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Vier Nein-Stimmen

Kreistag Rastatt hat entschieden: Mittelbaden bekommt ein Zentralklinikum

Nachdem sich am Montagabend der Gemeinderat von Baden-Baden einstimmig für das 350-Euro-Millionen-Projekt ausgesprochen hatte, zog am Dienstag der Rastatter Kreistag nach. Doch anders als in der Kurstadt fiel die Entscheidung nicht einstimmig aus.

Eine Wiese mit Krokussen und einem Gebäude.
Das Klinikum Rastatt wird wie die Standorte in Baden-Baden-Balg und in Bühl durch einen zentralen Neubau ersetzt. Foto: Hans-Jürgen Collet

Kurz und einstimmig wie in Baden-Baden war die Entscheidung nicht – doch am Ende hat sich auch der Kreistag für die Ein-Standort-Lösung entschieden.

Damit steht fest: Mittelbaden bekommt ein Zentralklinikum. „Damit haben die Menschen ein wichtiges Signal empfangen, dass wir voll hinter der Entscheidung stehen“, freute sich Hartwig Rihm, der die Sitzung in Vertretung von Landrat Toni Huber leitete.

Während in Baden-Baden einzelne Fraktionen gänzlich auf Stellungnahmen verzichteten, nutzten die Kreistagsfraktionen die Gelegenheit für Stellungnahmen rund um das 350-Millionen-Euro-Neubauprojekt aus.

Deutlich wurde dabei, dass sämtliche Vertreter mit dem Wegfall von Informationsveranstaltungen in Präsenzform unglücklich waren. Dem Vorschlag des Linken-Kreisrats Dieter Balle, die Entscheidung deshalb zu vertagen, trug allerdings keiner von ihnen mit.

Damit haben die Menschen ein wichtiges Signal empfangen.
Hartwig Rihm, Stellvertreter des Landrats

„Wir tragen der aktuellen, mittel- und langfristigen Entwicklung Rechnung“, war sich der Fraktionsvorsitzende der CDU, Andreas Merkel sicher. Wie auch seine Kollegen aus den anderen Fraktionen betonte er aber auch: „Wir müssen die Notarztversorgung, den Rettungsdienst und die ambulante Versorgung in den Blick nehmen und auch Konzepte für die vorhandenen Standorte entwickeln.“

Dabei müsse auch geklärt werden, ob im Murgtal „noch ein gewisser Nachsteuerungsbedarf“ besteht. Gerade hier waren immer wieder Befürchtungen laut geworden, dass sich die Versorgungssituation durch längere Anfahrtswege verschlechtern könnte.

Eine Demonstration
Vor der Badner Halle demonstrieren Vertreter der Linken gegen die Pläne für ein Zentralklinikum. Foto: Hans-Jürgen Collet

Ein schlüssiges Gesamtkonzept für das Klinikum ist allen Fraktionen wichtig

Die Randzonen dürften nicht aus den Augen verloren werden, betonte auch der Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Karsten Mußler, während Lutz Jäckel (FDP/FUR) davon ausgeht, dass „wir je nach Standort des neuen Klinikums Abwanderungen hinnehmen müssen“. Dennoch sprächen alle Argumente derzeit für ein zentrales Klinikum.

Wir tragen der aktuellen, mittel- und langfristigen Entwicklung Rechnung.
Andreas Merkel, Fraktionsvorsitzender der CDU

Überraschend zeigte sich die SPD gespalten. „Es ist nicht alles so rund gelaufen, wie wir uns das gewünscht hätten“, erklärte Fraktionsvorsitzender Peter Hirn. Die verschiedenen Ansichten wurden nicht erst im Abstimmungsverhalten deutlich, sondern schon dadurch, dass bei den Sozialdemokraten als einziger Fraktion zwei Redner das Wort ergriffen.

Es ist nicht alles so rund gelaufen, wie wir uns das gewünscht hätten.
Peter Hirn, Fraktionsvorsitzender der SPD

Er erkenne den Sanierungsbedarf an, so Jonas Weber im Anschluss. Doch das Gutachten stelle auch in Zukunft einen Personalabbau in Aussicht, obwohl der Bund hier Möglichkeiten geschaffen habe, den entgegenzuwirken. „Das ist der Knackpunkt, dem wir nicht zustimmen können.“

Und so enthielten sich neben Weber auch Renate Schwarz und Laura Bader beim Grundsatzentscheid. Mit Nein stimmten neben Linken-Kreisrat Dieter Balle die AfD-Kreisräte Verena Bäuerle, Armin Kellert und Constantin Sperneac-Wolfer.

Grüne blicken bereits in die Zukunft des Zentralklinikums Mittelbaden

Während die meisten Kreisräte in ihren Stellungnahmen bereits auf die weiteren Entwicklungsprozesse und damit in die Zukunft blickten, ließ es sich der Grünen-Fraktionsvorsitzende Manuel Hummel nicht nehmen, zurückzuschauen und zu betonen, dass seine Fraktion schon 2017 der Meinung war, dass man sich von der Mehr-Standort-Politik abwenden müsse

Ein Großklinikum dürfe kein Denkverbot sein, hieß es dann 2018. „Sich dieser Herausforderung zu stellen, haben alle anderen Fraktionen viel zu lange verweigert“, so Hummel. Nur wer sich dieser Vorgeschichte bewusst sei, könne ermessen, „welch riesigen Schritt wir mit dem heutigen Beschluss tun“.

Das ist kein Sprint, das ist ein Marathon.
Karsten Mußler, Freie Wähler

Die Grünen formulierten dann aber auch die deutlichsten Ansprüche, die sie an den Neubau haben, der „ökologisch optimiert“ sein solle: „Mit möglichst geringem Flächenverbrauch, CO2-neutraler Energieversorgung, intensiver Begrünung, optimaler ÖPNV-Anbindung.“ Es dürften nicht die Standards von heute, sondern es müssten jene von übermorgen angewandt werden.

Kostentransparenz ist Rastatter Kreisräten wichtig

In nichtöffentlicher Sitzung hat der Verwaltungs- und Finanzausschuss bereits angefangen, die Kriterien für einen Standort zu erarbeiten. Hier seien aber noch keine Beschlüsse gefallen, weshalb noch keine Information der Öffentlichkeit erfolgen könne, so Sitzungsleiter Rihm.

Die Standortfrage soll im Laufe des aktuellen Jahres geklärt werden, dann schließt sich die konkrete Planung des Neubaus an. In diesem Zusammenhang bat Jäckel (FDP/FUR) um die „größtmögliche Transparenz bei den Kosten“. Der Bau selbst wird Jahre dauern, ein Bezug ist erst Ende des Jahrzehnts geplant. „Das ist kein Sprint, das ist ein Marathon“, so Mußler (FW), „da muss man Kondition und Durchhaltevermögen mitbringen.“

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