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Sucht- und Drogenberatung

Rastatt/Baden-Baden: Pandemie lässt Beratungsbedarf in der Fachstelle Sucht steigen

In der Fachstelle Sucht Rastatt/Baden-Baden ist 2020/21 der Beratungsbedarf gestiegen. Die Prävention kam zwar wieder in Gang, doch Omikron bereitet Sorge. Zugenommen haben der Alkohol-Alltagskonsum, der Konsum illegaler Drogen, Glücksspielsucht und Medienabhängigkeit.

Der Anteil ist 2021 wieder gestiegen: Fast die Hälfte der Klienten der Fachstelle Sucht Rastatt/Baden sind Menschen mit Alkoholproblemen. Nicht so sehr Trink- oder Konsumexzesse waren in Corona-Zeiten das Problem, sondern der gewohnheitsmäßige Alltagskonsum.
Der Anteil ist 2021 wieder gestiegen: Fast die Hälfte der Klienten der Fachstelle Sucht Rastatt/Baden-Baden sind Menschen mit Alkoholproblemen. Nicht so sehr Trink- oder Konsumexzesse waren in Corona-Zeiten das Problem, sondern der gewohnheitsmäßige Alltagskonsum. Foto: Alexander Heinl/dpa

Trotz Corona habe in den Jahren 2020 und 2021 der Beratungsbedarf in der Fachstelle Sucht Rastatt/Baden-Baden deutlich zugenommen, berichtet Wolfgang Langer.

„Die ambulante Suchthilfe ist heute mehr denn je gefordert“, sagt der Leiter der Fachstelle.

Eine Steigerung verzeichnen die Beratungsstellen des Baden-Württembergischen Landesverbands für Sucht und Rehabilitation (BWLV) nicht nur bei den Einzelkontakten, sondern auch bei den Gruppenangeboten.

Steigerung bei Einzel- und Gruppenangeboten

„Ungeachtet der schwierigen Rahmenbedingungen ist es uns gelungen, unsere Klienten in erhoffter Weise zu erreichen und auf hohem Niveau zu beraten“, berichtet der Fachstellenleiter.

„Unsere Beratungsstellen haben durchgängig ihr persönliches Beratungsangebot vorgehalten. Der kontrollierte Zugang blieb dank eines aufwendigen Hygienekonzepts jederzeit möglich. Das Angebot der Telefonberatung wurde gut genutzt. Erreicht haben wir unsere Klienten auch über das Internet“, erklärt Langer beim Pressegespräch. „Ab 2022 möchten wir verstärkt in die Videoberatung einsteigen.“

In Sorge: Wolfgang Langer, Leiter der Fachstelle Sucht, hofft, dass die Ausbreitung der Omikron-Variante den zuletzt positiven Trend im Bereich „Prävention“ nicht stoppt.
In Sorge: Wolfgang Langer, Leiter der Fachstelle Sucht, hofft, dass die Ausbreitung der Omikron-Variante den zuletzt positiven Trend im Bereich „Prävention“ nicht stoppt. Foto: Ralf Joachim Kraft

Nach den bisherigen Erfahrungen könnten digitale Beratungs- und Präventionsangebote und Telefonkontakte die persönlichen Begegnungen zwar nicht ersetzen. „Aber sie werden künftig stärker als bisher das persönliche Angebot ergänzen und gewisse Lücken schließen können“, so Langer.

Digitales Angebot ergänzt persönliche Beratung

Die Gesamtzahl der Klienten nahm in den beiden Corona-Jahren im Vergleich zu den Vorjahren nur leicht ab. Insgesamt betreute die Fachstelle Sucht 2011 bis 2019 im Schnitt 1.500 Personen jährlich. 2020 sank die Zahl auf 1.400 und 2021 auf 1.300.

Bei den Klienten mit Hauptwohnsitz im Kreis Rastatt sank die Zahl von im Schnitt 1.100 auf 992 im Vorjahr und auf knapp 1.000 im zu Ende gehenden Jahr.

Deutlich zugenommen haben laut Langer die Einzelkontakte. Waren es in den Vorjahren im Schnitt 4.800 Einzelgespräche jährlich, so stieg die Zahl 2020 auf 5.620. „Zum Jahresende 2021 hin werden es sogar 5.900 sein“, berichtet Langer.

Klienten-Anzahl sinkt in der Pandemie nur leicht

Reduzierten sich 2020 die Gruppenangebote von im Schnitt 3.000 auf rund 1.800, so erreichte die Anzahl 2021 mit 3.800 einen neuen Höchststand.

Die Angebote richten sich an Betroffene, die sich im Austausch mit anderen mit ihrer Sucht auseinandersetzen und Wege aus der Abhängigkeit finden möchten. Der Anstieg zeige, wie sehr sich die Betroffenen nach Gemeinschaft und Austausch sehnen, so Langer.

Der Anteil der Menschen mit Alkoholproblemen (aktuell 47,7 Prozent der Klienten) sei 2021 wieder gestiegen, im Vergleich mit den Vorjahren jedoch leicht rückläufig. Vermehrt habe es die Fachstelle jedoch mit Rückfällen langjähriger Klienten und Problemkonsumenten zu tun bekommen.

Soziale Isolation und Krankheitsängste führten zu schweren Verläufen bei Suchterkrankungen.
Wolfgang Langer, Leiter der Fachstelle Sucht

„Soziale Isolation und Krankheitsängste führten zu schweren Verläufen bei Suchterkrankungen. Menschen mit psychischen Problemen haben verstärkt konsumiert“, stellt der Fachstellenleiter fest. „Nicht so sehr Trink- oder Konsumexzesse waren das Problem, sondern der gewohnheitsmäßige Alltagskonsum.“

Deutlich zugenommen hat seinen Angaben zufolge die Anzahl der Konsumenten illegaler Drogen. Gestiegen seien auch die Anteile in den Bereichen pathologisches Glücksspiel und Medienabhängigkeit.

Zunehmend Angehörige von Suchtkranken beraten

„Es kommen inzwischen vermehrt Eltern mediensüchtiger Kinder. Überhaupt lassen sich wesentlich mehr Angehörige von Suchtkranken beraten“, vermutet Langer den vermehrten Leidensdruck zu Hause als Ursache.

Der Fachstellenleiter befürchtet in den nächsten Jahren eine wachsende Suchtproblematik in allen Bereichen. Umso notwendiger werde daher die Suchtprävention. Trotz des sehr hohen Bedarfs kam diese in den beiden Corona-Jahren zu kurz.

Fachstelle befürchtet wachsende Suchtproblematik

Gründe dafür waren Zugangsbeschränkungen, Schließungen kooperierender Einrichtungen und das eher wenig nachgefragte digitale Angebot. „Allerdings hat sich gerade in den letzten beiden Monaten 2021 die Anzahl der Präventionsmaßnahmen stark erhöht. Im Vergleich mit dem Rest des Jahres hat sie sich sogar fast verdoppelt“, berichtet Langer.

Er hofft nun darauf, dass der positive Trend 2022 anhält. „Sorge bereitet uns allerdings die Ausbreitung der Omikron-Variante des Coronavirus.“

Mit anderen Worten: Sollte es, wie erst jüngst von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) prognostiziert, zu einer massiven fünften Welle kommen, könnte diese Entwicklung auch die Suchthilfe und -prävention erneut vor besondere Herausforderungen stellen.

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