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Chefarzt Marc Bientzle

Klinikum Mittelbaden schlägt Alarm: Notaufnahmen sind am Anschlag

Die Notaufnahmen sind rappelvoll, das Klinikum Mittelbaden ist überbelegt, das krankheitsbedingt reduzierte Personal ist am Limit. Patienten sollen nur „in einem echten Notfall“ den Rettungsdienst rufen.

Eine Notaufnahme
Die Teams der Notaufnahmen des Klinikums Mittelbaden arbeiten laut Chefarzt Marc Bientzle „seit Wochen am Limit und darüber hinaus“. Foto: Andrea Fabry

Das Klinikum Mittelbaden, das Deutsche Rote Kreuz und die Kassenärztliche Vereinigung schlagen Alarm: Bitte nur „in einem echten Notfall“ solle man den Rettungsdienst rufen oder die Zentralen Notaufnahmen aufsuchen. Dort ist es derzeit rappelvoll, das Klinikum überbelegt, das krankheitsbedingt reduzierte Personal am Limit.

Eine Situation wie derzeit hat Marc Bientzle, Chefarzt der Zentralen Notaufnahmen des Klinikums Mittelbaden, in seinen bisher 25 Jahren in der Notversorgung selten erlebt, wie er im Gespräch mit unserer Redaktion sagt.

Es ist eine besorgniserregende Gemengelage: Seit der Corona-Pandemie habe sich die Situation in den Notaufnahmen weiter zugespitzt – auch vor dem Hintergrund dessen, dass die Patientenzahlen wegen akuter Atemwegserkrankungen und der aktuellen Wetterlage stiegen.

Täglich suchten derzeit nach Klinikangaben knapp 120 Patienten die Notaufnahmen des Klinikums Mittelbaden auf (jährlich rund 43.000). Zuletzt, nach dem Wintereinbruch, seien es sogar 160 bis 170 gewesen, so Bientzle.

Viel Krankenhaus-Personal ist krank, das Klinikum Mittelbaden ist überbelegt

Dazu komme erhöhter Krankenstand unter den Mitarbeitern – nicht nur in der Notaufnahme. „Die Lage ist mehr als nur angespannt“, stellt der Chefarzt fest: „Das bringt uns zunehmend an unsere Kapazitätsgrenzen, und die Teams arbeiten seit Wochen am Limit und darüber hinaus“.

Und: „Wir sind überbelegt.“ Man müsse schauen, dass man überhaupt genügend Betten bereitstellen kann. Alle planbaren stationären Behandlungen hat das Klinikum aus diesem Grund ausgesetzt beziehungsweise aufs kommende Jahr verschoben.

Angesichts der Belastung seien die Mitarbeiter im medizinischen Notfallsektor umso mehr darauf angewiesen, dass Patienten sich an die „richtige Versorgungseinrichtung“ wenden, heißt es in einer Mitteilung aus dem Klinikum.

Unterdessen rufen aber offenbar immer mehr Menschen den Rettungsdienst oder suchen direkt eine der Klinik-Notaufnahmen auf, obwohl sie sich nicht wirklich in einer akuten Notfallsituation befinden.

Klinikum will Rettungswagen für echte Notfälle freihalten

Grippale Infekte, die leichte Entzündung eines eingewachsenen Zehennagels, Verstauchungen: „Jeden Abend“, so Bientzle, kommen Menschen mit solchen geringeren Beschwerden in die Notfallaufnahme. Das sorgt wiederum auch bei denen für Frust: Wenn die Symptome als weniger schwer eingestuft werden, müsse man teils stundenlange Wartezeiten in Kauf nehmen.

„Bedenken Sie: Während Sie vielleicht mit einem Husten in der Notaufnahme auf einen Arzt warten, kämpft dieser vielleicht nebenan um das Leben eines anderen Patienten“, betont der Medizinische Klinikum-Geschäftsführer Thomas Iber.

Ärztlicher Bereitschaftsdienst

Außerhalb der Sprechzeiten steht der Ärztliche Bereitschaftsdienst unter der Telefonnummer 116 117 zur Verfügung.

Außerdem gibt es Praxen des Ärztlichen Bereitschaftsdiensts und des Kinderärztlichen Bereitschaftsdienste in der Klinik Baden-Baden-Balg sowie in Rastatt.

In Rastatt lässt sich zudem die diensthabende Vertretungspraxis unter der Nummer 01805/19292103 erfragen.

Hinzu kommt: Rettungswagen sind unter Umständen für wirkliche Notfälle blockiert, so die Erfahrung von Felix Brenneisen, dem Vorsitzenden des DRK-Kreisverbands Bühl-Achern.

Das komme im Übrigen nicht selten vor, wie Chefarzt Bientzle berichtet, der von mehreren solcher Fälle täglich spricht: „Die Rettungsdienste sind nicht nur in Berlin am Anschlag, sondern auch hier.“ In der Hauptstadt hatte es neulich bei einem schweren Busunfall, bei dem eine junge Fußgängerin getötet wurde, 20 Minuten gedauert, bis nach dem Notarzt auch die ersten Rettungswagen vor Ort waren.

„Niemand soll mit Schmerzen allein gelassen werden“, sagt Thomas Iber. Aber: „Nur bei schweren Verletzungen oder in lebensbedrohlichen Situationen sind die Notaufnahmen die richtige Adresse.“

In weniger schweren Fällen sei der Hausarzt der erste Ansprechpartner betont auch Patrick Fischer, Vorsitzender der Baden-Badener Ärzteschaft.

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