Der große Sitzungssaal ist voll. Die Bluttat, die sich kurz vor Weihnachten vor einer Iffezheimer Bäckerei ereignet hatte, stößt unübersehbar auf großes Interesse in der Öffentlichkeit.
Der in Handfesseln geschlossene Angeklagte scheint dem Geschehen am ersten Prozesstag im Landgericht Baden-Baden reglos beizuwohnen. Sagen wolle er nichts. Er schweigt.
Ehefrau des Geschädigten ruft die Polizei
Der Beschuldigte ist angeklagt wegen versuchten Totschlags. Er soll seinen Nachbarn mit mehreren Messerstichen zunächst niedergestreckt und ihm im Anschluss versucht haben, den Schädel einzuschlagen. Obendrein zog sich der 49-jährige Bäckermeister mehrere Rippenbrüche zu. Mit fatalen gesundheitlichen Folgen überlebte er die Attacke.
„Mein Mann wird gerade verprügelt“, soll die aufgebrachte Ehefrau gegen 18 Uhr der Polizei gemeldet haben. Sofort machten sich zwei Streifenwagen auf den Weg, berichtete einer der Beamten, die als erste an den Tatort kamen. Der Täter war längst verschwunden.
Der Hinterkopf war eingedellt.Polizist
über den Geschädigten
Vorgefunden habe man das Opfer in Schnee und Eis auf dem Rücken liegend. Beim Versuch, ihn in die stabile Seitenlage zu bringen, wurde das Ausmaß der Verletzungen offenbar, schilderte ein Beamter seine Wahrnehmungen. „Der Hinterkopf war eingedellt“, schilderte er seine Wahrnehmungen.
„Es sah aus wie ein Fußball, in dem zu wenig Luft drin war“, erläuterte er auf Rückfrage der Sachverständigen näher. Unweit vom Opfer fanden die Polizisten neben einem blutverschmierten Klappmesser auch einen schweren, blutigen Stein, dessen Gewicht der Zeuge auf rund 20 Kilogramm schätzte.
Beschuldigter soll großen Stein auf den Geschädigten geworfen haben
Hilflos habe die Ehefrau das Geschehen mitverfolgen müssen, als sie mit ihrem Mann vom Einkaufen heimkehrte. Er sei vor dem eigenen Wohnhaus ausgestiegen. Sie habe den Wagen in die nahegelegene Garage gefahren. Dann habe sie ihren Mann gehört. „Hol die Polizei“, soll er gerufen haben, ehe er zu Boden ging.
Ein Handy habe sie nicht bei sich gehabt. Als sie bei den Nachbarn läutete und schließlich in die Bäckerei rannte, um zu telefonieren, habe sie gesehen, wie der Angreifer aus dem Nachbarvorgarten einen großen Stein mit beiden Händen hochhob und ihn auf den Geschädigten warf, schilderte sie unter Tränen.
Abwehrverhalten habe ihr Mann da schon nicht mehr gezeigt. Der schwere Stein habe ihn ungebremst getroffen. Daraufhin sei der Beschuldigte einfach weggegangen, als sei das ganz normal, schilderte die Ehefrau.
Der Angriff hatte fatalen Folgen, wie den verschiedenen Gutachten zu entnehmen war. Diese hatte die Klinik im Vorfeld des Verfahrens erstellt. Von Wachkoma und bedingter Ansprechbarkeit sowie völliger Hilflosigkeit war darin die Rede.
Ihm fehlen insgesamt etwa zehn Jahre.Ehefrau
des Geschädigten
Ihr Mann habe die Reha zwischenzeitlich durchlaufen und wird gegenwärtig in einer Pflegeeinrichtung betreut. Noch sei es ihr gemeinsam mit ihrem Team möglich, den Betrieb aufrechtzuerhalten. Dieser umfasst auch eine Filiale in Rastatt und eine weitere in Sandweier. Der Personalmangel werde sie jedoch zwingen, bis Ende des Jahres eine der Filialen zu schließen.
Ob es ihrem 49-jährigen Ehemann jemals möglich sein wird, in den Betrieb zurückzukehren, sei reine Spekulation. Mit Hilfe könne er sich im Rollstuhl fortbewegen, könne essen und sich in einfachen Worten artikulieren. Doch die Erinnerungen an die Tat seien verloren. „Ihm fehlen insgesamt etwa zehn Jahre.“
Angeklagter könnte in einer Psychiatrie untergebracht werden
Gemäß den Zeugenaussagen wollte der Angreifer das Leben des Bäckermeisters insgesamt auslöschen. Bedauern habe er keines gezeigt. Nach seiner Festnahme soll er gefragt haben, ob sein Opfer noch lebe. „Ich hoffe nicht“, soll er gesagt haben.
Der Mann soll unter einer psychischen Erkrankung leiden. Für ihn geht es im Augenblick um die Unterbringung in einer Psychiatrie. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft sind weitere entsprechende Straftaten zu erwarten. Der Beschuldigte sei gefährlich.
Der Tat gehen offenbar mehrere Vorfälle voraus
Dies habe der Bäckermeister schon vor der Tat zu spüren bekommen. So berichtete seine Frau im Zeugenstand von offenbar haltlosen Anschuldigungen des mutmaßlichen Täters ihrem Ehemann gegenüber.
Der Bäcker soll sich nach Behauptung des Angeklagten etwa von seinem eigenen Keller aus einen Tunnel unter der Straße hindurchgegraben, um von dort ungesehen in die Wohnung des Angeklagten zu gelangen. Mehrfach soll er ihn ausgeraubt, ihn mit Kabelbindern an einen Stuhl gefesselt und ihn drangsaliert haben.
Die Vorfälle sind aktenkundig, weil sie jeweils Anzeigen nach sich zogen. Einmal habe sich das spätere Opfer auch von seinem Angreifer zu später Stunde aus dem Haus locken lassen, wobei es ebenfalls zu einem Angriff gekommen sei.