bnn.de und auf weiteren Sonderseiten in der Rastatter Ausgabe des Badischen Tagblatts. Videoporträts von den Kandidaten werden im Lauf des Donnerstags auf bnn.de veröffentlicht. Immer auf dem Laufenden sind Sie zudem mit dem kostenlosen Newsletter zur OB-Wahl, den man unter https://service.bnn.de/newsletter abonnieren kann. Er ist jederzeit wieder abbestellbar.