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Antworten zum Umweltskandal

Ernüchternde Bilanz: Gibt es keine Hoffnung in Sachen PFC in Rastatt?

Die achte Bürgerinformationsveranstaltung im Landratsamt zu den Chemikalien zieht eine ernüchternde Bilanz. Experten setzen auf das Vor-Ernte-Monitoring.

Mit einem Lysimeter kann der Eintrag von Schadstoffen im Boden gemessen werden.
Mit einem Lysimeter kann der Eintrag von Schadstoffen im Boden gemessen werden. Foto: Daniel Noyes

Die Menschen in Mittelbaden sollten sich keine Hoffnung machen, dass die PFC-Giftstoffe in Boden und Grundwasser bald abgebaut sind. „Mehrere Jahrzehnte und länger wird das dauern“, je nach Beschaffenheit des Bodens.

Das prophezeite Monika Hofmann von der Stabsstelle PFC im Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe bei der achten Bürgerinformationsveranstaltung im Landratsamt Rastatt.

Der Umweltskandal ist seit neun Jahren bekannt. Als Ursache deutet vieles auf mit Papierindustrie-Schlämmen versetzten Kompost hin, der auf Äckern ausgebracht wurde.

In einem Projekt namens „Fluortech“ haben Forscher in Versuchen mittlerweile viele Daten gesammelt, die diese These stützen, erklärte Hofmann.

Wichtige Fragen und Antworten zu dem Thema hat unser Mitarbeiter Volker Neuwald zusammengestellt.

Was weiß man aktuell über die betroffenen Flächen?

In Mittelbaden sind 3.091 Hektar untersucht worden, davon sind laut RP 1.215 Hektar belastet (Stand 31. Dezember 2021). Es gibt größere Ballungen bei Förch, Haueneberstein, rund um Hügelsheim sowie im Bereich Steinbach-Bühl-Vimbuch. Hinzukommen einzelne Äcker zwischen Rastatt und Ottersweier. Auch der Norden Mannheims hat ein massives PFC-Problem: 895 Hektar wurden dort bislang untersucht (Stand 30. Juni 2021), 531 Hektar gelten als belastet.

Wie stark ist das Grundwasser betroffen?

Im Oberflächengrundwasser werden sich die PFC- beziehungsweise PFAS-Fahnen weiter in Strömungsrichtung ausbreiten, also nach Nordwesten, erläuterte Thomas Gudera von der Landesanstalt für Umwelt (LUBW). „Dabei kommt es zu einer Verdünnung mit unbelastetem Grundwasser, was die maximale Konzentration verringern wird.“ Im mittleren und unteren Grundwasserleiter aber, also in tieferen Schichten, werde sich die Gesamtmasse an PFAS und damit auch die PFAS-Konzentration in den kommenden Jahren erhöhen, sagt der Fachmann voraus.

Kann das Trinkwasser bedenkenlos genutzt werden?

Ohne Einschränkungen, versicherte Martin Höfer, der Leiter des Gesundheitsamts Rastatt. „Alle gültigen Leit- und Orientierungswerte des Umweltbundesamtes hinsichtlich PFC werden eingehalten.“ Künftig wird es von der EU vorgegebene Grenzwerte geben. „Für einzelne PFAS-Verbindungen ist darüber hinaus mit noch strengeren Beschränkungen zu rechnen, gerade auch mit Blick auf Lebensmittel“, so Höfer. Der Behördenchef stellte die erheblichen und kostenintensiven Anstrengungen der Wasserversorger in der Region heraus, um jederzeit eine sichere Trinkwasserversorgung zu gewährleisten.

Kann man die vergiftete Erde nicht verbauen, um sie langfristig zu binden?

Die Verwendung in Lärmschutzwällen und in Konstruktionsbeton sei untersucht worden, so Monika Hofmann. Die Ergebnisse waren nicht ermutigend. Es bestehe die Gefahr einer noch stärkeren Auswaschung von PFAS als auf unbehandeltem Boden. Allenfalls das Ausbringen von Aktivkohle (gegebenenfalls mit Zusatzstoffen) auf belasteten Böden könnte die Auswaschung deutlich reduzieren.

Welche Möglichkeit bleibt dann noch?

Es ist sehr schwer vorherzusagen, wie PFAS von Pflanzen aufgenommen werden. Um zu verhindern, dass die Stoffe in den Nahrungskreislauf gelangen, setzen die Behörden auf das Vor-Ernte-Monitoring. Ulrich Kraft vom RP erläuterte anhand der Ergebnisse von 2021, warum das Erfolg verspricht. „Wenn PFAS-Grenzwerte bei den Voruntersuchungen überschritten sind, kommen die Produkte erst gar nicht auf den Markt.“ Die Daten aus den Untersuchungen hätten gezeigt, dass alle Ergebnisse „weit überwiegend unter den Beurteilungswerten“ liegen, die Lebensmittel für den Verzehr unbedenklich seien. „Die Methoden zur Bestimmung der PFAS werden immer weiter verfeinert, auch kleinste Spuren lassen sich mittlerweile nachweisen.“ Kraft: „Das Vor-Ernte-Monitoring greift.“

Wurden die Funde in Ooswinkel thematisiert?

Nur ganz am Rande im Schlusswort des Baden-Badener Oberbürgermeisters Dietmar Späth (parteilos). Er kündigte eine Informationsveranstaltung für betroffene Anwohner und interessierte Bürger an, die voraussichtlich am Donnerstag, 14. Juli, stattfinden wird.

Wie war die Resonanz bei den Teilnehmern?

Überwiegend positiv, was auch am Konzept lag. Begrüßung und Schlusswort fielen knapp aus. Vier Fachreferate fassten den Stand der Dinge komprimiert zusammen. Vertieft diskutiert wurde – je nach Interessenlage – an drei Infoständen zu den Themen Trinkwasser und Blutkontrollstudie, Landwirtschaft und Lebensmittel sowie Wasser und Boden. Rund 200 interessierte Bürger nutzten die Möglichkeit. Die Sorge vor den PFC-Auswirkungen auf die Gesundheit sei immer da, meinte eine Teilnehmerin aus Kuppenheim. „Aber wir müssen halt glauben, was man uns sagt.“



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