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Kaufland-Übernahme auf Prüfstand

Hängepartie für Rastatter Real-Mitarbeiter geht weiter

Das Bundeskartellamt hat Bedenken bei der Kaufland-Übernahme von 101 Real-Standorten. Die Belegschaft weiß immer noch nicht genau, wie es mit ihrer Filiale künftig weiter gehen wird. Die Stimmung ist schlecht.

Autos stehen auf dem Parkplatz vor der Rastatter Real-Filiale.
In die Jahre gekommen. Das Dach des Rastatter Real-Marktes soll marode sein. Der künftige Besitzer müsste wohl auch Geld in das Gebäude stecken. Foto: Hans-Jürgen Collet

Die Stimmung unter den Rastatter Real-Mitarbeitern ist mies. Für die Belegschaft geht die Hängepartie bei der Kaufland-Übernahme in eine weitere Runde. Das Bundeskartellamt in Bonn hat jüngst Bedenken bei den Übernahmeplänen von 101 Real-Standorten des Neckarsulmer Unternehmens geäußert. Nun soll am 30. Dezember eine Entscheidung fallen.

„Die Hängepartie für die Real-Mitarbeiter dauert mittlerweile schon über zwei Jahre“, sagt Thomas Schark, Bezirkshandelssekretär der Gewerkschaft Verdi. Bei Real habe der Verkauf immer wieder wie ein Damoklesschwert über den Köpfen der Angestellten gehangen. Dann wurde die Handelskette verkauft.

Die angeschlagene SB-Warenhauskette Real ist im Frühjahr dieses Jahres von der Metro an den russischen Finanzinvestor SCP verkauft worden. Der hat die Handelskette dann zerschlagen und früh den Verkauf zahlreicher Filialen an die Wettbewerber Kaufland und Edeka angekündigt.

Die Mitarbeiter sind angespannt und abwartend.
Thomas Schark, Bezirkshandelssekretär der Gewerkschaft Verdi

Fortan ist es in Rastatt laut Schark jeden Monat darum gegangen, ob die Filiale weiter bestehen wird und wer der Käufer ist. „Kaufland wollte eigentlich nach der Sommerpause bekannt geben, welche Real-Standorte sie weiter betreiben werden“, sagt er.

Das wird dann wohl erst Anfang des kommenden Jahres der Fall sein. Dann, wenn das Bundeskartellamt über die Übernahmepläne entschieden hat. „Die Mitarbeiter sind angespannt und abwartend“, sagt Schark. Er weiß: Diese Ungewissheit zermürbt.

Dazu kommt, dass sich in den vergangenen Jahren viel verändert hat für Real-Mitarbeiter. „Die Belegschaft wurde aus Kostengründen extrem ausgedünnt“, schildert Schark die Sparmaßnahmen. Leute, die beispielsweise in Rente gingen, seien einfach nicht durch neue Mitarbeiter ersetzt worden.

Leiharbeiter einer Fremdfirma sitzen bei Real an den Kassen

Nach BNN-Informationen sollen zudem Leiharbeiter einer Fremdfirma an den Kassen des Kaufhauses sitzen. Das kann der Gewerkschaftsvertreter bestätigen. „Das war üblich bei Real“, sagt er. Gerade in der Endphase des Unternehmens habe es einen Einstellungsstopp gegeben.

Die Ausgaben werden nach Angaben von Schark nicht als Personalkosten ausgewiesen, sondern laufen über eine andere Kostenstelle. „Über die Möglichkeit kam man an Personal, wenn es an Mitarbeitern fehlte“, erklärt er. Weniger erfreulich sei natürlich, dass diese Mitarbeiter der Fremdfirmen dann unter Tarif eingestuft werden können.

Über einzelne Standorte können wir erst sprechen, wenn die kartellrechtlichen Prüfungen abgeschlossen sind.
Alisa Götzinger, Pressesprecherin bei Kaufland

Kaufland bestätigt auf BNN-Nachfrage, dass das Unternehmen weiter an einer „hohen zweistelligen Anzahl an Real-Märkten interessiert ist“. Bei Standorten wiegelt das Unternehmen ab: „Über Details und einzelne Standorte können wir – auch aus Verantwortung gegenüber den betroffenen Mitarbeitern – erst sprechen, wenn die kartellrechtlichen Prüfungen abgeschlossen sind“, erklärt Alisa Götzinger, Pressesprecherin bei Kaufland.

Kaufland ist Teil der Schwarz-Gruppe in Neckarsulm, zu der auch Lidl gehört. Die Schwarz-Gruppe ist mit einem Umsatz von etwa 113,3 Milliarden Euro europaweit der mit Abstand größte Lebensmitteleinzelhändler.

Das Bundeskartellamt sieht nach vorläufiger Einschätzung und Analyse eine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs in neun regionalen Absatzmärkten durch den Erwerb der dortigen Real-Standorte durch die Schwarz-Gruppe, heißt es in einer Pressemitteilung der Wettbewerbshüter. Das Bundeskartellamt verhandle aktuell bereits mit den Unternehmen über mögliche Lösungen.

Die Prüffrist beim parallelen Kontrollverfahren zu dem Vorhaben von Edeka, bis zu 72 Real-Standorte von SCP zu erwerben, läuft unverändert bis zum 21. Dezember, heißt es in der Mitteilung der Wettbewerbshüter.

Vieles spricht für einen möglichen Rastatter Kaufland-Standort

Für Schark spricht dennoch vieles dafür, dass der Rastatter Standort von Kaufland weiter betrieben wird. „Wenn ich mir anschaue, wo Kaufland in der Region Filialen hat, da würde Rastatt schon Sinn machen“, erläutert er. Im Norden gebe es eine Filiale in Karlsruhe, im Süden gebe es Standorte in Baden-Baden und Bühl.

Rastatt wäre dann laut dem Gewerkschaftsvertreter so etwas wie ein Lückenschluss in der Rheinschiene für Kaufland. Außerdem habe die Rastatter Filiale eine gute Käuferschicht und ein großes Einzugsgebiet. Schark vermutet zudem, dass in den Real-Standort in Sinzheim wohl Edeka einziehen wird.

Der künftige Besitzer des Rastatter Real-Marktes müsste wohl aber auch erst mal Geld in die Ertüchtigung des Gebäudes stecken. Nach BNN-Informationen soll das Dach der Einkaufshalle marode sein. Davon zeugen 20 bis 30 Eimer, die in der gesamten Filiale aufgestellt werden, wenn es regnet.

Das kann auch Gewerkschaftsvertreter Schark bestätigen. „Das habe ich selbst schon gesehen. Vom Eingangsbereich bis nach hinten zu den Theken stehen dann Eimer, die das Tropfwasser von der Decke aufsammeln“, erzählt er. Das habe es aber auch in der Kaufland-Filiale in der Nähe des Bühler Bahnhofs gegeben. „Dort wurde dann das Flachdach saniert und innen auch umgebaut“, sagt Schark. Kaufland habe also Lösungen für solche Probleme.

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