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Menschen in Uniform

Kampagne „Hundert12“ stellt Feuerwehr im Kreis Rastatt und in Baden-Baden vor

Die Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren im Landkreis Rastatt sind zu alt. In den kommenden Jahren droht ein dramatischer Verlust an Aktiven. Die Kampagne „Hundert12“ soll helfen, das Problem zu lösen.

Markus Meier und Arvin Nesselhauf stehen an ihrem Schreibtisch in Kappelrodeck.
Markus Meier (links) und Arvin Nesselhauf haben die Kampagne Hundert12 ehrenamtlich entworfen und umgesetzt. Beide haben Grafikdesign studiert. Foto: Marcel Kisch

Werbebanner mit Porträts von Feuerwehrleuten schmücken im Kreis Rastatt und in Baden-Baden Busse und Bauzäune. „Wir retten auch deine Uschi aus der Baumkrone“, lautet der Schriftzug neben dem Porträt von Lukas Steininger. Der Truppmann bei der Freiwilligen Feuerwehr Lichtenau ist in Uniform abgebildet und trägt eine Katze auf dem Arm.

Das Motiv ist Teil der Werbekampagne „Hundert12“, die der Kreisfeuerwehrverband (KFV) Rastatt angestoßen hat. Jürgen Segewitz ist der Vorsitzende des Verbands. „Die Ziele waren, das Image der Freiwilligen Feuerwehr zu stärken und neue Mitglieder anzuwerben.“ Das sei aufgrund der hohen Altersstruktur dringend notwendig.

Lukas Steininger trägt auf seinem Porträt die Feuerwehruniform und hält eine Katze auf dem Arm. Daneben steht der Spruch „Wir retten auch deine Uschi von der Baumkrone.“
Lukas Steininger ist Truppmann bei der Freiwilligen Feuerwehr Lichtenau. Im Einsatz ist er beim Angriffstrupp und bei Bedarf auch im Atemschutz tätig. Foto: Markus Meier

„In den nächsten acht Jahren verlieren wir altersbedingt zwei Generationen aus dem aktiven Feuerwehrdienst“, sagt Segewitz. Im KFV Rastatt sind das 392 der gut 1.000 Mitglieder. In Baden-Württemberg dürfen sich Ehrenamtliche bis zu einem Alter von 65 Jahren aktiv an Einsätzen beteiligen.

Quereinsteiger bleiben meist dauerhaft

Danach dürfen sie als Alterskameraden Mitglied bleiben, um Wissen und Erfahrung weiterzugeben, aber nicht mehr im Dienst eingesetzt werden. Dass die geburtenstarken Jahrgänge der Baby-Boomer bald wegfallen, zehrt an den Freiwilligen Feuerwehren im ganzen Land. Für sie wird es zur Hauptaufgabe, Mitglieder zu gewinnen.

Feuerwehr im Kreis Rastatt
Feuerwehr im Kreis Rastatt Foto: BNN-Infografik

Einerseits werbe der Verband verstärkt für die Kinder- und Jugendfeuerwehren, aber: „Die Jugendarbeit allein kann dieses Defizit nicht ausgleichen.“ Deshalb liege der Schwerpunkt darauf, Quereinsteiger anzuwerben. Sie blieben meist dauerhaft dabei.

Der typische Quereinsteiger ist laut Segewitz etwa 30 Jahre alt, hat einen festen Wohnort und ist in seinen Lebensumständen gefestigt. Gehen Mitglieder von der Jugendfeuerwehr in den Erwachsenendienst über, seien Pausen während Studium, Berufseinstieg oder Familienplanung üblich.

Hundert12
Die Werbebanner sind an mehreren Orten in Rastatt und Baden-Baden angebracht. Dieser Banner hängt an einem Bauzaun in Rastatt auf einer Grünfläche neben der Murg. Foto: Marcel Kisch

Die Aktion weckte viel Aufmerksamkeit – im Kreis Rastatt und darüber hinaus. Damit hat „Hundert12“ Modellcharakter. Die Freiwillige Feuerwehr in Baden-Baden ist in die Kampagne mit eingestiegen. Der Feuerwehrverband des Rhein-Neckar-Kreises wird sie ebenfalls umsetzen.

