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Beschaffungskrise in der Automobilindustrie

Erneut Kurzarbeit bei Mercedes-Benz in Rastatt: Chipmangel verschärft sich

Der weltweite Lieferengpass bei elektronischen Bauteilen trifft erneut das Werk von Mercedes-Benz in Rastatt. Tausende Beschäftigte müssen in Kurzarbeit. Einem Automobilexperten zufolge wird sich der Chipmangel in den kommenden Monaten noch einmal verschärfen.

Produktion heruntergefahren: Das Werk Mercedes-Benz in Rastatt leidet unter der weltweiten Halbleiter-Beschaffungskrise.
Produktion heruntergefahren: Das Werk von Mercedes-Benz in Rastatt leidet unter der weltweiten Halbleiter-Beschaffungskrise. Foto: Daniel Streib

Die Bänder bei Mercedes-Benz in Rastatt stehen weitgehend still. Tausende Beschäftigte werden erneut in Kurzarbeit geschickt. Grund ist die Beschaffungskrise bei Halbleiter-Bauteilen, die seit Monaten in der Automobilindustrie für Produktionsausfälle sorgt.

Bereits Ende der vergangenen Arbeitswoche wurde die Produktion am größten Industriestandort der Region heruntergefahren, wie Beschäftigte berichten. Bis zum 8. August soll die Phase der Kurzarbeit voraussichtlich andauern. Mercedes-Benz-Sprecherin Stefanie Bloß sagte auf Anfrage: „Das Werk Rastatt passt aufgrund des anhaltenden Lieferengpasses die Fahrweise in den Kalenderwochen 30 und 31 an.“

Zahlen nannte das Unternehmen nicht. „Die Situation ist weiterhin volatil. Wir fahren auf Sicht“, so die Sprecherin.

Dem Branchenexperten Ferdinand Dudenhöffer zufolge verschärft sich der Chipmangel in den nächsten Monaten. „Das zweite Halbjahr wird anspruchsvoll“, sagt der Direktor des CAR-Institutes.

Studie: Chipmangel kostet 5,2 Millionen Autos

Dudenhöffer verweist auf die jüngste Studie vom CAR (Center Automotive Research). Demnach können 2021 weltweit 5,2 Millionen Pkw-Neuwagen weniger produziert werden als es ohne den Halbleiter-Engpass möglich wäre. Bis Jahresende seien weltweit immerhin 9,3 Prozent mehr Neuzulassungen als im Corona-Jahr 2020 zu erwarten. Ohne Engpass könnten jedoch rund 80 Millionen Autos verkauft werden, so die Berechnung des Dudenhöffer-Instituts.

Das zweite Halbjahr wird anspruchsvoll.
Ferdinand Dudenhöffer, CAR-Institut

Auch mittelfristig ist Dudenhoffer zufolge kein Ende der Beschaffungskrise zu erwarten. „Die Lager bei den Händlern und Importeuren sind abgeschmolzen. Die Lieferzeiten sind länger geworden und Kurzarbeit steht bei einer ganze Reihe von Autobauern weltweit auf der Agenda“, so der gebürtige Karlsruher.

Die Prognose des langjährigen Automobilwirtschafts-Professor: „Das zweite Halbjahr wird anspruchsvoll. Die Lage wird zwar 2022 besser, aber noch lange nicht gelöst. Erst mit 2023 rechnen wir mit neuen Chip-Kapazitäten, die die Situation entspannen.“

Werk Rastatt immer wieder von Kurzarbeit betroffen

Das Benz-Werk in Rastatt war in den vergangenen Monaten immer wieder von Produktionsausfällen und Kurzarbeit betroffen. Mitte Juli sah es nach einem Produktionsstopp in Sindelfingen für Rastatt noch besser aus.

In den Monaten zuvor war das Rastatter Werk immer wieder von der Halbleiter-Krise betroffen gewesen.

Doch auch allen anderen deutschen Herstellern bereitetet die Corona-bedingte Knappheit der komplexen Bauteile große Sorgen.

Selbst bei geschicktester Beschaffungsplanung bleiben Engpässe inzwischen nicht mehr aus. Dudenhöffer: „BMW hat ein gutes Einkaufsmanagement – eines der besten der Branche. Aber auch BMW trifft es jetzt.“ Im Leipziger Werk der Bayern wurde vergangene Woche nur an einem von fünf Tagen produziert. Am Sonntag wurde bekannt, dass auch das BMW-Werk in Regensburg betroffen ist.

Bei Mercedes-Benz in Rastatt und dem Mutterkonzern Daimler versucht man das Beste aus der Situation zu machen. Sprecherin Bloß: „Wir sind in engem Austausch sowohl mit unseren direkten als auch mit den Halbleiter-Lieferanten.“ Möglichst wenig unter dem Chipmangel leiden soll die Produktion von Elektroautos. „Die Mercedes-EQ Elektrooffensive hat weiterhin höchste Priorität“, sagte Bloß.

Davon profitiert zum Teil auch Rastatt, wo hauptsächlich Modelle der A- und B-Klasse vom Band laufen, aber seit Anfang des Jahres auch der neue Elektro-SUV EQA produziert wird.

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