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Führung mit Restaurator

In der Schlosskirche Rastatt hat sogar der Hausmeister ein Denkmal

Die Schlosskirche zum Heiligen Kreuz ist ein barockes Juwel in Rastatt. Johannes Wilhelm, der pensionierte Landeskonservator, hat bei einer Führung Hintergründe zur Restauration beleuchtet.

Unscheinbares Juwel: Das aufwändige Deckengemälde entlockt den Besuchern der Schlosskirche zum heiligen Kreuz in Rastatt immer wieder Erstaunen hervor.
Unscheinbares Juwel: Das aufwändige Deckengemälde entlockt den Besuchern der Schlosskirche zum heiligen Kreuz in Rastatt immer wieder Erstaunen hervor. Foto: Dominik Schneider

Zwei Engel über der Heiligen Stiege lachen auf die Besucher herab. Zwischen Sibyllenbau und der Schlosskirche zum Heiligen Kreuz in Rastatt ist die Scala Santa. Eine Nachbildung der Heiligen Treppe im Lateralspalast in Rom.

Johannes Wilhelm schüttelt unter den Engeln den Kopf. „Die beiden Engel hat in den 1960er Jahren der Hausmeister des Lyzeums mit Silberbronze lackiert“, erzählt der pensionierter Landeskonservator und lacht.

Wilhelm führt eine kleine Gruppe durch die Schlosskirche und gibt Einblicke in die Hintergründe der 2017 abgeschlossenen Restaurierung.

So hat dann nun auch der Hausmeister ein Denkmal hier.
Johannes Wilhelm, pensionierter Landeskonservator

Die Engelsfiguren abzuschleifen, hätte sie wohl entstellt. Drei Schichten habe man auf den Figuren festgestellt. „So hat dann nun auch der Hausmeister ein Denkmal hier“, sagt Wilhelm.

Die Treppe durfte nach einer Vorschrift des Papstes allerdings nur auf den Knien und ohne Waffen erklommen werden. So steht es in der von den Engelsfiguren umrahmten Inschrift. Eine Qual, die mit einem Sündenablass belohnt wurde.

Markgräfin wurde zu religiösen Eifererin

Die im April 1723 durch den Speyerer Fürstbischof Damian Hugo von Schönborn geweihte Kirche wurde nach den persönlichen Wünschen von Markgräfin Sibylla Augusta von Baden ausgestattet. Die Markgräfin wandelte sich nach dem Tod ihres Ehemannes Ludwig Wilhelm. „Aus einer lebenslustigen Hofdame wurde eine Frau, die sich stark auf den christlichen Glaube fokussierte“, sagt Wilhelm. Ihr Mann und sechs ihrer neun Kinder sind gestorben. Das sei wichtig für das Verständnis der Schlosskirche.

Die Scala Santa führt gesäumt von Gemälden hinauf zur Kapelle des Leidens Christi. Die Gemälde seien von Eisenkonstruktionen umrahmt gewesen. „Da wurde der Winkelschleifer angesetzt und die Konstruktion zerstört“, so Wilhelm. Nun sind die Gemälde mit einer Holzkonstruktion umrahmt.

Sie betrachtete die Kirche als ihr Wohnzimmer.
Johannes Wilhelm, pensionierter Landeskonservator

Die Kapelle barg früher viele Reliquien. Rund 100 Knochen waren an den Wänden angebracht, andere lagen in kostbaren Behältnissen aus Silber, Gold und Edelsteinen. Augusta Sibyllas private Räume lagen direkt daneben. „Sie betrachtete die Kirche als ihr Wohnzimmer“, meint Wilhelm. Am Altar habe sich ein besonderer Altarvorsatz, ein Antependium, erhalten. Wie das Florentiner Kabinett in Schloss Favorite ist er mit Achat- und Jaspisplättchen und kostbaren Pietra-Dura-Tafeln geschmückt.

Die Schlosskirche zum heiligen Kreuz ist ziemlich kühl. Einige ziehen sich sogar Jacken an. Die Kirche ist konstant 16 Grad Celsius kalt. Die Scheiben sind getönt und können per Knopfdruck mehr Licht ins Innere lassen. Alles zum Schutz der barocken Kostbarkeiten. Als Johannes Wilhelm das Licht anknipst, ist unter den Besuchern ein erstauntes Murmeln zu hören.

Kostbare Textilien: In der Schlosskirche sind auch kostbare mit Stickerei verzierte Textilien zu sehen. Bei einer schiefgelaufenen Reinigungsaktion ist ein Teil der grünen Umrandung zerstört worden.
Kostbare Textilien: In der Schlosskirche sind auch kostbare mit Stickerei verzierte Textilien zu sehen. Bei einer schiefgelaufenen Reinigungsaktion ist ein Teil der grünen Umrandung zerstört worden. Foto: Dominik Schneider

Die Blicke gehen direkt nach oben. Über allen schwebt auf dem Deckengemälde, geschaffen von Johann Hiebel, Jesus Christus als Erlöser. Um ihn herum sind Szenen zu sehen, in denen das Heilige Kreuz und die Heilige Helena eine besondere Rolle spielen. Helena, die Mutter des römischen Kaisers Konstantin, hat der Überlieferung zufolge im Jahr 326 in Jerusalem das Grab Christi entdeckt. Mit ihren Sohn ließ sie später über der Fundstelle die berühmte Grabeskirche errichten, was ebenfalls auf dem Gemälde veranschaulicht wird.

Augusta Sibylla identifiziert sich mit Heiligen

„Die Heilige Helena auf dem Deckengemälde sieht aus Sibylla Augusta“, sagt Wilhelm. Die badische Markgräfin identifizierte sich nur all zu gerne mit der Heiligen, die wie sie selbst eine Herrschermutter sowie Bauherrin war – und eine Wegbereiterin des Glaubens. Da sie aber zum Zeitpunkt des Gemäldes noch gelebt habe, sei sie knieend dargestellt worden.

Stumme Zeitzeugen: Schüler haben sich während des Unterrichts in die Kirchenbänke der Schlosskirche Rastatt verewigt.
Stumme Zeitzeugen: Schüler haben sich während des Unterrichts in die Kirchenbänke der Schlosskirche Rastatt verewigt. Foto: Dominik Schneider

Als ein buchstäbliches Highlight entpuppen sich bei der Führung die leuchtenden Alabastersäulen über dem Hochaltar. „Früher waren darin Ölkerzen, die mit einem Paternoster-Aufzug nach oben gezogen wurden“, erklärt Wilhelm. Die habe im 20. Jahrhundert dann durch Glühbirnen ersetzt, deren Hitze die Säulen beschädigte. „Die wurden wieder aufwändig zusammen geklebt.“ Mittlerweile habe man mit der LED-Technik ganz andere Möglichkeiten.

Neben den zahlreichen prunkvollen Altären sind die zwei Heiligen Leibern Theodor und Theodora ein Hingucker. Wilhelm weist daraufhin, dass die Toten aus den Katakomben aus der Pestzeit stammten. „Da sind sicherlich einige römische Schankdamen und Kerle dabei“, meint Wilhelm. Deshalb wollte die Kirche auch heutzutage nur noch wenig von den „Katakombenheiligen“ wissen.

Einmal wöchentlich wird der Boden der Schlosskirche von einer Putzfrau gereinigt. Damit der von den Besuchern eingetragene Schmutz nicht Überhand nimmt. Abstauben müssten dann aber wieder die Restauratoren.

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