Die Kampagne startete im November 2021. Was wirkt wie die Arbeit einer großen Medienagentur, entstand als ehrenamtliches Projekt von zwei jungen Menschen in einem kleinen Büro in Kappelrodeck. Einer von ihnen ist Markus Meier. Er ist seit sieben Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr in Ottersweier.

sevenam Kappelrodeck
Markus Meier bearbeitet ein Bild der Werbekampagne. Er trat mit 20 Jahren der Feuerwehr bei. Mit Arvin Nesselhauf setzte er Hundert12 ehrenamtlich um. Foto: Marcel Kisch

Mit 20 Jahren sei er als Quereinsteiger beigetreten, nachdem die Feuerwehrwache bei einem Tag der offenen Tür ihr neues Fahrzeug vorgestellt hatte. „Ich war sofort fasziniert und musste nicht überzeugt werden“, sagt er. Meier hat Grafikdesign studiert. Der Arbeitskreis Mitgliedergewinnung des KFV habe ihm die Pläne für „Hundert12“ vorgestellt. Er habe sich bereit erklärt, die Kampagne ehrenamtlich umzusetzen.

Porträts sollen Feuerwehrleute natürlich abbilden

Sein Kommilitone Arvin Nesselhauf aus Kappelrodeck hat ihn dabei unterstützt. In ihrem letzten Semester an der Uni arbeiteten sie das Konzept aus und stimmten es mit dem KFV ab. Dann schrieben sie die Feuerwehren in der Region an, luden sie zu einem Casting ein und planten das Fotoshooting.

Hundert12
Markus Meier rückt den Chemikalienschutzanzug von Sascha Steinel beim Fotoshooting für Hundert12 zurecht. Er ist Mitglied in der Abteilung Neuweier der Freiwilligen Feuerwehr Baden-Baden. Foto: Arvin Nesselhauf

Sie wollten die Menschen auf den Porträts natürlich abbilden. Deshalb benutzten die Maskenbildner keine Schminke, nur etwas Puder gegen den Glanz. „Wir haben ihnen gesagt, dass sie auf keinen Fall vorher ihre Uniformen waschen sollen“, sagt Meier. Die Kleidung sollte realistisch aussehen.

Die Jugendarbeit allein kann dieses Defizit nicht ausgleichen.
Jürgen Segewitz, Vorsitzender KFV Rastatt

Auf der Website haben die teilnehmenden Einsatzkräfte je ein eigenes Profil, in dem sie Fragen zu ihrer Person und ihren Aufgaben innerhalb der Feuerwehr beantworten. Ihre Porträts sind Bewegtbilder. Sie blinzeln und bewegen sich. „Die Kampagne sollte einen persönlichen Bezug zu den Ehrenamtlichen herstellen.“

Zur Präsenz gehört auch ein Social-Media-Auftritt. Deshalb schulen die Mediengestalter die Feuerwehrleute darin, ansprechenden Content für ihre sozialen Medien zu erstellen. Nesselhauf sagt: „Das ist ein wichtiger nächster Schritt. Die Inhalte werden dadurch noch nahbarer.“

Kampagne übertrifft Erwartungen des Verbands

Nach der ehrenamtlichen Arbeit an der Kampagne in Rastatt und Baden-Baden schlossen sich Meier und Nesselhauf beruflich zusammen. Im Januar 2022 gründeten sie ihre Werbeagentur Sevenam in Kappelrodeck.

Der Kreisfeuerwehrverband des Rhein-Neckar-Kreises hat sie mit „Hundert12“ erstmals gewerblich gebucht.

Segewitz ist mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Er habe erwartet, jährlich 50 Menschen mit der Kampagne anzuwerben. Diese Zahl wurde deutlich überschritten: „Wir konnten 102 neue Mitglieder begrüßen.“ 38 davon, etwa ein Drittel, seien Quereinsteiger.

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