Das Anhörungsverfahren zur Wildvogelauffangstation Fingermann ist abgeschlossen. Darüber hat das Landratsamt Rastatt informiert. Das Veterinäramt stellte dort gravierende Mängel gegen den Tierschutz fest. Deshalb zieht das Landratsamt einen befristeten Aufnahmestopp in Betracht, um den Tierbestand zu reduzieren.
Am Montag gab es unter der Moderation des Regierungspräsidiums Karlsruhe ein knapp zweieinhalbstündiges Gespräch zwischen Landratsamt und Familie Fingermann. Das Landratsamt Rastatt plant, aufgrund wiederholt festgestellter Mängel unterschiedlicher Art eine weitere verwaltungsrechtliche Anordnung zu erlassen.
Der konkrete Inhalt der Anordnung wird nun abschließend festgelegt.Stefan Biehl, Sozialdezernent
„Der konkrete Inhalt der Anordnung wird nun unter Einbindung der betroffenen Behörden des Landratsamtes und unter Einbindung der Fachaufsichtsbehörden des Regierungspräsidiums Karlsruhe abschließend festgelegt“, erklärt Sozialdezernent Stefan Biehl.
Die Öffentlichkeit soll laut Sébastien Oser, Leiter der Naturschutzbehörde, nach Erlass der Anordnung und dem formellen Abschluss des laufenden Verfahrens über die weiteren Schritte informiert werden.
Das Veterinäramt kontrollierte aufgrund zweier unabhängiger Anzeigen 2019 die Vogelauffangstation. Dabei seien Verstöße gegen die Haltung und Fütterung festgestellt worden, wodurch die Wildtiere leiden oder geschädigt werden könnten, hieß es bei einer Pressekonferenz im Landratsamt Ende Juli dieses Jahres. Unter anderem seien ein toter, halb verwester Vogel oder Tiere in schlechtem Allgemeinzustand gefunden worden. Die Familie Fingermann würde zudem mit manchen Tieren nicht beim Tierarzt vorstellig.
Ich fand, es gab ein guten Austausch zwischen allen Beteiligten.Klaus-Eckhard Walker, Rechtsanwalt
Das Gespräch am Montag habe auf Wunsch der Familie Fingermann und ihrer Anwälte stattgefunden, heißt es in der Pressemitteilung des Landratsamtes. Das bestätigt auch Rechtsanwalt Klaus-Eckhard Walker, der die Familie juristisch vertritt. „Ich fand, es gab einen guten Austausch zwischen allen Beteiligten“, sagt Walker auf Nachfrage unserer Redaktion. Das Gespräch sei sehr konstruktiv gelaufen.
Für Walker geht es in der Sache allerdings grundsätzlich um die Frage, ob Wildvogeltiere, wenn sie verletzt vorgefunden werden, schützenswert sind oder ob sie der Natur überlassen werden sollten. In diesem Zusammenhang gebe es nur zwei Alternativen. Falls man zu dem Schluss komme, Wildvögel seien wild und kämen nur auf die Welt, um zu sterben, dann müsse keine Wildvogelauffangstation aufrecht erhalten werden.
Grundsätzliche Frage muss Politik klären
„Falls die Gesellschaft aber der Auffassung ist, dass unter anderem verletzte Turmfalken, Schwäne und Störche gesund gepflegt und ausgeheilt in die Natur entlassen werden können, ist das eine öffentliche Aufgabe“, sagt Walker. Diese Kernfrage sei offen und könne nur politisch geklärt werden: „Damit müssen sich der Landkreis sowie die Städte und Gemeinden auseinandersetzen.“
Falls die Gemeinschaft zum Schluss komme, dass sich um verletzte Wildvogeltiere gekümmert werden müsse, „kann niemandem Ehrenamtlichen zugemutet werden, die Kosten für den Tierarzt, die Unterbringung und Fütterung selbst zu finanzieren“. Der Rechtsanwalt appelliert an alle Beteiligten, sich zusammenzusetzen und gemeinsam die Probleme konstruktiv zu regeln. Walker verweist auf die Verfahrensweise bei heimat- und obdachlosen Haustieren. „Die werden im Tierheim abgeliefert.“ Der Landkreis bezahle dort einen Obolus. Der Rechtsanwalt könne sich eine ähnliche Verfahrensweise auch bei Wildvögeln vorstellen.
Walker hat den Eindruck, dass es dem Landkreis und dem Veterinäramt in der Sache darum geht, für die Zukunft ein gutes Modell zu finden. Pierre Fingermann wünscht sich, dass man sich in einem engeren Kreis an einen Tisch setzt, um gemeinsam eine praktikable Lösung zu finden.