Jürgen Ernst, Sozialdezernent im Landratsamt Rastatt, appelliert an alle im Landkreis Rastatt angekommenen Flüchtlinge aus der Ukraine und an Menschen, die sie beherbergen, sich zu melden.
Ein zweiter Appell ergeht von Jugendamtsleiter Gerald Maisberger: Wem die Anwesenheit unbegleiteter Kinder auffällt, soll sich an die Behörde wenden. Denn nicht jeder hat gute Absichten mit ihnen.
Sebastian Linkenheil hat weitere Details zur Situation im Landkreis zusammengetragen.
Wie viele ukrainische Flüchtlinge haben den Landkreis schon erreicht?
Das ist schwer zu sagen. Auf 350 Personen beziffert David Leonte, Leiter des Amts für Migration, Integration und Recht, die Anzahl der bisher im Landratsamt bekannten geflüchteten Ukrainer. „Das ist aber ein Wert von Anfang der Woche, er dürfte inzwischen deutlich höher liegen“, erklärt er, dass die Kreiskommunen nur einmal wöchentlich eine entsprechende Meldung ans Landratsamt machen. Es handelt sich überwiegend um Frauen und Kinder, Männer sind nur vereinzelt darunter. Erschwert wird die Schätzung noch, weil viele Ukrainer privat unterkommen. Anders als seinerzeit die syrischen Flüchtlinge, haben viele Ukrainer Verwandte oder Freunde in Deutschland. Sie haben ferner freie Wahl des Wohnorts, sind nicht an zugewiesene Landkreise gebunden.
Wo kommen die Geflüchteten noch unter?
Wer nicht privat unterkommt, dem kann der Landkreis ein Obdach bieten. Man habe kurzfristig das Gasthaus „Blume“ in Bühl ertüchtigt, das bereits mit 50 bis 60 Personen fast belegt sei. 66 Plätze bietet die ehemalige Pension „Gerbes“ in Forbach, die ersten Ukrainer seien dort schon eingezogen. Die Freizeithallen in Moosbronn und Freiolsheim stehen bereit und sollen Platz für 73 Personen bieten, die „Krone“ in Bühl-Oberbruch für bis zu 66. Und auch das Martha-Jäger-Haus in Rastatt wird zur Unterbringung genutzt werden. Die Bewohner des Pflegeheims ziehen ab nächster Woche in die neue Einrichtung auf dem Hatz-Areal um, eine Parallelnutzung sei nicht möglich und nicht vorgesehen, erklärt Michael Janke, Pressesprecher des Landkreises. Als Plan B werde zur Notfallunterbringung auf die kreiseigenen Sporthallen der HLA Bühl und des Wilhelm-Hausenstein-Gymnasiums Durmersheim zurückgegriffen.
Kann man auch selbst Wohnraum anbieten?
Das Landratsamt hatte jüngst dazu aufgerufen, Wohnraum für Flüchtlinge zu melden. Die Resonanz sei groß, sagt Leonte. Der Landkreis sei eher an großen Mietobjekten wie leer stehende Hotels interessiert. Kleinere Wohnungen solle man den Kommunen melden.
Wie kommen Geflüchtete an staatliche Unterstützung?
Egal ob in einer Unterkunft des Landkreises oder privat untergebracht: Geflüchtete Personen aus der Ukraine können sich über die Kommunen, in denen sie im Augenblick wohnen, ans Rastatter Landratsamt wenden und erhalten Beratung durch die 24 Integrationsmanager des Landkreises. Sie helfen bei der Sicherstellung der Grundversorgung und geben die notwendigen Informationen zu Aufenthaltsberechtigung, Anmeldung bei der Gemeinde, finanzielle Absicherung, mögliche Mietzuschüsse, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und zur Gesundheitsvorsorge, erklärt Stephanie Bartsch, neue Leiterin des Amts für Soziales, Teilhabe und Vorsorge im Landratsamt. Außerdem unterstützen die Mitarbeiter bei der Frage nach einem Sprachkurs oder dem Schulbesuch der Kinder.
Was ist mit Kindern, die ohne Eltern aus der Ukraine geflohen sind?
Gerald Maisberger vom Jugendamt macht auf die Schutzbedürftigkeit unbegleiteter Minderjähriger aufmerksam. Wer Kinder etwa per Shuttle an der ukrainischen Grenze abholt, sollte sich auf jeden Fall von den leiblichen Eltern eine schriftliche Vollmacht geben lassen. Wer unbegleitete Kinder bei sich aufnimmt, brauche nach spätestens acht Wochen eine Pflegeerlaubnis. Das Jugendamt schaue sich dann die Wohnverhältnisse an und hole ein erweitertes Führungszeugnis ein. Noch seien keine unbegleiteten Kinder aus der Ukraine im Landkreis bekannt, Maisberger rechnet aber damit, dass es sie gibt. Wem unbegleitete Kinder auffallen, solle sich ans Jugendamt wenden. Es sei nicht auszuschließen, dass Kinder verschleppt und missbraucht würden.
Wohin kann man sich mit Fragen wenden?
Für Fragen und Angebote im Zusammenhang mit ukrainischen Geflüchteten hat der Landkreis die E-Mail-Adresse ukraine@landkreis-rastatt.de eingerichtet. Unter www.landkreis-rastatt.de/ukraine gibt es weitere informationen und Formulare.