Die Ankunft zahlreicher ukrainischer Flüchtlinge stellt auch den Landkreis Rastatt und die dafür zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Landratsamt vor eine Herausforderung. Während das Ausmaß der Flüchtlingswelle in den ersten Wochen nach Beginn des russischen Angriffskriegs nur schwer einkalkulierbar war, habe man die Lage inzwischen im Griff.
„Mittlerweile können wir wieder von einer Art Normalbetrieb sprechen“, so der Pressesprecher des Landratsamts, Michael Janke. Und dennoch: Der mit der neuen Flüchtlingswelle verbundene Arbeitsaufwand ist nach wie vor enorm, wie bei einer Pressekonferenz am Donnerstag deutlich wird. Mit Hochdruck schafft der Landkreis kontinuierlich Plätze für ankommende Flüchtlinge aus der Ukraine.
Parallel dazu sind Flüchtlinge aus anderen Regionen der Welt unterzubringen. Mehrere Ämter kümmern sich um die rechtlichen und finanziellen Rahmenbedingungen. Rund 2.200 Menschen aus der Ukraine sind derzeit im Landkreis Rastatt gemeldet, wie der Erste Landesbeamte Jörg Peter berichtete. Der Großteil von ihnen, rund 1.500 Menschen, ist in Privatunterkünften untergekommen. Die restlichen 700 leben momentan in Gemeinschaftsunterkünften.
Flüchtlinge sollen maximal sechs Monate in Gemeinschaftsunterkünften bleiben
Die Zahlen seien allerdings sehr dynamisch. So wurden noch am Donnerstag rund 100 weitere Ankömmlinge erwartet, die die neu eingerichtete Gemeinschaftsunterkunft im ehemaligen Kripogebäude in der Rauentalerstraße in Rastatt beziehen sollten, merkte David Leonte, Leiter des Amts für Migration, Integration und Recht, an. In der kommenden Woche sollen bis zu 100 weitere Personen kommen. Damit wäre die Kapazität von 240 Menschen in dieser Unterkunft fast ausgeschöpft.
Zusätzlichen Platz für bis zu 120 Personen bietet nun auch das ehemalige Notariatsgebäude in der Carl-Friedrich-Straße. „Insgesamt verfügen wir dann über neun Gemeinschaftsunterkünfte im Landkreis“, fasste Leonte zusammen. Sollten die Flüchtlingszahlen noch einmal massiv ansteigen, könne man immer auch auf Notunterkünfte – etwa Schulhallen, die mit Feldbetten ausgestattet werden – zurückgreifen.
Vorgesehen sei, dass die Flüchtlinge maximal sechs Monate in den Gemeinschaftsunterkünften bleiben und dann auf die einzelnen Kommunen verteilt werden. Um zu regeln, wie sie mittelfristig in den Städten und Gemeinden unterkommen werden, wurde ein Verteilschlüssel festgelegt. Mit der räumlichen Verteilung der Ukrainerinnen und Ukrainer sei es aber längst nicht getan. „Danach geht es darum, die notwendigen Leistungen zur Bestreitung des Lebensunterhalts zu regeln“, erklärte Sozialdezernent Jürgen Ernst.
Noch gelte dafür ein Leistungsanspruch nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Seit dem Beginn des Kriegs seien beim Sozialdezernat rund 1.020 Anträge eingegangen. Neben den Anträgen der Ukrainer müsse man sich zusätzlich um knapp 500 Asylbewerber kümmern. „Das ist natürlich eine enorme Arbeitsbelastung. Wir kommen mit der Bearbeitung momentan nur schwer hinterher“, räumte Ernst ein.
Ukrainische Flüchtlinge haben ab 1. Juli Anspruch auf Hartz IV
Integrationsmanager seien außerdem mit der sozialen Beratung und Betreuung der Flüchtlinge beschäftigt und unterstützten sie etwa beim Sozialantrag und bei Behördengängen. Ab 1. Juli hätten ukrainische Flüchtlinge dann Anspruch auf Hartz IV. Auch dafür sei ein Antrag notwendig. Mitarbeiter des Jobcenters helfen bei der Antragsstellung und erheben gleichzeitig die schulischen und beruflichen Qualifikationen.
Das ist notwendig, denn: Ukrainer haben eine Arbeitserlaubnis. Manche von ihnen hätten auch schon ein Arbeitsverhältnis aufgenommen. Thomas Nissen, Leiter des Verwaltungsstabs Flüchtlinge, hob bei der Pressekonferenz auch das ehrenamtliche Engagement zahlreicher Helfer hervor. Rund 3.000 Einsatzstunden hätten Kräfte des THW, der Freiwilligen Feuerwehr und des DRK geleistet – insbesondere beim Auf- und Abbau einzelner Unterkünfte.
Inzwischen sei die Lage überschaubar, die Intensität der Stabsarbeit könne daher reduziert werden. Die „Außergewöhnliche Einsatzlage“, die Landrat Christian Dusch am 21. März festgestellt hatte, ist wieder eingestellt worden.