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Lob und Kritik für neues System

KVV führt neue Tarife „Homezone“ und „Luftlinie“ an - das kommt nicht überall im Landkreis Rastatt gut an

Ab Sonntag, 12. Dezember, gibt es im Karlsruher Verkehrsverbund die beiden neuen Tarife „Homezone“ und „Luftlinie“. Vor allem jüngere Leute in Rastatt loben die Neuerungen. Es gibt im Landkreis aber auch Kritik.

Innerhalb der „Homezone“: Kundinnen und Kunden können mit dem neuen Tarif einen Kreis ziehen und sich innerhalb von 28 Tagen beliebig oft darin bewegen.
Innerhalb der „Homezone“: Kundinnen und Kunden können mit dem neuen Tarif einen Kreis ziehen und sich innerhalb von 28 Tagen beliebig oft darin bewegen. Foto: Tanja Starck

Der KVV-Geschäftsführer Alexander Pischon spricht von einer „Revolution made in Karlsruhe“.

Ab diesem Sonntag, 12. Dezember, bietet der Karlsruher Verkehrsverbund (KVV) die Tarife „Homezone“ und „Luftlinie“ an. Auf Rastatts Straßen kommt diese Neuerung vor allem bei jungen ÖPNV-Nutzern gut an.

Mit dem Fahrplanwechsel zum 12. Dezember verlässt der KVV erstmals sein Waben-Modell. Das gibt es immerhin schon seit 27 Jahren – ist aber nicht immer gerecht: Wer nur von einer Haltestelle zur nächsten fährt, dabei aber eine Wabengrenze übertritt, zahlt mehr als andere, die viel weiter fahren, sich aber innerhalb einer Wabe bewegen Die beiden neuen Tarife „Homezone“ und „Luftlinie“ sollen den Fahrpreis flexibler berechnen.

Das werde ich nutzen.
Oleksandr Petrushyn, Pendler

Oleksandr Petrushyn findet die Idee super. „Das werde ich nutzen“, sagt der 20-Jährige, der am Rastatter Bahnhof auf einen Bus wartet. Der Heidelberger pendelt nach Karlsruhe und nutzt viel den Öffentlichen Nahverkehr. Er lobt auch die Einbindung von Stadtmobil und KVV.nextbike in die App. So sei ein guter Verkehrsmittelmix nutzbar.

Anna, die ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen will, lobt „Homezone“ und „Luftlinie“. „Als Studentin nutze ich zwar mein Semesterticket, aber irgendwann studiere ich ja hoffentlich nicht mehr“, sagt die 21-Jährige, die an einem Gleis im Rastatter Bahnhof auf ihren Zug wartet. Die Studentin würde die beiden neuen Angebote wohl nutzen. Sie pendelt täglich zwischen Rastatt und Karlsruhe.

Die Jahreskarte werde ich auch weiter kaufen.
Anonyme Busfahrerin

Eine ältere Dame, die am Bernhardusbrunnen auf ihren Bus wartet, schüttelt nur mit den Kopf. Auf die Frage nach „Homezone“ und „Luftlinie“ wedelt mit sie mit ihrer Jahreskarte und sagt: „Die werde ich auch weiter kaufen.“

Günther Matz vom SPD-Ortsverein Bietigheim sieht die Neuerungen ebenfalls kritisch. „Die berühmte Oma oder der berühmte Opa ohne Handy haben da schlechte Karten“, sagt er.

Kontraproduktive Entwicklung

Der langjährige Vorsitzende des SPD-Ortsvereins holt noch weiter aus: Matz bemängelt den Wegfall der nicht entwerteten Tickets. Fahrkarten gebe es dann sofort entwertet nur noch am Automaten. „Wenn man die Automaten-Fahrkarten nicht verwenden möchte oder kann, dann muss die Handy-App eingerichtet werden“, so der Rentner. Das sei zu umständlich, die Entwicklungen kontraproduktiv. Matz zufolge gibt es sicher Leute, die spontan mit der Bahn fahren wollen und dadurch davon abgehalten werden.

Das kann natürlich nicht der Maßstab sein, um den ÖPNV zu fördern.
Günther Matz, SPD Bietigheim

Der SPD-Ortsverein Bietigheim plant deshalb eine Resolution gegen diese Neuerungen. Auch andere Ortsvereine – unter anderem Durmersheim – kritisieren den Wegfall der nicht entwerteten Karten und die im August abgeschaffte Viererkarte.

Matz versteht, dass der KVV Kosten reduzieren will. Allerdings seien der Abbau der gelben Entwertungskästen und Fahrkartenautomaten in den Stadtbahnen der falsche Weg. „Das kann natürlich nicht der Maßstab sein, um den ÖPNV zu fördern“, sagt Matz.

Neuer Tarif funktioniert nur mit KVV-App

Die Idee hinter dem neuen digitalen Tarif: Der Nutzer bestimmt in der App „Kvv.regiomove“ auf einer Karte ein Gebiet, in dem er sich regelmäßig bewegt. Der neue Tarif funktioniert allerdings nur mit der KVV-App. Dazu benennt er seine Randpunkte – etwa den Wohnort, Arbeitsplatz und den Standort des Fitnessstudios. Darum wird dann automatisch ein Kreis gezogen. Innerhalb dieses Kreises kann sich der KVV-Fahrer 28 Tage lang beliebig oft mit Bus und Bahn bewegen, dann endet das Abo automatisch.

Der Preis berechnet sich aus drei Teilen. Auf den Grundpreis von zehn Euro kommen 4,80 pro Kilometer im Durchmesser des Kreises – falls es um mehr als zehn Kilometer geht, beträgt das Kilometergeld hier nur 2,40 Euro. Je nach Angebotsdichte kommt eine dritte Komponente hinzu. Wer etwa in Innenstadtbereichen fährt, zahlt mehr als Fahrende in Gebieten mit wenigen Haltestellen.

Wer „Homezone“ verlässt, bucht „Luftlinie“

Wer dann mit einer Fahrt doch seine „Homezone“ verlassen sollte, kann dann die „Luftlinie“ hinzubuchen. Dieser neue Tarif steht auch für Kunden, die die „Homezone“ nicht nutzen, zur Verfügung. Auch die „Luftlinie“ bricht das Waben-Modell auf. Bei Fahrtantritt wischt der Nutzer in der App auf „Start“, ebenso kann er die Fahrt mit einem Wisch beenden. Die App errechnet automatisch die Luftlinie der gefahrenen Strecke. Zu 1,40 Euro Grundpreis kommen 22 Cent pro gefahrenen Kilometer. Weiterhin gilt laut KVV der Bahnkarten-Rabatt von 25 Prozent.

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