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Protest gegen Entscheidung des Vatikans

Regenbogen flattert an sieben katholischen Kirchen im nördlichen Landkreis Rastatt

Das klare „Nein“ der römischen Glaubenskongregation zum Segen für homosexuelle Paare hat in vielen katholischen Gemeinden in Deutschland für Unzufriedenheit gesorgt. Auch im Landkreis Rastatt ist man mit der Haltung Roms nicht einverstanden. An sieben Kirchen flattern nun Regenbogenflaggen.

Regenbogenflagge vor St. Laurentius, Niederbühl #LoveIsNoSin
Buntes Statement: Die sieben Kirchen der Seelsorgeeinheit Vorderes Murgtal zeigen mit einer Regenbogenflagge, dass sie mit der Aussage Roms zum Segen für homosexuelle Paare nicht einverstanden sind. Hier die Kirche St. Laurentius in Niederbühl. Foto: Hans-Jürgen Collet

Flagge zeigen will die katholische Seelsorgeeinheit (SSE) Vorderes Murgtal. Und sie tut es auch: Seit Samstag wehen nach und nach an allen sieben Kirchen der Einheit knallbunte Regenbogenflaggen. Als Reaktion auf die „beschämende Stellungnahme aus Rom“, so eine Pressemitteilung der SSE.

Vor einer Woche hatte die katholische Glaubenskongregation erklärt, die Kirche habe „nicht die Vollmacht, Verbindungen von Personen gleichen Geschlechts zu segnen“.

Lebenswirklichkeit und Kirche prallen aufeinander

Christian Römmich ärgert das. Der junge Mann ist stellvertretender Pfarrgemeinderatsvorsitzender der Kirchengemeinde Vorderes Murgtal und hatte die Idee, sich der Flaggenaktion anzuschließen, die auf Twitter unter dem Hashtag #LoveIsNoSin (Liebe ist keine Sünde) bereits viele Stimmen aus der katholischen Kirche vereint, die so gar nicht mit der Haltung des Vatikan leben wollen.

„Wir protestieren gegen das Dekret“, sagt Römmich, der die Aktion in Karlsruhe gesehen und direkt in den eigenen Pfarrgemeinderat gebracht hat. Die Zustimmung sei groß gewesen, auch bei Pfarrer Ulrich Stoffers, der die Seelsorgeeinheit seit März leitet.

Stoffers wiederum wurde die Entscheidung für die Aktion durch das große Engagement des Pfarrgemeinderats leicht gemacht. „Das ist ja nicht irgendwas, sonders das oberste Leitungsgremium in einer Gemeinde“, sagt er. Er habe „aus der Mitte derer, die hochengagiert sind, echten Leidensdruck verspürt“. Lebenswirklichkeit und Kirche würden hier an ihre Grenzen stoßen.

Kirche ist nicht nur Rom oder die Bischöfe, sondern Kirche ist vor Ort.
Christian Römmich, stv. Pfarrgemeinderatsvorsitzender

Das sieht auch Römmich so: Für alle, die sich in der katholischen Kirche engagieren, sei die Aussage der Kongregation, die den richtigen Weg in der Glaubenslehre vorgibt und vor Abweichungen schützen soll, ein Schlag ins Gesicht. Aber auch die Reaktionen vieler Gläubiger, die sich deshalb von der Kirche abwenden, seien für ihn problematisch, so Römmich. „Es gibt so viele Priester, die sich anders geäußert haben.“ Er ist überzeugt: „Kirche ist nicht nur Rom oder die Bischöfe, sondern Kirche ist vor Ort.“

Die Kirche, für die sich Römmich mit seinen 26 Jahren engagiert, ist bunt und vielfältig und nicht einseitig und gestrig. Und deshalb steht für ihn auch fest, dass ein Kirchenaustritt nicht der richtige Weg sein kann, wenn einen etwas an der Marschrichtung von „denen oben“ stört. „Man muss für etwas einstehen, wenn man etwas erreichen will.“ Mit der Aktion an den sieben Kirchen will er zum Nachdenken anregen. „Sicher gibt es auch andere Meinungen, und das ist auch gut so“, sagt er. Es gehe um den Diskurs, der losgetreten wird – nicht um eine Spaltung. „Denn nur im Dialog ist Veränderung möglich.“

Bisher fallen die Reaktionen positiv aus

Auch für Pfarrer Stoffers ist das die eigentliche Botschaft der Aktion: „Die Flaggen sind relativ neutral und ein Zeichen für Offenheit und Diskussionskultur.“ Er betont: „Es geht hier nicht um das Sakrament der Ehe, sondern um den Segen.“ Liturgisch müsste sich eine solche Segensfeier für Homosexuelle von einer kirchlichen Trauung unterscheiden. „Das Problem ist nur, so weit kommen wir jetzt gar nicht in der Diskussion“, bedauert Stoffers.

Auch Pfarrgemeinderat Römmich ist überzeugt, dass sich die katholische Kirche bei diesem Thema bewegen muss. „Gott liebt uns alle. Ich bin vollkommen dafür, dass es einen Segen geben können muss“, sagt er. Die Rückmeldungen auf die bunten Flaggen an den Kirchen bestärken ihn: „Sie waren bisher durchweg positiv.“ Bei Stoffers ist bislang noch keine Reaktion angekommen. „Ich bin wirklich gespannt“, sagt er. „Zumal sich unsere Diözese in Freiburg ja auch noch nicht positioniert hat.“

Es geht hier nicht um das Sakrament der Ehe, sondern um den Segen.
Pfarrer Ulrich Stoffers, Leiter der Seelsorgeeinheit

Wie lange die Flaggen hängen bleiben, ist übrigens noch völlig unklar. „Wir haben sie ja gerade erst aufgehängt“, sagt Römmich. Dass sie so lange hängen, bis Rom mehr Offenheit signalisiert, glaubt Pfarrer Stoffers allerdings nicht. „Da lösen sie sich vermutlich vorher von selbst auf.“

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