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„Nachtfalter-Leuchtabend“

Insektenkundler gewährt in Rastatter Ökostation Einblick in bunte Welt der heimischen Nachtfalter

Die „Motten“ haben eher einen schlechten Ruf, Begegnungen mit Menschen enden für sie oft tödlich. Bei einem Nachtfalter-Leuchtabend will der NABU sensibilisieren und auf Bedeutung und Schönheit der Nachtfalter aufmerksam machen, die viele vor allem „eklig“ finden.

Nächtliche Versammlung beim Leuchtturm: Schmetterlingsfans beobachten in der Rastatter Ökostation Nachtfalter. Das kurzwellige Licht hat die flatternden Besucher ans Gaze-Netz gelockt, das um die künstliche Lichtquelle gespannt ist.
Schmetterlingsfans beobachten in der Rastatter Ökostation Nachtfalter. Das kurzwellige Licht hat die flatternden Besucher ans Gaze-Netz gelockt, das um die künstliche Lichtquelle gespannt ist. Foto: Ralf Joachim Kraft

Verliebte, so sagt man, hätten Schmetterlinge im Bauch. Den meisten Menschen dürften dabei wohl jene Falter in den Sinn kommen, die tagsüber als bunte Wegbegleiter durch die Luft flattern.

So wie etwa der Zitronenfalter, der Admiral oder der Schwalbenschwanz. Vermutlich eher wenige denken indessen an das Taubenschwänzchen, das Widderchen oder an den Totenkopfschwärmer, der vielen höchstens vom Cover zum Film „Das Schweigen der Lämmer“ bekannt sein dürfte.

Für manche sind Nachtfalter, allgemein als Motten bezeichnet, nur ekliges Ungeziefer. Auf jeden Fall aber fristen sie im Gegensatz zu den beliebten Tagfaltern ein Schattendasein. Doch das soll sich beim Nachtfalter-Leuchtabend buchstäblich ändern. Es ist kurz vor 21 Uhr: Nach einem schwülheißen Tag bricht die Dämmerung herein. Von Minute zu Minute wird’s dunkler.

„Rendezvous mit der Natur“ am Westring in der Ökostation

Sieben Personen haben sich am Westring in der Ökostation versammelt. Deren Leiterin Veronika Öder begrüßt im Namen der Stadt Rastatt zu einem besonderen „Rendezvous mit der Natur“.

Die Gäste dürfen unweit der beiden Gaskessel Nachtfalter beobachten. Der frühere Biologielehrer Helmut Läpple ist gekommen, „um von einem Experten noch etwas zu lernen“, wie er sagt. Michaela Schroeter aus Niederbühl will „mal sehen, wie Falter angelockt werden“.

Sie wird nicht enttäuscht, denn Insektenkundler Rolf Mörtter hat sich hierzu einiges einfallen lassen. Zum einen baute er auf dem Gelände einen Leuchtturm auf, der freilich nichts mit den Leuchtfeuer-Bauwerken in Nord- und Ostsee zu tun hat.

Und weil Falter auf Süßes mit Alkohol stehen, hängte er an den Ästen einiger Bäume spezielle Köder auf. Nämlich Wollfäden, die mit gezuckertem Rotwein und einem Schuss Rum getränkt sind. „Wenn die Falter genug haben, lassen sie sich fallen.“

Durch den hohen Anteil an UV-Licht werden die Nachtfalter und viele andere Insekten angelockt.
Rolf Mörtter, wissenschaftlicher Projekt-Mitarbeiter beim Naturkundemuseum Karlsruhe

Bei besagtem Leichtturm handelt es sich um einen etwa mannshohen Zylinder, der aus einem Gaze-Netz gefertigt ist. In der Mitte befinden sich eine Mischlicht-Lampe und eine Schwarzlicht-Röhre. „Durch den hohen Anteil an UV-Licht werden die Nachtfalter und viele andere Insekten angelockt. Sie setzen sich ans Netz. So kann man sie beobachten und bestimmen“, erklärt der promovierte Biologe, der seit sechs Jahren für das Naturkundemuseum Karlsruhe als wissenschaftlicher Projekt-Mitarbeiter tätig ist.

Die Daten, die er beim „Lichtfang“ in Rastatt sammelt, werden, so sagt er, in die Landesdatenbank Baden-Württemberg eingehen. „Jeder kann sich dort über die Verbreitung einer Art und die Entwicklung im Laufe der Jahrzehnte informieren.“

Angezogen vom kurzwelligen Licht herrscht am und rund ums Netz der Lichtsäule inzwischen das große Wuseln und Flattern. Erst kommen unzählige Florfliegen, Wanzen, Zikaden und eine Hornisse angeflogen, „aber keine Schnaken, weil es zu trocken ist“.

Maximale Ausbeute von 30 verschiedenen Arten

Dann stellen sich mit dem Russischen Bär, der Flechteneule, der Federmotte und dem Eichenspinner, nicht zu verwechseln mit dem Eichenprozessionsspinner, die ersten Nachtfalter ein. Viele weitere Spinner, Spanner und Schwärmer, Zünsler, Wickler, Eulenfalter und Motten folgen.

Mörtter rechnet unter anderem wegen der Trockenheit mit einer maximalen Ausbeute von 30 verschiedenen Arten. Viele erkennt er auf den ersten Blick, etliche schon beim Anflug. Einige Falter fängt er ein, packt sie in ein durchsichtiges Döschen, um sie genauer zu bestimmen.

Angelockt vom kurzwelligen Licht des „Leuchtturms“: Ein „Eichenspinner“, nicht zu verwechseln mit dem „Eichenprozessionsspinner“, hat sich auf dem Gaze-Netz niedergelassen, das die künstliche Lichtquelle umgibt.
Ein Eichenspinner, nicht zu verwechseln mit dem Eichenprozessionsspinner, hat sich auf dem Gaze-Netz niedergelassen, das die künstliche Lichtquelle umgibt. Foto: Ralf Joachim Kraft

Dann lässt er sie wieder frei. Wie gebannt stehen die Teilnehmer um die Lichtsäule herum, knipsen die Tiere fast unentwegt mit ihren Smartphones, beteiligen sich eifrig am Bestimmen und sind begeistert von der bunten Vielfalt.

Was nicht verwundert. „Schließlich machen Nachtfalter 95 Prozent unserer heimischen Schmetterlinge aus. Von den 3.600 Arten in Deutschland sind 3.400 Nachtfalter“, erzählt der Experte.

Zwar beklagt Mörtter auf der einen Seite einen generellen Arten-Rückgang, betont aber auch, dass einige neue Arten dazugekommen seien. „Doch die Populationen werden eindeutig kleiner.“ Damit fehlten Falter als wichtige Blütenbestäuber und als Leckerbissen auf dem Speisezettel anderer Tiere.

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