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Reisig-Plätzen droht das Aus

Grünschnitt-Lieferanten in Rastatt sehen Rot

Drei von sechs Reisigplätzen in Rastatt droht das Aus: Bei einer Informationsveranstaltung in Plittersdorf stellte ein Planer vor mehr als 100 Besuchern das Konzept zum künftigen Betrieb der Reisigplätze vor. Die Bürger diskutieren lebhaft über die geplante Reduktion.

Von zentraler Bedeutung: Der Reisigplatz beim Rastatter Gruppenklärwerk wird am stärksten genutzt. Er soll um 4.200 Quadratmeter erweitert werden.
Von zentraler Bedeutung: Der Reisigplatz beim Rastatter Gruppenklärwerk wird am stärksten genutzt. Er soll um 4.200 Quadratmeter erweitert werden. Foto: Ralf Joachim Kraft

Der Besucherandrang bei der städtischen Infoveranstaltung zur Zukunft der Rastatter Reisigplätze ist erwartungsgemäß groß – trotz 3G und Maskenpflicht.

Dass bei dem Thema viele Emotionen ins Spiel kommen, ist angesichts der Vielzahl an Freizeitgärtnern und Streuobstwiesen-Besitzern absehbar. Schließlich geht es um die Frage, wie in Rastatt die künftige Entsorgung von Rasen, Laub oder Baumschnitt aussehen soll. Auch die Stadt selbst geht an diesem Abend nicht davon aus, dass ihre Pläne Jubelstürme auslösen.

Auf das Murren ist sie schon eingestellt: „Wir suchen bei diesem Thema ganz bewusst den Dialog mit Ihnen. Die Bürger sind angehalten, sich zu beteiligen“, betont Bürgermeister Raphael Knoth am Donnerstagabend in der Plittersdorfer Altrheinhalle. Mehr als 100 Besucher lassen sich dort das Konzept zum künftigen Betrieb der Reisigplätze vorstellen.

Die Bürger sind angehalten sich zu beteiligen.
Raphael Knoth, Bürgermeister

Keiner scheint begeistert zu sein. Jedenfalls meldet sich bei der lebhaften Diskussion kein Jubler zu Wort. Kritik am geplanten Grünabfallplan gibt es dafür jede Menge. Am Mikrofon stehen die Kritiker schon Schlange. Das Konzept sieht vor, dass es in der Kernstadt und den Ortsteilen künftig nur noch drei statt sechs Sammelstellen unter städtischer Regie gibt.

Knoth spricht von einer „guten und sinnvollen Reduzierung bei trotzdem guter Versorgungsqualität“. Ein Raunen geht durch den Saal. Den Grund für die vorgesehene Neuausrichtung liefert das Bundesimmissionsschutzgesetz. Es erlaubt den Betrieb solcher Anlagen nur mit entsprechender Genehmigung. Bei den Rastatter Plätzen handelt es sich meist um frühere Ortsmüllkippen.

Rastatter Anlagen werden Anforderungen nicht mehr gerecht

Diese werden nach den neuen Regeln nicht den heutigen Anforderungen gerecht. „Der Status quo wird daher auf Dauer nicht zu halten sein. Die Plätze dürfen in dieser Form künftig nicht mehr betrieben werden“, erklärt Knoth. „Wir müssen also frühzeitig nach Lösungen suchen.“

Wie die aussehen könnten, zeigt Matthias Kühle-Weidemeier vom Karlsruher Umweltingenieurbüro ICP auf. Sein Grünabfall-Gesamtkonzept sieht vor, dass die Plätze in Plittersdorf, Ottersdorf und Rauental stillgelegt werden. Nur die besser frequentierten Sammelstellen beim Rastatter Klärwerk („von zentraler Bedeutung“), in Niederbühl und Wintersdorf sollen bestehen bleiben.

Plätze in Kernstadt, Niederbühl und Wintersdorf bleiben erhalten

Ausweichen könnten die Rauentaler nach Muggensturm und Kuppenheim, die Plittersdorfer nach Steinmauern und die Ottersdorfer nach Wintersdorf. Im Hinblick auf die Kosten teilt der Umweltingenieur mit: „Bei den Betriebskosten sind derzeit nur 21 Prozent der Einnahmen gedeckt. Bei nur drei Plätzen wären es 42 Prozent.“ Der jährliche Fehlbetrag solle sich von 82.000 auf 30.000 Euro reduzieren. Bei Investitionskosten von 300.000 Euro pro Platz würde die Stadt 900.000 Euro sparen.

Kühle-Weidemeier verspricht bessere Betriebszeiten und eine angenehmere Anlieferung, kündigt aber auch längere Anfahrtswege von ein bis drei Kilometern an. Genau das sorgt für Missbehagen. Vor allem Rauentaler und Plittersdorfer machen ihrem Unmut Luft. Sie plädieren für zentralere Standorte und monieren, dass auf Kosten der Bürger Geld eingespart werden soll.

900.000 Euro würde die Stadt durch die Reduktion sparen

Einerseits trete die Stadt für Klimaschutz ein und verschenke Obstbäume. Andererseits mute sie den Leuten längere Anfahrtswege zu. Und das, obwohl die Streuobstbauern oft über Wochen mit Riesenmengen an Reisig auf Hängern und Traktoren unterwegs seien. Umweltfreundlich und nachhaltig sei das kaum. „Will man, dass es weiterhin Steuobstwiesen gibt – oder nicht?“, fragt die eine Frau. „Da blasen wir mehr Abgase in die Luft als das Ganze wert ist“, sagt ein Besucher.

Manche können sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Verwaltung „von der Wirklichkeit weit entfernt“ ist: „Sie haben wohl noch nie einen Baum geschnitten?“ Darauf Knoth: „Doch, ich bin selbst ein Dorfkind. Wir sind im Übrigen nicht hier, um Sie zu ärgern, sondern müssen verantwortungsvoll mit Steuergeldern umgehen.“ Daher benötige die Stadt ein Konzept für die nächsten Jahre.

Eine Bürgerin hat sich schlau gemacht: „Ich habe mal beim Landratsamt nachgefragt: Der Grünschnitt von Streuobst fällt gar nicht unter das Bundesimmissionsschutzgesetz – nur der Grasschnitt. Wäre es also nicht sinnvoller, den Streuobstbauern ihre Plätze zu lassen und für den Rasenschnitt zusätzliche Container im Ort aufzustellen?“ Eine konkrete Antwort blieb die Verwaltung ihr schuldig.

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