Kämmerer Wolfgang Nachbauer schlägt Alarm. „Die Tendenz geht in eine völlig falsche Richtung“, sagt der Kämmerer über den Haushaltsentwurf der Stadt Rastatt für das kommende Jahr. Entwickeln sich die Finanzen wie prognostiziert, schrumpft das Vermögen bis 2025 auf ein Minimum zusammen.
Trotz dieses Szenarios konnten sich die Stadträte am Donnerstag nicht zu einer Erhöhung der Gewerbesteuer durchringen. Es zeichnet sich allerdings ein Kompromiss ab.
Bereits im vergangenen Jahr hatte die Stadtverwaltung vorgeschlagen, an der Steuerschraube zu drehen. Die Mehrheit des Gemeinderats wollte diesen Schritt jedoch nicht mitgehen. Jetzt unternimmt die Verwaltung den nächsten Anlauf und schlägt vor, den Hebesatz ab dem Jahr 2023 von aktuell 390 von Hundert auf 420 zu erhöhen.
Wir brauchen einen großen Wurf.Wolfgang Nachbauer, Kämmerer
Nachbauer rechnet dadurch mit Mehreinnahmen in Höhe von jährlich 1,85 Millionen Euro und sagt: „Wir brauchen einen großen Wurf. Ich sehe keine anderen Konsolidierungsvorschlag, der eine so hohe Summe bewegen kann.“
Im Vergleich zu früheren Zeiten sind die Einnahmen durch die Gewerbesteuer drastisch gesunken. Für 2022 und die Folgejahre kalkuliert die Verwaltung auf Basis des bisherigen Hebesatzes mit rund 22 Millionen Euro pro Jahr. Der Höchststand der vergangenen Jahre lag 2017 bei fast 59 Millionen Euro, bevor es ab 2019 steil bergab ging.
Rastatt plant hohe Ausgaben für Baumaßnahmen ein
Trotzdem leistet sich die Stadt nach wie vor hohe Ausgaben. So stiegen die Investitionen für Baumaßnahmen parallel von 8,5 Millionen Euro im Jahr 2017 auf zuletzt rund 28 Millionen Euro im laufende Jahr.
Diese hohen Ausgaben können kein Dauerzustand sein.Wolfgang Nachbauer, Kämmerer
2022 sind Investitionen in Höhe von 39 Millionen Euro geplant, zum Beispiel für den Neubau von Kindergärten in Plittersdorf und Rheinau-Nord oder die Umgestaltung des Franz-Knotens. Nachbauer mahnt: „Diese hohen Ausgaben können kein Dauerzustand sein.“
Finanzieren kann die Stadt dieses Programm nur, indem sie ihr Sparbuch plündert. Die Eigenmittel betrugen 2021 noch komfortable 81 Millionen Euro. Nach aktuellem Stand blieben davon bis 2025 nur fünf Millionen Euro übrig. Und dass, obwohl die Stadt in den kommenden vier Jahren Kreditaufnahmen in Höhe von 35 Millionen Euro plant.
Freie Wähler und Grüne signalisieren Zustimmung
Die Mitglieder des Verwaltungs- und Finanzausschusses gaben in ihrer vergangenen Sitzung trotz dieser Hiobsbotschaften kein grünes Licht für die Erhöhung der Gewerbesteuer. Zustimmung signalisierten lediglich Grüne und Freie Wähler. Wobei FW-Sprecher Herbert Köllner betonte, dass in seiner Fraktion noch diskutiert werde: „Aber wir wollen uns dem Gedanken nähern, in diese Richtung zu gehen“, sagte er.
Roy Zilius (SPD) lehnte den Verwaltungsvorschlag als „falsches Signal“ ab. Die SPD erkenne die Belastung der Stadt aber an und wolle einen Kompromissvorschlag machen: eine „moderate Erhöhung“ des Satzes auf 400 Prozent. Mit diesem Schritt könnte sich auch die CDU einverstanden erklären, sagte deren Fraktionsvorsitzende Brigitta Lenhard.
Ralf Willert machte deutlich, dass die AfD den Verwaltungsvorschlag nicht mittragen werde. Den Kompromissvorschlag müsse die Fraktion erst diskutieren.
Gemeinderat wird am 13. Dezember entscheiden
Michael Weber (FDP) sah die Steuererhöhung „extrem skeptisch“, vor allem angesichts von „Fehlentwicklungen auf der Ausgabenseite“. Simone Walker (FuR) bat ebenfalls um weitere fraktionsinterne Beratungsmöglichkeiten.
Diese wollte Oberbürgermeister Hans Jürgen Pütsch (CDU) allen Fraktionen einräumen und verzichtete auf eine Abstimmung. Zum Schwur kommt es nun in der nächsten Sitzung des Gemeinderats, die bereits am Montag, 13. Dezember, ab 17.30 stattfindet.